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Unsichtbares wird sichtbar

Hyperspektral-Sensorik
Unsichtbares wird sichtbar

Forschung und Industrie nutzen immer mehr hyperspektrale Kameras, um Dinge zu detektieren, die dem menschlichen Auge verborgen bleiben. Um die riesigen Datenmengen zu verarbeiten, die die Kameras liefern, kommt oft Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz.

Sabine Koll

Ob Strohhalme, Plastikflaschen oder Verpackungen – Kunststoffmüll landet tonnenweise in den Ozeanen. Der weitaus größte Teil davon sammelt sich für den Menschen unsichtbar am Meeresboden. Unklar ist das genaue Ausmaß der Verschmutzung, wo sich besonders viel Plastik ablagert und wie es geborgen werden kann. In dem vom BMBF geförderten Projekt Mtecpla entwickeln Partner aus Industrie und Forschung – Planblue, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), Kurt Synowzik Werkzeug und Maschinenbau und das Institut für Biomaterialien und biomolekulare Systeme der Uni Stuttgart – die erste Monitoring-Technologie, die Plastikabfall am Meeresboden automatisiert identifizieren und visualisieren soll.

Dabei ist ihnen die hyperspektraler Bildgebung eine große Hilfe: Hyperspektrale Kameras registrieren in jedem Pixel nicht nur Farbinformationen über Rot, Grün und Blau, sondern auch Lichtanteile in mehreren hundert verschiedenen Wellenlängen im sichtbaren und Nah-Infrarot-Bereich. So kann die spektrale Signatur eines Objekts erfasst werden, die durch das Absorbieren und Reflektieren von Licht entsteht. Anhand der charakteristischen Reflexionsspektren lassen sich die Algorithmen trainieren, um in der Gesamtmenge der aufgenommenen Daten Plastikmüll am Meeresboden präzise erkennen, klassifizieren und die für die visuelle Darstellung notwendigen Daten extrahieren zu können. Die Partner setzen hierfür Convolutional Neural Networks ein – eine Sonderform künstlicher neuronaler Netze, die bereits bei der automatisierten Plastikerkennung auf der Oberfläche von Gewässern und der Sortierung von Kunststoffen vielversprechende Ergebnisse liefert.

Komplettsystem mit Drohne

Das Anwendungsbeispiel ist zwar ungewöhnlich, doch es zeigt, dass die hyperspektrale Bildgebung in Forschung und Industrie angekommen. So hat Polytec (Halle 10, Stand G10) zum Beispiel ein Komplettsystem aus Drohne und Hyperspektral Imaging für die hyperspektrale Fernerkundung in Landwirtschaft und Umweltschutz im Programm. Es handelt sich um einsatzbereite Systeme von Headwall Photonics. Sie basieren auf einem professionellen Multikopter mit angepasstem Gimbal zur Bildstabilisierung. Integrale Bestandteile sind außerdem eine Positionssensorik zur Flugparametersteuerung, die VNIR- oder SWIR-Hyperspektral-Bildsensorik sowie Software zur Flugplanung, zum Postprocessing und zur Bildkorrektur, Analyse und der Verknüpfung mit Geodaten.

Je nach Anwendung ist das System mit einem Nano-Hyperspec VNIR-Sensor für den sichtbaren und nah-infraroten Wellenlängenbereich oder mit einem Micro-Hyperspec-Sensor für SWIR, also den kurzwelligen Infrarotbereich, ausgestattet. Auf Knopfdruck lassen sich Parameter wie Vegetationsindizes oder Pflanzenbefall durch Krankheiten oder Schädlinge erfassen.

Beschleunigte Folienprüfung

Auch in der Fertigungsindustrie ist hyperspektrales Sehen angekommen. So ist ein Inspektionssystem des Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in der Lage, die Qualität von Barrierefolien für organische Elektronik wie organische Leuchtdioden (OLED) oder Solarzellen (OPV) erstmals während des Produktionsprozesses zu überprüfen – auch hier in Kombination KI.

OLEDs benötigen Barrierefolien, die allenfalls wenige Mikrogramm Wasserdampf pro Tag durchlassen. Die Durchlässigkeit bestimmt maßgeblich die Lebensdauer der flexiblen Produkte. Bislang dauern Messungen der Wasserdampfdurchlässigkeit bei OLED-Barrierefolien oft einige Wochen. Das Fraunhofer IWS hat es geschafft, die Inspektionszeit auf zwei bis drei Stunden zu verkürzen. Dafür hat es die Hyperspectral-Imaging-Technologie zur Imanto-Plattform weiterentwickelt. Diese ist imstande, selbst kleinste Defekte und geringste Abweichungen vom idealen Aufbau von Barrierefolien rasch zu erkennen und deren Wasserdampfdurchlässigkeit zu ermitteln.

Künstliche Intelligenz macht Erfahrungen

Um an die entscheidenden Informationen zu gelangen, sind aufgrund der enormen Größe und Komplexität der in sogenannten Hypercubes aufgezeichneten Daten spezielle Datenanalyse-Algorithmen notwendig. Für die Auswertung der Daten werden Methoden der Künstliche Intelligenz eingesetzt. So werden die Auswirkungen potenzieller Foliendefekte wie Kratzer, Schichtfehler oder Einschlüsse auf einen Hypercube sowie auf die Wasserdurchlässigkeit der Folie einem Modell antrainiert. Ein ausreichend trainiertes Modell kann dann aus einem Hypercube einer Barrierefolie deren Wasserdampfdurchlässigkeit mit hoher Sicherheit vorhersagen. Messung und Vorhersage liegen so schnell vor, dass sich Fehlchargen unmittelbar erkennen lassen. Darüber hinaus ist es nun sogar erstmals möglich zu bewerten, an welchen Stellen konkret die Barrierefolien mehr oder eben weniger Wasserdampf durchlassen. Mit schnelleren Kameras lässt sich die Messzeit noch weiter verringern. Vielfältige Einsatzmöglichkeiten sehen die Forscher auch in der Elektronik- oder Halbleiterindustrie, in der Pharmazie oder im Lebensmittelsektor.

Oberflächen unter der Lupe

Das SKZ untersucht derzeit im Forschungsprojekt OF-HSI die Möglichkeiten hyperspektraler Bildgebung zur zerstörungsfreien Überprüfung von Oberflächenvorbehandlungen an Kunststoffen. Die bis dato üblichen Methoden zur Charakterisierung behandelter Oberfläche sind entweder nicht zerstörungsfrei, kontaminieren die Oberflächen oder werden in der Industrie aus Kosten- und Zeitgründen häufig nur im Schadensfall oder stichprobenartig eingesetzt. Im Rahmen des Forschungsvorhabens wird daher die spektroskopische Messmethode der laserangeregten hyperspektralen Bildgebung (HSI) zur Kontrolle der Oberflächenvorbehandlung nach den Behandlungsprozessen eingesetzt. So kann jeder Ortskoordinate der Oberfläche des Bauteils ein Spektrum zugeordnet werden. Hierdurch können Materialeigenschaften ortsaufgelöst ermittelt werden – durch die Wahl eines passenden Lasers als Lichtquelle und einer geeigneten Hyperspektralkamera zur Aufnahme der angeregten Fluoreszenz.


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