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Fehler passieren

Digitales Fehlermanagement für kleine und mittlere Unternehmen
Fehler passieren

Fehler in der Produktion? Die gibt es bei uns nicht. Dieses Bild, das viele Unternehmen nach außen hin darstellen möchten, trifft ehrlicherweise auf nahezu keine Firma zu. Wie jedoch bei kleinen und mittleren Unternehmen künftig Fehler im Produktionsablauf auf digitalem Weg dokumentiert und abgestellt werden können, zeigen die Ergebnisse des Projekts Smart FM.

Lassen Sie uns über Fehler reden: Sie passieren jedem, auch wenn wir es vielleicht nur widerwillig zugeben. Welche Kosten entstehen jedoch im Unternehmen typischerweise durch diese Fehler? Studien zufolge belaufen sich die internen Fehlerkosten in produzierenden Unternehmen auf eine Summe in Höhe von 1,4 % des Jahresumsatzes. Bei einem durchschnittlichen deutschen Maschinenbau-Unternehmen entspricht dies fast 5.000 Euro pro Monat. Nehmen wir vereinfachend an, dass diese Fehlerkosten proportional zur aufgewendeten Arbeitszeit sind, dann beschäftigt sich jede einzelne Person im Betrieb wöchentlich fast eine halbe Stunde mit internen Fehlern. Daher ist es sinnvoll, sich einmal näher mit dem Thema Fehlermanagement auseinanderzusetzen.

Der Mehrwert eines modernen, systematischen Fehlermanagements ist leicht erkannt: Reduzierte Qualitätskosten, gesteigerte Mitarbeiterzufriedenheit und bessere Erfüllung von Kundenforderungen sind nur einige Beispiele. Dennoch zeigen Analysen eine deutliche Diskrepanz zwischen der Theorie im Fehlermanagement und der betrieblichen Wirklichkeit in vielen Unternehmen. Insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mangelt es häufig an personellen und finanziellen Ressourcen, um die eigenen Fehlermanagement-Prozesse aufzusetzen und weiterzuentwickeln.

Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung ergeben sich jedoch verschiedene Möglichkeiten, das Fehlermanagement mit technischer Unterstützung und geringem Aufwand zu etablieren beziehungsweise zu verbessern. Hier setzt das Projekt „SmartFM – Fehlermanagementintegration in die Smart Factory“ an: Gefördert im Programm Efre.NRW wurde in Zusammenarbeit zwischen Anwendern aus dem Mittelstand, QM-Experten aus dem wissenschaftlichen Umfeld sowie Softwareentwicklern eine digitale und mobile Lösung für das betriebliche Fehlermanagement per Smartphone und Webbrowser entwickelt. Der Anspruch: kleineren und mittleren Unternehmen ein modernes, digitales Fehlermanagement ermöglichen. Dabei soll den Unternehmen eine praktikable Lösung an die Hand gegeben werden, die einerseits ohne großen Aufwand implementierbar ist, sich jedoch andererseits in bestehende Strukturen und Prozesse eingliedern lässt.

Bilder, Fotos und Audiomitschnitte können einzelnen Fehlermeldungen direkt beigefügt werden

Der im Projekt Smart FM verfolgte Lösungsansatz beruht auf einer intuitiven, schnellen, einfachen und digitalen Fehlererfassung: Smartphone-gestützt, und damit nicht nur mobil, sondern auch multimedial. Bilder, Fotos und Audiomitschnitte können direkt einzelnen Fehlermeldungen beigefügt werden und erleichtern die Fehleranalyse. Auf dem Handy werden per Smart-FM-App alle relevanten Daten schnell erfasst; die App prüft dabei automatisch auf Vollständigkeit. Durch die Nutzung von QR-Codes kann die Erfassung noch weiter beschleunigt werden: In ersten Anwendertests war dieses Vorgehen bis zu sieben Mal schneller als die konventionelle Erfassung mit Stift und Papier – und die nun digital erfassten Daten können anschließend in Echtzeit analysiert und ausgewertet werden.

Dashboard gibt Live-Überblick über Fehlerschwerpunkte, Fehlerbearbeitung und Trends

Die Auswertung der nun stets vollständig erfassten Fehlerdaten ist zweiter Baustein der Smart-FM-Lösung. Ein Dashboard, welches über einen normalen Webbrowser erreichbar ist, gibt einen Live-Überblick über Fehlerschwerpunkte, Fehlerbearbeitung und Trends. Die Fehleranalyse sowie die Nachverfolgung von Abstellmaßnahmen können ebenfalls über die Webapplikation von Smart FM durchgeführt werden.

Das Smart-FM-System wurde im Laufe des Projekts von verschiedenen Anwenderunternehmen erprobt, um bereits während der Projektphase die Praxistauglichkeit für kleinere und mittlere Unternehmen zu testen. Einer dieser Anwender war die Farbenfabrik Oellers, die als inhabergeführtes Familienunternehmen seit 1949 am Firmenstandort Aldenhoven Farben, Lacke und Bodenbeschichtungen für die professionelle Anwendung entwickelt und produziert. Das Lieferprogramm umfasst heute über 100 verschiedene Produkte wie Fassadenfarben, Industrielacke, Boden- und Dachbeschichtungen.

Die Beteiligung der Farbenfabrik Oellers am Projekt war mit unterschiedlichen Aufgaben verbunden. Zum einen wurde den Projektbeteiligten zu Beginn die praktische Problemstellung des Fehlermanagements bei KMU dargestellt und daraus entsprechende Anforderungen an eine digitale Lösung abgeleitet. Zum anderen erhielt das Unternehmen Einsicht in die Projektergebnisse und konnte das Smart-FM-System in der eigenen Produktion testen. Ziel des Tests war es, die Anwendertauglichkeit von Smart FM für KMU zu bewerten und Feedback zur Verbesserung des Systems zu geben.

Die Erprobung von Smart FM fand bei der Farbenfabrik Oellers an verschiedenen Stationen in der Farbenproduktion statt. Im Fokus für den Einsatz der Smartphone-App stand unter anderem eine Dispergiermaschine, die zur Mischung von Farben eingesetzt wird. An dieser Maschine traten im Produktionsablauf gelegentlich herstellerbedingte Störungen auf, die im betrieblichen Alltag häufig direkt behoben und daher bis dato nicht schriftlich festgehalten wurden. Durch den Einsatz der Smart-FM-App war es somit möglich, auftretende Maschinenstörungen sofort zu dokumentieren.

Zu Beginn der Erprobung wurde das Smart-FM-System bei der Farbenfabrik Oellers installiert und die notwendigen Stammdaten (zum Beispiel Maschinen, Prozesse, Artikelnummern) konfiguriert. Weiterhin wurden die Werker mit Smartphones ausgestattet sowie in die Bedienung der App und der Browseroberfläche eingeführt. Mit dem Smart-FM-System konnten die Werker anschließend erkannte Fehler, wie etwa auftretende Störungen an der Dispergiermaschine, schnell und einfach mithilfe der Smartphone-App erfassen. Dabei wurden sie am Handy durch einen einfachen Workflow unterstützt, relevante Fehlerinformationen, wie beispielsweise Fehlerort oder Fehlerart, direkt zu dokumentieren. Zudem konnten durch die Smart-FM-App geeignete Foto- oder Audioaufnahmen getätigt und dem erfassten Fehler hinzugefügt werden.

Sobald der Fehler über die Smartphone-App erfasst wurde, wurde er mit der Smart-FM-Datenbank synchronisiert. Die weitere Untersuchung des aufgetretenen Fehlers erfolgte anschließend mithilfe der browserbasierten Web-Oberfläche an einem Computer-Terminal in der Produktion. Für Fehler, die häufig auftreten und bei denen bereits Ursachen und Lösungsmaßnahmen bekannt sind, ist es mithilfe von Smart FM weiterhin möglich, einzelne Fehler zu sogenannten übergeordneten Problemblätter zuzuordnen. Hierdurch werden automatisch vordefinierte Ursachen und Maßnahmen dem aufgetretenen Fehler zugeordnet. Im Rahmen der Erprobung bei der Farbenfabrik Oellers konnte hiermit zum Beispiel ein Leitfaden zur Behebung der Störungen an der Dispergiermaschine hinterlegt werden.

Der Praxistest bei der Farbenfabrik Oellers hat gezeigt, dass auftretende Fehler durch die Werker mit der Smartphone-App schnell und einfach erfasst werden können. Hierdurch sinkt die Hemmschwelle, vorhandene Fehler zu dokumentieren. Weiterhin hat es sich als vorteilhaft erwiesen, dass die Fehleranalyse und -nachverfolgung erst anschließend im Web-Browser erfolgt. Zum einen kann sich hierdurch der Werker schnell wieder auf seine eigentliche Produktionsaufgabe konzentrieren und wird durch die Fehlererfassung nur kurz unterbrochen. Zum anderen wird durch den Workflow im Web-Browser mit Maßnahmen und Verantwortlichen sichergestellt, dass Fehler anschließend weiter analysiert und abgestellt werden. Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen können so mit Smart FM ihr Fehlermanagement im Qualitätsmanagement schnell und einfach digitalisieren. ■

www.smart-fm.info


Die Autoren

Dr. Jan Kukulies

Geschäftsführer

PRS Technologie
Gesellschaft

www.prstg.de

Paul Oellers

Geschäftsführer

Farbenfabrik Oellers

www.oellers-immex.de

Philipp Hemmers

Projektingenieur

PRS Technologie

Gesellschaft

www.prstg.de

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