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Aussagen zu Nachhaltigkeit sind ein Management-Thema

Zertifizierung und Verifizierung
Aussagen zu Nachhaltigkeit sind ein Management-Thema

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Die Verantwortung für die Zukunft von Unternehmen ist und bleibt auch bei aktuellen Themen wie Umwelt, Lieferketten und Nachhaltigkeit beim Management.

Wenn es um den medialen Zustand der Welt geht, ist heute viel Erregung oder sagen wir Aufregung im Spiel. In den sozialen Medien wird kurz beurteilt, schnell geurteilt, und oft auch gleich hart verurteilt. Begriffe, die von ihrem Wesen her eigentlich für nüchterne wissenschaftliche Zusammenhänge stehen, werden zu medialen Buzz-Themen: Ob „Nachhaltigkeit“, „Environmental Social Governance (ESG)“, „Klimawandel“ oder gar „das 1,5-Grad-Ziel“ – solange es keine Fakten gibt, kann alles als wohlfeiler medialer Trigger zur Aufspaltung der Welt in Kategorien wie „gut und böse“ oder gar „Täter und Opfer“ gemacht werden. Wohl auch deshalb rufen die liberalisierten Märkte wieder zunehmend nach unabhängigen, jederzeit vertrauenswürdigen Institutionen, die ihre Unternehmensaussagen objektiv und gerecht verifizieren, validieren – und schließlich auch zertifizieren können.

Die medialen Hebelkräfte, die heute auf uns selbst und auf vieles, was uns wichtig ist, wirken, sind deutlich größer als früher – aber dennoch weitgehend beherrschbar. Die Ursprünge für diese Beherrschbarkeit liegen im Beginn eines extrem segensreichen Projektes, das in den 90er Jahren begann: der Deregulierung. Der Kerngedanke dahinter ist bekannt:

  • Das Unternehmen kontrolliert sich durch sein Managementsystem selbst.
  • Die (akkreditierte/zugelassene) Prüforganisation überprüft auf Wunsch das System und erteilt das bestätigende Zertifikat.
  • Die Märkte vertrauen auf dieses System.

Bis heute gilt: Wenn ein Unternehmen sicherstellen kann, dass sein Management-System Abweichungen in seiner Wertschöpfungskette erkennt und wichtig nimmt, wird es zu einem System, das sich selbst optimieren kann und soll. Die Basis werden bis heute nahezu immer die ISO 9001 (Qualität) und die ISO 14000er Reihe (Umwelt) sein.

Die Akzeptanz für dieses System der Selbstregulierung hat sich mehr als bewährt. Seine hohe Akzeptanz fußte von Anfang an auf dem richtigen Konzept: Die Verantwortung für das Unternehmen liegt immer bei der obersten Führung – dem Management.

Diese Verantwortungs-Regelung galt seit der Einführung der ISO 9000er Reihe. Mit der 2008er Novelle dieser Mutter aller System-Normen wurde die Verantwortungsstrecke dann auf die kompletten weltweiten Supply Chains von Unternehmen ausgedehnt. Und nun gilt das Ganze auch für den sehr umfassenden Themenkomplex der Nachhaltigkeit.

„Nehmen Sie die neuen Regelungen für Environmental Social Governance (ESG): Das sind definitiv keine einfachen technischen Themen, die man nach unten wegdelegieren kann“, sagt Jürgen Bruder, Segmentleiter Business Assurance und Mitglied der Geschäftsleitung bei TÜV Hessen. „Noch weniger kann man heute größere Abweichungen noch unter den Teppich kehren. Es geht um Glaubwürdigkeit, Vertrauen und gesamtgesellschaftliche Verantwortung – das sind eindeutig Management-Themen. Deshalb hängen wir diese neuen Themen und Dienstleistungen bei TÜV Hessen dort auf, wo sie hingehören: bei den Management-Systemen.“

Damit kann und sollte man tatsächlich umgehen – dies umso mehr, als man sich kaum noch darüber hinwegtäuschen kann: Die erfolgs- oder gar existenzgefährdenden Risiken sind heute nicht nur unwägbarer. Angesichts des unkontrollierten Wildwuchses der neuen Medienlandschaft dürften sie auch deutlich höher sein, als sie es seit den 90er Jahren je waren. Hinzu kommt die hohe Sensibilität des Nachhaltigkeits-Themas in den Medien. Was also ist zu tun?

Normkonformität umsetzen,
feststellen und bestätigen lassen

Es gilt die Grundregel des Managements: Die Verantwortung liegt bei der obersten Leitung – und zwar für die komplette Supply Chain. Wenn etwas nicht funktioniert oder Regeln nicht eingehalten werden, verursacht nicht der einzelne Mensch das Problem, sondern das Unternehmen als Ganzes – vertreten durch die oberste Führung. Die Anforderungen steigen dabei in der heutigen Zeit deutlich. Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) basieren zum Beispiel auf 85 Themen und 80 Kennziffern, die zu messen und nachweislich nachzuhalten sind.

Die Stärke eines guten Systems liegt darin, dass es sich auf die Dauer selbst kontrolliert, repariert und reguliert. Dazu gehört auch die aktuelle Entwicklung: Es entsteht heute eine deutliche Tendenz der Unternehmen zur Bestätigung ihrer eigenen Konformitätserklärungen durch unabhängige und relevante Dritte.

„Das Nachhaltigkeits-Thema ernst zu nehmen, macht Sinn. Es ingenieurmäßig und managerial oder top-down zu bedienen und zu steuern, ist der richtige Weg. Dazu gehört für jedes Unternehmen auch, dass man die Prozesse kennt, steuert und für die neuen Forderungen weiterentwickelt. Dafür gibt es die Normen, die sich immer wieder an die Situation in der Welt anpassen“, betont Bruder. Somit gilt:

  • Märkte und Unternehmen sind lernende Organisationen, die sich weiterentwickeln (können).
  • Know-how, Vertrauen und gesellschaftliche Relevanz sind die richtigen Steuergrößen.
  • Management-Systeme sind nichts anderes als Vehikel zum Erreichen von Unternehmenszielen.

Zu allen drei Punkten gehört weit über die Selbsterklärung hinaus auch die Prüfung durch unabhängige Dritte. Bruder: „Ich erkläre das gerne so: Sie haben die ISO 9001 – alles andere leitet sich daraus ab. Gehen Sie nun noch die letzte aktuelle Meile! Supply Chains und Nachhaltigkeit mögen komplex sein – aber für ein professionelles Top-Management sind sie durchaus beherrschbar.“

In diesem Zusammenhang erweist sich die neue Methodik aus Verifizierung und Validierung als hilfreich:

  • Bereits erzielte Ergebnisse werden verifiziert. Einfach gesprochen: Es handelt sich um reale Daten, die auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft werden.
  • Aussagen und Daten, die sich auf die Zukunft beziehen, werden validiert. Hier handelt es sich um Annahmen, die auf Plausibilität überprüft werden.

In einer sich mit hoher Geschwindigkeit verändernden Welt ermöglicht diese Methodik den Unternehmen, robuster zu planen und zu realisieren. Zum Bild von der letzten Meile gehört aktuell auch das Thema des ökologischen Fußabdrucks. Nochmals: Wir leben in einer durchmedialisierten Welt mit extrem hohem Erregungspotenzial. Deshalb gilt: Was das Unternehmen bekanntgibt, muss nachvollziehbar stimmen. Aber was heißt das heute genau?

Aussagen zum Carbon Footprint müssen nachvollziehbar stimmen

Ein sehr gutes und aktuelles Beispiel sind hier die Betrachtungen oder Berechnungen der klimawirksamen Treibhausgase – des sogenannten Carbon Footprint: Perspektivisch wird sich jedes Unternehmen und jeder Marktteilnehmer mit diesen zwei Fragen beschäftigen:

  • Was wird bei der Herstellung meines Produktes an klimaschädlichen Gasen ausgestoßen? (Product Footprint)
  • Was wird durch mein Unternehmen insgesamt an klimaschädlichen Stoffen ausgestoßen? (Corporate Footprint)

Beides sollte das betroffene Unternehmen wissen beziehungsweise belastbar/nachvollziehbar ermitteln und darstellen sowie von externer Seite verifizieren lassen. „Die Operationalisierbarkeit von Umweltdaten wie dem Carbon Footprint ist nicht trivial. Aber sie ist durchaus etwas, womit man umgehen kann“, sagt Bruder.

Mehr noch: In der Zeit der nach wie vor unkontrollierten Hyper-Medialisierung – jeder äußert sich jederzeit öffentlich und überall über alles – kann schon der Anschein von „kreativem Vorgehen“ massive Folgen fürs Unternehmen haben. Und spätestens dann verwandelt sich das Ganze auch noch in ein Problem des „Employer Branding“. Damit sollte heute mehr denn je von der obersten Führung umgegangen werden. Bruder: „Angesichts des derzeitigen – auch medialen – Zustands der Welt sind Präzision, Nachvollziehbarkeit und Qualität im Sinne von robusten Prozessen auch hier zentrale Erfolgsfaktoren.“

Im Unterschied zu manch anderer Prüforganisation hat TÜV Hessen bei der eigenen Akkreditierung – also der Zulassung als Prüforganisation auch für die hier besprochenen Themen – den konsequenten, anspruchsvollen Weg gewählt. Das Unternehmen hat seine Kompetenzen auch auf dem Gebiet der Verifizierungen und Validierungen auf Basis der ISO 17029 durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (Dakks) bestätigt bekommen.

Wir fassen zusammen: Druckvoll fordernd, an Endzeitprophezeiungen erinnernd und in diesem Sinne auch eher unspezifisch werden Probleme heute im Vorwurfsmodus aufgerufen. Besonders präzise oder gar hilfreich für den Weg zu realistischen Lösungen sind sie allemal nicht. Deshalb darf und sollte man präpariert sein – und es sollte weiterhin gelten:

Die Verantwortung für die Zukunft von Unternehmen ist und bleibt auch bei den aktuellen Themen wie Umwelt, Lieferketten und Nachhaltigkeit ein Management-Thema. Ob 9001, 14001, 27001, ob CCF, PCF, ob Kinderarbeit oder Lieferkette – nur was von unabhängigen Dritten geprüft, zertifiziert, verifiziert oder validiert werden kann, erscheint glaubhaft.

Der Philosoph und Mathematiker Wittgenstein schrieb einmal: „Die Welt ist alles, was der Fall ist“. Und weil das so sei, so schrieb er weiter, zerfalle die Welt „in Tatsachen“. Das ist das Gute an Philosophen – sie geben manchmal wirklich hilfreiche Tipps: Das große, in statistischen Zahlen aufgehende Bild zeigt nicht die Lösung, sondern bestenfalls das Problem. Die Lösung wird von der Sache her in der Prüfung, Betrachtung, schriftlichen Niederlegung und Verbesserung von Tatsachen und Sachverhalten liegen.

Und weil das so ist, wird es schon in diesem Jahr für viele Unternehmen darum gehen, sich selbst und ihren Stakeholdern operativ zu verdeutlichen, wohin es für sie selbst in Bezug auf seine Wirkungen im Bereich ESG, Nachhaltigkeit etc. gehen soll.

Die Stakeholder sind in diesem Vorgang durchaus nicht nur ihre Kunden und die eigene Belegschaft, sondern zum Beispiel auch ihre zuständigen Behörden und Finanzpartner – und natürlich auch die neue „öffentliche Meinung“ in manchen sozialen Medien.

Das Top-Management sollte sicherstellen, dass alle für die Zustandsbeschreibung notwendigen relevanten Tatsachen bekannt, nachvollziehbar und belastbar berechnet sind. Dabei geht es zum einen um die Berücksichtigung der konkreten Umsetzung der Unternehmensstrategie und Unternehmensziele, und zum anderen auch um alle sich verändernden, durch Staat, Märkte und Gesellschaft implizit oder explizit vorgegebenen Zielgrößen.

Hier geht es um die Berechnung des tatsächlichen Eintrags des Unternehmens in die Umwelt über die komplette Wertschöpfungskette hinweg. Bei all dem gilt am Ende wohl auch wieder die gute alte Regel: Gut gemeint reicht nicht. Es muss gut gemacht sein! Und es muss nachvollziehbar, sicher und robust sein. Dann kann die Zukunft beginnen.


Elmar Stark

Bereichsleiter
Managementsysteme
TÜV Hessen
www.tuev-hessen.de

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