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In die Pflicht genommen

Vereinheitlichung des Produktsicherheitsrechts in der EU
In die Pflicht genommen

Neben der Produkthaftungsrichtlinie arbeitet die EU auch an dem Entwurf einer Produktsicherheitsverordnung, der erstmalig bereits im Jahr 2021 von der Europäischen Kommission veröffentlicht wurde. Für Unternehmen ergeben sich daraus einige neue und umfassendere Anforderungen.

Der Entwurf der Produktsicherheitsverordnung verfolgt das Ziel, den gesetzlichen Rahmen für die Sicherheit von Non-Food-Produkten für Verbraucher zu aktualisieren und an die spezifischen Herausforderungen neuer Technologien und Geschäftsmodelle anzupassen. Die geplante Verordnung soll die aus dem Jahr 2001 stammende Produktsicherheitsrichtlinie (2001/95/EG) aktualisieren, die in Deutschland durch das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) umgesetzt wurde.

Durch die Wahl einer Verordnung entfallen zukünftig die unterschiedlichen Umsetzungen der Produktsicherheitsrichtlinie in den EU-Staaten. Damit folgt die EU auch dem eigenen Trend hin zur stärkeren Nutzung einheitlicher Regulierung. Gerade für international agierende Unternehmen folgt daraus jedoch, dass zumindest initial erhebliche Aufwände zu leisten sind. Firmen, die die Umsetzungen der bisherigen Produktsicherheitsrichtlinie in einzelnen EU-Staaten abhängig vom jeweiligen nationalen Regelwerk unterschiedlich implementiert und bisher angewandt haben, müssen ihre Prozesse künftig EU-weit an die geplante Verordnung anpassen.

Inhaltlich erntete der Entwurf seit seiner Veröffentlichung erhebliche Kritik. Der EU-Rat hat daher den Entwurf mit einem Änderungsvorschlag vom 21. Dezember 2022 teilweise entschärft. Die Voraussetzung, dass ein „sicheres Produkt“ nur dann vorliegt, wenn die Sicherheit auch bei missbräuchlichem Nutzerverhalten gewährleistet ist, wurde vom EU-Rat wieder gestrichen. Die zuvor im Entwurf vorgesehene Mindeststrafe in Höhe von 4 % des Jahresumsatzes bei Verstößen wurde ersetzt durch eine im Einzelfall im Ermessensspielraum der Behörden liegende Strafhöhe. Daneben wurde auch die im ursprünglichen Entwurf vorgeschlagene Frist ersetzt, wonach innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Kenntnis über ein Sicherheitsproblem Behörden und der Markt zu informieren sind. Stattdessen soll eine Mitteilung ohne schuldhaftes Zögern erfolgen, wodurch die Frist von den Umständen des Einzelfalls abhängen würde.

Allerdings sind auch im angepassten Entwurf noch immer einige Verschärfungen enthalten. So sieht der Entwurf eine standardisierte Vorgehensweise für Rückrufmaßnahmen vor, ohne dass die individuellen Umstände berücksichtigt werden. Das könnte zu Lasten bisher funktionierender Prozesse gehen. Die Nutzung verharmlosender Begriffe wie „freiwillig“, „vorsorglich“ oder „in seltenen/spezifischen Fällen“ soll Herstellern im Rahmen von Marktmaßnahmen zukünftig verboten sein.

Zudem müssen Hersteller betroffenen Verbrauchern gemäß dem aktuellen Entwurf künftig mindestens zwei wirksame, kostenfreie und zeitnahe Abhilfemaßnahmen (Reparatur, Ersatz oder Erstattung des Preises) im Fall von unsicheren Produkten anbieten. Letzteres kollidiert eklatant zumindest mit dem in Deutschland geltenden und sich aus Verträgen ableitenden Gewährleistungsrecht.

Aus diesen Punkten ist ersichtlich, dass die im Rahmen des Produktsicherheitsrecht für Unternehmen bestehende Pflichten zumindest auf Basis des aktuellen Verordnungsvorschlags nicht nur konkreter, sondern an einigen Stellen auch umfassender werden. Hinzu kommt die Vereinheitlichung bestimmter Vorgehensweisen sowie die Aufnahme gänzlich neuer Pflichten (zum Beispiel zwei zwingend anzubietende Abhilfemaßnahmen).

Aktuell wird von einer endgültigen und verabschiedeten Fassung der Produktsicherheitsverordnung durch das EU-Parlament und den EU-Rat im zweiten Quartal 2023 ausgegangen. In der Folge wird mit einer Umsetzungsfrist von 18 Monaten nach Inkrafttreten zu rechnen sein. Diese Zeit sollten die Unternehmen nutzen, um sich den neuen Anforderungen aus der finalen Verordnung gewahr zu werden und die eigenen Prozesse anzupassen.


Bild: Reusch Rechtsanwälte

Alles was Recht ist

Thorsten Deeg

von Reusch Rechtsanwälte
liefert regelmäßige Beiträge zu rechtlichen Themen.

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