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Automatisierung im Aufwind

Umfrage: Robotik-Trends, Digitalisierung und KI geben die Impulse
Automatisierung im Aufwind

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Der Trend zur Automatisierung in der Qualitätssicherung setzt sich unvermindert fort. Aktuelle Fortschritte in Robotik, Digitalisierung und KI befeuern die Entwicklung. Wie der Status quo aussieht und welche Potenziale die Automatisierung künftig eröffnet, dazu haben wir Branchenexperten befragt.

» Dr. Frank-Michael Kieß

Automatisierung ist einer der Megatrends in der Industrie und erfasst zunehmend auch die Qualitätssicherung. Treibende Faktoren sind der Zwang zu höherer Produktivität, Genauigkeit und Wiederholbarkeit, zur Reduktion von Fehlern durch manuelle Eingriffe, zu schnellerer Produktreife und nicht zuletzt zur Abfederung des Fachkräftemangels. Allerdings stellen Integrationsaufwand und Knowhow-Bedarf gerade für kleinere Unternehmen eine Hürde dar. Doch fortschreitende digitale Vernetzung und smarte Robotiklösungen spielen der Entwicklung in die Karten.

„Der Trend zur Automatisierung in der Qualitätssicherung ist nach wie vor ungebrochen“, bestätigt Jérôme-Alexandre Lavoie, Director of Product Management bei Creaform. „Unser Unternehmen verzeichnet einen erheblichen Anstieg der Automatisierungsprojekte, an denen wir beteiligt sind. Dieses Wachstum wird durch die Nachfrage nach höherer Produktivität, verbesserter Genauigkeit und der Umverteilung von Humanressourcen auf wertvollere Aufgaben angeheizt.“ Nicht zu vergessen sei dabei das Trauma der Coronakrise, das immer noch nachwirke. „Die Pandemie hat die Einführung der Automatisierung beschleunigt, da die Unternehmen bestrebt sind, den Betrieb mit weniger menschlichen Interventionen aufrechtzuerhalten“, so Lavoie.

Dass immer mehr Unternehmen in Automatisierung für die Qualitätssicherung investieren, beobachtet auch Peter Sauer, Leiter Softwareentwicklung bei Wenzel. „Die Zahl der Automatisierungsprojekte im Unternehmen Wenzel ist deutlich gestiegen“, berichtet er. Die Automatisierung von QS-Prozessen biete zahlreiche Vorteile, darunter höhere Effizienz, geringere Fehlerquoten und die Möglichkeit, komplexe und wiederholbare Aufgaben schneller und genauer zu erledigen.

Ins selbe Horn stößt Detlef Ferger, Prokurist und Vertriebsleiter bei Werth. „Viele Unternehmen sprechen mittlerweile das Thema an.“ Meist drehe es sich dabei um die Inline-Integration der Messgeräte oder auch um die automatische, CAD-Daten-basierte Programmierung, zum Beispiel mit PMI (Product and Manufacturing Information).

Fachkräftemangel ist ein Treiber – aber nicht nur

Inwieweit die fortschreitende Automatisierung im Fachkräftemangel begründet liegt, dazu gibt es differenzierte Sichtweisen. „Der zunehmende Mangel an qualifizierten Arbeitskräften macht die Automatisierung zu einer notwendigen Lösung, um die Lücke zu schließen“, meint Lavoie. „Der Fachkräftemangel beeinflusst auch die Qualitätssicherung“, pflichtet Sauer bei. Automatisierung biete hier die Möglichkeit einer kostengünstigeren Lösung.

Werth-Vertreter Ferger sieht eher andere Gründe für den Automatisierungsschub in der Qualitätssicherung. „Mit Fachkräftemangel hat das aus unserer Sicht wenig zu tun. Die größte Motivation haben meist Großunternehmen, die durch den Zwang zur Kosteneinsparung entsprechende Lösungen suchen. Darüber hinaus besitzen diese Unternehmen auch die gut ausgebildeten Mitarbeiter, die zur Umsetzung derartiger Projekte notwendig sind.“

Doch wann lohnt sich denn nun die Automatisierung in der Qualitätssicherung? Für Ferger lässt sich diese Frage nicht pauschal beantworten. „Anforderungen wie zum Beispiel 100-%-Prüfung erfordern Automatisierungslösungen, um wirtschaftlich zu bleiben.“ Ein weiterer klassischer Fall sind hohe Wiederholraten. „Wenn QS-Prozesse regelmäßig und in großem Umfang wiederholt werden müssen, kann die Automatisierung erhebliche Zeit- und Kosteneinsparungen bringen. Wiederholbare Aufgaben sind ideal für die Automatisierung, da sie oft einfach zu programmieren und zu überwachen sind. Auch bei der Analyse großer Datenmengen kann die Automatisierung helfen, Muster und Anomalien zu erkennen, die manuell nur schwer oder gar nicht entdeckt werden könnten.“

Besondere Bedeutung erlange die Automatisierung in Produktionsumgebungen, die rund um die Uhr laufen. „Wenn QS-Prozesse kontinuierlich durchgeführt werden müssen, ermöglicht die Automatisierung einen 24/7-Betrieb ohne Unterbrechung.“

Und nicht zuletzt gehe es eben auch um Kosteneffizienz. „Langfristige Kosteneinsparungen durch reduzierte Arbeitskosten, geringere Fehlerquoten und verbesserte Effizienz können die anfänglichen Investitionen in die Automatisierung rechtfertigen“, ist Sauer überzeugt. „Besonders bei hohen Stückzahlen amortisieren sie sich schneller.“

Für Lavoie lohnt sich Automatisierung in der Qualitätssicherung immer dann, wenn große Mengen von Teilen geprüft werden müssen, wenn komplexe Geometrien eine Herausforderung für die manuelle Prüfung darstellen oder wenn die Notwendigkeit besteht, Ausschuss und Nacharbeit zu reduzieren. „Außerdem können die Arbeitskräfte dann besser für analytische und entscheidungsfindende Aufgaben eingesetzt werden, anstatt für sich wiederholende Prüfungen.“

Ein treibender Faktor für die Automatisierung ist die Digitalisierung – vielleicht auch vice versa? Ja, meint Lavoie. „Digitalisierung und Automatisierung in der Qualitätssicherung sind eng miteinander verwoben. Digitale Zwillinge und fortschrittliche Softwareplattformen erleichtern die Automatisierung, indem sie die notwendige Dateninfrastruktur bereitstellen. Die Automatisierung wiederum beschleunigt die Digitalisierung durch die Generierung umfangreicher Daten, die zur Verfeinerung und Verbesserung von Prozessen analysiert werden können.“

Die Integration digitaler Zwillinge ermögliche eine bessere Planung und Optimierung von automatisierten Systemen, was zu einer höheren Effizienz und Benutzerfreundlichkeit führe. „Die virtuellen Repliken ermöglichen eine vorausschauende Wartung, eine Echtzeitüberwachung und eine präzise Kontrolle der Qualitätssicherungsprozesse, wodurch eine gleichbleibende Qualität gewährleistet und Ausfallzeiten reduziert werden.“

Ähnlich sieht das Sauer: „Die Digitalisierung spielt eine starke Rolle bei der Automatisierung in der Qualitätssicherung. Beide Konzepte sind eng miteinander verknüpft.“ Durch Digitalisierung würden Messdaten in Echtzeit verfügbar – und das für alle Prozessbeteiligten. Dies eröffne erweiterte Analysemöglichkeiten. „Mit digitalen Tools können Unternehmen ihre QS-Prozesse kontinuierlich überwachen und verbessern.“ Außerdem schaffe Digitalisierung erst die nötige Flexibilität und Skalierbarkeit, die für die Implementierung und Anpassung automatisierter QS-Prozesse notwendig sind.

Roboter – einfacher programmierbar und integrierbar

Eine bedeutende Rolle spielen auch Weiterentwicklungen in der Robotik. Zunehmend kommen Systeme auf den Markt, die einfacher zu programmieren und leichter in bestehende Fertigungsabläufe integrierbar sind. Treiben auch diese die Automatisierung in der Qualitätssicherung voran? Mit Sicherheit, sagt Ferger. „Einfache und damit kostengünstige Lösungen erlauben die Verbreitung neuer Technologien. Dies gilt auch für die Robotik, die eine der Grundlagen für die automatisierte Fertigung darstellt.“ Robotik-Trends wie einfache Programmierbarkeit, der Einsatz kollaborativer Roboter (Cobots) und die automatisierte Erstellung von Prüfroutinen spielten eine immer stärkere Rolle bei der Automatisierung in der QS, meint auch Sauer. „Cobots bieten eine einfache Integration in Produktionsumgebungen und lassen sich leicht programmieren und positionieren. Dadurch können Unternehmen ihre QS-Prozesse optimieren, die Produktqualität verbessern und gleichzeitig die Arbeitsbedingungen für ihre Mitarbeiter sicherer und angenehmer gestalten.“

Die einfache Programmierbarkeit der Cobots ist auch für Lavoie ein wichtiger Punkt. „Sie reduziert die Komplexität und die Kosten für den Einsatz von Robotersystemen und macht die Automatisierung auch für Unternehmen zugänglich, die über kein umfassendes Fachwissen in diesem Bereich verfügen. Diese Benutzerfreundlichkeit ermöglicht eine schnellere Implementierung und weniger Ausfallzeiten während der Integration.“ Der kollaborative Charakter der Cobots minimiere die Notwendigkeit umfangreicher Änderungen an aktuellen Prozessen und ermögliche einen reibungsloseren Übergang zu automatisierten Systemen.

KI kann tiefe Einblicke in Qualitätsprobleme geben

Eine Technologie, die das Potenzial hat, die Automatisierung auf ein neues Level zu heben, ist die künstliche Intelligenz (KI). „KI spielt bisher keine bedeutende Rolle in der Automatisierung und in der Qualitätssicherung. Das wird sich aber in den nächsten Jahren entscheidend ändern“, ist Sauer überzeugt. KI-Technologien böten zahlreiche Vorteile, die traditionelle Automatisierungslösungen nicht erreichen könnten. KI-Systeme seien beispielsweise in der Lage, Bilder und Muster zu erkennen, die für die QS von entscheidender Bedeutung sind, feine Risse, Verformungen oder andere Defekte in Produkten aufspüren, die für das menschliche Auge schwer sichtbar sind.

Auch könne ein KI-System in Echtzeit Daten analysieren, unmittelbar Maßnahmen ergreifen, wenn es ein Qualitätsproblem erkennt und so den Ausschuss minimieren. „KI kann außerdem große Mengen an Produktions- und Qualitätsdaten analysieren, die manuell nicht zu bewältigen wären. Diese Analyse kann tiefe Einblicke in Qualitätsprobleme und ihre Ursachen geben.“

Lavoie sieht ebenfalls zahlreiche neue Möglichkeiten am Horizont: „KI kann die Datenanalye verbessern und so eine schnellere und genauere Entscheidungsfindung ermöglichen. Sie kann auch die Anpassungsfähigkeit automatisierter Systeme an veränderte Produktionsanforderungen verbessern.“ In Zukunft werde KI wahrscheinlich zu einer Schlüsselkomponente bei der Verwaltung und Optimierung automatisierter QS-Prozesse.

„KI eignet sich für komplexe, aber klar begrenzte Aufgaben“, ordnet Ferger ein. „Wir nutzen sie beispielsweise zur Erkennung und Verbesserung von unterschiedlichen Artefakten in Computertomografie-Messvolumen.“ Er stellt dabei jedoch klar: „Die Prozessüberwachung und Führung der KI obliegt einem leitenden Ingenieur, denn die KI kann immer nur als Assistenz dienen.“

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