Aus den Sensordaten von Erdbeobachtungssatelliten lässt sich auf den Zustand von Pflanzen, auf die Feuchte und Körnigkeit des Ackerbodens schließen. Gemessen wird dabei letztlich, wie viel Lichtstrahlung vom feuchten Boden oder den grünen Blättern absorbiert oder ins All zurückgeworfen wird. Diese Technik ist in der Landwirtschaft etabliert. Doch gibt es nach wie vor Beschränkungen. „Damit Landwirte schnell auf Veränderungen der Feuchte oder den Ernährungszustand der Pflanzen reagieren können, benötigen wir permanent aktuelle Daten“, erklärt Philip Marzahn, Professor an der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock. „Die sind bislang aber nicht so leicht verfügbar.“
Das Problem: In der Regel überfliegen einzelne Satelliten ein- und denselben Landstrich nur einmal am Tag oder noch seltener. Manchen Satelliten versperren Wolken die Sicht. Um trotzdem mehrmals täglich Informationen über den Zustand einer Ackerfläche und der Pflanzen zu erhalten, muss man die Daten von mehreren Satelliten kombinieren. Allerdings messen Satelliten mit verschiedenen Sensoren. Manche nutzen optische Kameras, andere Mikrowellensensoren. Das, sagt Marzahn, sei eine technische Herausforderung: „Wir erhalten ganz verschiedene Werte aus unterschiedlichen Messsystemen, die physikalisch ganz anders arbeiten – wollen daraus am Ende aber stets dieselbe Information gewinnen, etwa, ob der Boden die richtige Feuchte hat.“
Zusammen mit Projektleiter Thomas Weiß hat Marzahn daher ein Softwaresystem entwickelt, das die verschiedenen Datenformate und physikalischen Parameter lesen, auswerten und verschmelzen kann, um daraus die gewünschte Information zu extrahieren. Bis zu 14 Tage im Voraus soll das System den Zustand des Bodens und der Pflanzen abschätzen können. Den Landwirten wird es dann beispielsweise sagen können, wie viel Dünger zu welcher Zeit und an welchem Punkt aufgetragen werden sollte, um den gewünschten Ertrag zu erzielen.
Für ihr System haben die Forscher ein so genanntes Strahlungstransfermodell entwickelt, das die verschiedenen physikalischen Messwerte der Satelliten in mehreren Schritten in einheitliche Ausgangsdaten wandelt. Hinzu kommt ein mathematisches Modell, das berechnet, wie gut eine Pflanze unter bestimmten Bedingungen wächst. Dieses wird mit den Satellitendaten täglich oder mehrmals täglich aktualisiert. Letztlich geht es darum, riesige Datenmengen mithilfe von Software und künstlicher Intelligenz in Hochgeschwindigkeit zu bearbeiten, um den Landwirten die relevante Information schnell bereit zu stellen.