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Hochdruck-Prüfanlage: Das Auge in den Untergrund

Gesteinsproben
Hochdruck-Prüfanlage: Das Auge in den Untergrund

Das Deutsche Geoforschungszentrum simuliert mit einer Hochdruck-Prüfanlage für Gesteinsproben thermische oder hydraulische Prozesse in bis zu 10 km Tiefe.

Ob Geothermie zur regenerativen Wärmeversorgung, Wärme- und Kältespeicherung oder geologische Speicherung von Wasserstoff als zukünftigem Energieträger: Wer den tiefen Untergrund energetisch nutzen möchte, muss die Prozesse und die Wechselwirkungen, die dort bei hohem Druck und hohen Temperaturen zwischen Gestein und Fluiden stattfinden, möglichst genau kennen: Wie ist die Durchlässigkeit des Gesteins für bestimmte Flüssigkeiten oder Gase? Wie ändert sich das mit variierendem Druck und Temperatur? Unter welchen Belastungen aus welchen Richtungen bricht das Gestein? Wie beeinflusst die variierende Temperatur im Untergrund die Brucheigenschaften? Welche chemischen Reaktionen finden unter diesen extremen Druck- und Temperaturbedingungen statt?

Antworten auf Fragen wie diese werden künftig am GFZ in Potsdam mithilfe der neuen reaktiven, petrophysikalischen Hochdruck-Hochtemperatur-Prüfanlage PAX-1600, kurz Truetriax genannt, ermöglicht. Sie erlaubt einzigartige Experimente unter Bedingungen, wie sie in bis zu 10 km Tiefe herrschen und daher in der Natur nur sehr schwer experimentell zugänglich sind. Insbesondere können mit der Truetriax-Anlage hochstspezialisierte Druck- und Durchlässigkeitsversuche an Gesteinsproben durchgeführt werden Dabei werden Druck, Temperatur und Durchströmungsparameter für Gase oder Flüssigkeiten variiert und gemessen. Besonders ist, dass diese Versuche auch mit Flüssigkeiten durchgeführt werden können, die in der Zusammensetzung tiefen Thermalwässern entsprechen. Akustische Sensoren erlauben die seismische Analyse von Bruchprozessen im Gestein. Für die Präparation der würfelförmigen Gesteinsproben wurde eine hochgenaue Schleifanlage angeschafft.

„Mit der Truetriax-Anlage erschließen sich bisher experimentell unerreichte Dimensionen für die Untersuchung wichtiger Prozesse im tiefen Untergrund. Im Reigen unserer hochkarätigen Infrastruktur ist dies ein zukunftsweisendes Highlight, das uns wichtige neue Erkenntnisse in der Geoenergieforschung bringen wird – einem Forschungsgebiet, das in den letzten Jahren eine besondere gesellschaftliche Relevanz bekommen hat“, sagt Professor Susanne Buiter, Wissenschaftliche Vorständin des GFZ. „Das GFZ leistet hier einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit und Energieunabhängigkeit auf Basis heimischer Ressourcen.“

„Die Anlage ist unser Auge in den Untergrund: Wir arbeiten mit Annahmen, Modellen, Prognosen – um Aussagen über den Untergrund zu machen“, erklärt Professor Ingo Sass, Sektionsleiter Geoenergie am GFZ. „Hierfür sind Messdaten die unerlässliche Basis. Die Truetriax wird uns einzigartige Daten über die komplexen gekoppelten thermischen, hydraulischen, mechanischen und chemischen Prozesse liefern.
Nicht zuletzt, wenn nach vielversprechenden Reservoirs oder Speicherhorizonten gebohrt wird, ist es wichtig, die Verhältnisse im tiefen Gestein so gut wie möglich zu kennen. Bohrungen erfordern Investitionen in Millionenhöhe und die Optimierung der Bohrungsplanungen und Prognosen hilft, Geld zu sparen: Sie vergünstigt die Bohrkosten, erhöht die Sicherheit und vermindert das Fündigkeitsrisiko.“

Neun Triax-Anlagen an deutschen Forschungseinrichtungen

Weitere Einsatzfelder neben den bereits genannten Themen Tiefe Geothermie, Wärme- und Kältespeicherung sowie Speicherung von Wasserstoff sind beispielsweise die Endlagerung von radioaktivem Abfall, die Erforschung der Entstehung von Erdbeben oder die Gewinnung kritischer Rohstoffe wie Lithium aus geothermischen Fluiden. Deutschlandweit gibt es aktuell neun ähnliche Triax-Anlagen an Forschungseinrichtungen, die jedoch komplementäre Spezialisierungen aufweisen.

Die axiale Last der neuen Anlage am GFZ, die durch jeden der Laststempel aufgebracht werden kann, beträgt 1600 kN. Bei einer Probengröße von 80 x 80 x 80 mm3 entspricht dies 250 MPa pro Fläche. Somit lassen sich Gebirgsspannungen von bis zu 10.000 m Tiefe simulieren. Dabei kann die Probe von allen Seiten durchströmt werden – und dies bei einem Porendruck von bis zu 350 bar. Zur Simulation von hydraulischen Stimulationsmaßnahmen können sogar 600 bar erreicht werden. Dies entspricht einer Tiefe von 3500 bis 6000 m. Da das komplette Durchströmungssystem aus der Legierung Hastelloy besteht, können hier auch hochkorrosive Flüssigkeiten eingesetzt werden.

Mittels eines gekoppelten externen und internen Heizungssystems werden bis zu 200 °C in der Kammer und bis zu 150 °C an der Probe generiert – was den Temperaturen in der Erdkruste in circa 4500 m Tiefe entspricht. Während der Deformation kann mittels 24 seismischer Sensoren das Bruchverhalten akustisch beobachtet, quantifiziert und lokalisiert werden. Damit können die geomechanischen Gesteinsparameter sowie das Bruchverhalten mit noch besserer Qualität ermittelt werden.

Als Proben dienen Gesteinswürfel von 80 mm Kantenlänge. Die hochpräzise Gesteinsschleifanlage ermöglicht es, die Würfelflächen auf 1/100 mm genau eben zu fertigen. Das ist erforderlich für die Reproduzierbarkeit der Versuchsbedingungen und um beim Zusammenpressen des Würfels auf der gesamten Fläche eine gleichmäßigen Krafteintrag durch die Backen der Presse sicherzustellen.

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