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Optische Kohärenztomographie: Hohe Auflösung und Tiefeninformation

Optische Kohärenztomographie
Hohe Auflösung plus hohe Tiefeninformation

Die optische Kohärenztomographie (OCT) kommt immer mehr in der Industrie zum Einsatz. Das berührungslose Messverfahren ermöglicht beispielsweise die Dickenmessung dünner Schichten, die präzise Oberflächencharakterisierung strukturierter Werkzeuge oder auch die Formprüfung von Mikrooptiken.

Die OCT ist ein in der Augenheilkunde weit verbreitetes Diagnoseverfahren und kommt auch in weiteren biomedizinischen Fragestellungen zum Einsatz. Als nicht-invasive hochauflösende Messmethode liefert die OCT detailreiche Schnittbilder von lebendem Gewebe. Aufgrund ihrer Charakteristika eignet sie sich für industriellen Anwendungen.

Die Funktionsweise der OCT gleicht der Funktionsweise der Ultraschallbildgebung, jedoch werden Lichtwellen anstelle von Schallwellen zur Bildgebung verwendet. Außerdem werden weder Kontakt- noch Koppelmedien benötigt und die OCT erreicht eine bis zu zehnmal höhere Auflösung als die Ultraschallbildgebung. Somit schließt die OCT die Lücke zwischen Messverfahren mit hoher Eindringtiefe bei geringer Auflösung – Ultraschall, MRT, CT – und hochauflösenden Verfahren mit geringer Tiefeninformation wie mikroskopische Verfahren.

Der OCT liegt vom Aufbau ein Michelson-Interferometer zu Grunde. Sie erzeugt tomographische Schnittbilder transparenter und semitransparenter Proben auf Grundlage der kurzkohärenten Interferometrie. Gemessen werden die Laufzeitunterschiede der Lichtreflexe, welche an den Grenzschichten des Messobjekts zurückgestreut und spektroskopische analysiert werden. Das verwendete breitbandige
Nahinfrarot-Licht dringt dabei in das zu untersuchende Material ein und macht innere Strukturen bis zu einer Messtiefe von circa 2 mm sichtbar. Die Messtiefe ist hierbei stark abhängig von den optischen Eigenschaften der Probe, vor allem von ihrem Streu- und Absorptionsverhalten.

So kann das Messlicht aufgrund der geringen Verluste tiefer in eine transparente Probe eindringen und beispielsweise die Ober- und Unterkante einer Glasplatte in nur einer Messung detektieren. Stark streuende Proben hingegen verringern den axialen Messbereich; opaque Medien können nur topographisch analysiert werden.

Das Auflösungsvermögen der konventionellen OCT liegt typischerweise bei circa 5 bis 10 µm. Seit ihrer Erfindung in den 1990er Jahren entwickelt sich die OCT stetig weiter: Die Auflösung verbesserte sich durch neue, breitbandigere Lichtquellen; die Messgeschwindigkeit erhöhte sich. Die sogenannte MHz-OCT kann mittlerweile mehr als 1.000.000 Tiefen
scans, sogenannte A-Scans, pro Sekunde detektieren und erlaubt hierdurch volumetrische Echtzeit-Bildgebung. Besonders bei der Beurteilung beziehungsweise Charakterisierung von bewegten Bauteilen oder In-Prozess-Messungen hat die Messgeschwindigkeit einen hohen Einfluss auf die Bildqualität. Neben der sehr schnellen Bildaufnahme können funktionelle Erweiterungen je nach Forschungsfrage einen Mehrwert liefern.

Ein Beispiel hierfür ist die sogenannte polarisa-
tionssensitive OCT (PS-OCT). Durch die zusätzliche Auswertung der Polarisationsänderung des Lichtes im Bauteil können beispielsweise Spannungszustände im Material sichtbar gemacht werden. Insbesondere Kunststoffbauteile eignen sich für diese zusätzliche quantitative Analyse. Hervorgerufen durch externe Spannungen, die Induktion von Laserstrahlung auf das Bauteil oder den Wärmeeinfluss ändert sich die Polarisation des eintretenden Lichts, die mit Hilfe der Auswertung zweier voneinander separaten Kanäle sichtbar gemacht werden kann.

Dünnschichtmessungen benötigen eine hohe Auflösung

Das Auflösungsvermögen der klassischen OCT reicht für einige Anwendungen wie beispielsweise im Bereich der Dünnschichtmessung nicht aus, um einzelne Grenzschichten zu differenzieren. Die axiale Auflösung in der Fourier-Domain OCT (FD-OCT) wird maßgeblich durch die Bandbreite der Lichtquelle bestimmt. Je breitbandiger das Spektrum, desto höher die Auflösung.

Deshalb hat das Fraunhofer IPT ein hochauflösendes OCT-System mit einer Bandbreite von 300 nm entwickelt, welches eine Auflösung in axialer Richtung von ~1µm erlaubt. Das System wurde innerhalb des IGF-Forschungsprojektes Ifsidla, gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMWK, für die Anwendung von Lackschichtdickenmessungen auf Papier entwickelt. Innerhalb des Projekts wurden verschiedene Lacke auf unterschiedlichen Substraten mithilfe der Ultra-high-resolution-OCT (UHR-OCT) gemessen und die ermittelten Ergebnisse mit geeigneter Messtechnik (zum Beispiel REM) validiert. Im Gegensatz zu anderen Messmethoden für die Schichtdickenmessung erlaubt die UHR-OCT eine zerstörungsfreie, wiederholgenaue Messung von Schichtdicken von 1 µm bis 1 mm.

Auch mehrschichtige Systeme können mithilfe der UHR-OCT analysiert werden. In zahlreichen Anwendungen ist der exakte und gleichmäßige Auftrag einer Schicht von besonderer Bedeutung, nicht nur um Auftragsmaterial einzusparen, sondern auch um beispielsweise die optischen oder haptischen Eigenschaften der oberen Schicht zu gewährleisten oder die Barrierefunktion der Beschichtung sicherzustellen. Aufgrund der hohen Messfrequenz eignet sich die OCT für eine Integration in Auftrags- oder Beschichtungsprozesse, um während des laufenden Prozesses Schichtdickenänderungen zu detektieren und im gegebenen Fall die entsprechenden Prozessparameter anzupassen.

Inline-OCT eignet sich auch
für Laserprozesse

Neben der Integration von OCT in Prozesse wie Beschichtungen oder der Inline-Qualitätskontrolle von mikrostrukturierten Bauteilen sind besonders Laserprozesse geeignet für eine direkte Prozesskontrolle mittels OCT. Hierbei wird die OCT koaxial in bestehende Laseranlagen eingekoppelt. Das bedeutet, dass sich das Messsystem und der Prozesslaser einen Weg durch die Fokusoptik teilen und somit gewährleistet werden kann, dass das Messsystem ohne zeitliche oder örtliche Verschiebung beispielsweise direkt an der strukturierten Stelle misst. Im einfachsten Fall kann durch eine koaxiale Punktmessung mithilfe der OCT der Fokusabstand des Prozesslasers zum Werkstück mit einer sehr hohen Präzision überwacht werden, die Wiederholgenauigkeit beträgt 100 nm.

Für eine Überwachung der Werkstückoberfläche kann die OCT topographische Aufnahmen des Werkstücks generieren, um dimensionelle Abweichungen oder andere Fehlstellen zu detektieren. Ermöglicht wird die koaxiale Integration dadurch, dass sich das OCT-System flexibel an die verwendete Wellenlänge des Prozesses anpassen lässt, wodurch derselbe Strahlengang verwendet werden kann, eine Trennung zwischen Messlaser und Prozesslaser aber dennoch leicht möglich ist. Zudem ist die OCT in der Lage, unabhängig von der im Laserprozess verwendeten Optik hohe axiale Auflösungen zu erreichen, da diese unabhängig von der beugungsbegrenzten Strahlform ist und allein von der verwendeten Messlichtquelle bedingt wird.

Einhergehend mit der hohen Messgeschwindigkeit ist die OCT somit eine vielversprechende Messmethode für die Integration in unterschiedlichste Laserprozesse, bei denen es erforderlich ist, auftretende Prozessabweichungen während des Prozesses zu lokalisieren, um gegebenenfalls den Prozess anzupassen. Am Fraunhofer IPT wurde die OCT innerhalb von Projekten in verschiedenste Laserprozesse implementiert. Von additiven Auftragsprozessen über subtraktive Strukturierprozesse hin zu Kunststoffschweißprozessen liefert die OCT nicht nur eine präzise Inline-Qualitätskontrolle, sondern auch ein erhöhtes Prozessverständnis über den Laser und seine Wechselwirkungen mit dem Werkstück.

Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT
Steinbachstr. 17
52074 Aachen
www.ipt.fraunhofer.de


Bild: Fraunhofer IPT
Bild: Fraunhofer IPT

Charlotte Stehmar

wissenschaftliche Mitarbeiterin Abteilung Produktionsmesstechnik

Enno Hachgenei

Gruppenleiter Optische Messtechnik und Bildgebende Verfahren

Fraunhofer IPT  ·  www.ipt.fraunhofer.de

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