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Produktentstehungsprozess:Verderben viele Köche wirklich den Brei?

Produktentstehungsprozess
Verderben viele Köche wirklich den Brei?

Im Produktentstehungsprozess bringt die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen der Innovations- und der Qualitätsfunktion viele Vorteile mit sich. Dies zeigt eine deutschlandweite Studie des Instituts für Change Management und Innovation (CMI) der Hochschule Esslingen in Kooperation mit der TU Berlin.

Innovation und Qualität sind für deutsche Unternehmen entscheidende Erfolgsfaktoren. Aufgrund des steigenden Wettbewerbsdrucks und der schnell wachsenden Märkte muss der Innovationsprozess immer effizienter gestaltet werden, um die Markteinführungszeit für neue Produkte und Geschäftsmodelle bei gleichzeitig hoher Leistungsqualität zu verkürzen. Es gibt wohl kein Unternehmen, das nicht auf diese beiden Erfolgsfaktoren setzt. Im Zusammenwirken der Innovations- und der Qualitätsfunktion entwickelt sich so zunehmend ein Spannungsfeld zwischen einer schnellen Markteinführung innovativer Produkte einerseits und einem hohen Qualitätsanspruch anderseits. Die aktuelle Studie des CMI verfolgt die Frage, welche Einflussfaktoren einen positiven Effekt auf die Zusammenarbeit der beiden Funktionsbereiche ausüben und wie sich eine intensive Kooperation der Innovations- und der Qualitätsfunktion auf die Performance neuer Produkte auswirkt. Die Ergebnisse der empirischen Studie zeigen auf die hohe Relevanz einer engen Zusammenarbeit der beiden Funktionsbereiche.

Eine gute Zusammenarbeit macht neue Produkte nämlich nicht nur qualitativ ausgereifter, sondern sie beschleunigt auch den Entwicklungsprozess. Wie im Profillinienvergleich deutlich wird, haben Unternehmen, die eine intensive Zusammenarbeit zwischen der Innovations- und der Qualitätsfunktion pflegen, in Sachen Qualität, Geschwindigkeit und Neuproduktperformance die Nase vorn. Es kann also nicht die Rede davon sein, dass ein hoher Grad an Beteiligung des Qualitätsmanagements den Produktentstehungsprozess lähmen würde – das genaue Gegenteil ist der Fall.

Was ebenfalls auffällt, ist die besonders starke Wirkung der Zusammenarbeit auf das gemeinsame Qualitätsverständnis zwischen den am Entwicklungsprozess Beteiligten. Was aber bewirkt ein gemeinsames Mindset in Sachen Neuproduktperformance und welche Vorteile könnten sich daraus ergeben? Dieser Fragestellung wird in der CMI-Studie nachgegangen.

Ein Booster für die
Neuproduktperformance

Mit Hilfe eines Strukturgleichungsmodells konnte nachgewiesen werden, dass die Zusammenarbeit signifikant und positiv auf das gemeinsame Qualitätsverständnis im Produktentstehungsprozess wirkt. Ein gemeinsames Qualitätsverständnis entpuppt sich im Modell dabei als ein wahrer „Booster“ für die Qualität und die Geschwindigkeit von Neuproduktentwicklungen. Dieses gemeinsame Verständnis verbessert offenbar das geforderte Qualitätsniveau nachhaltig.

Besonders erfreulich ist auch die positive Wirkung des gemeinsamen Mindsets in Hinblick auf die Neuproduktgeschwindigkeit. Dies dürfte Argumente gegen eine stärkere Integration der Qualitätsfunktion in den Produktentstehungsprozess (PEP) zu Gunsten der Entwicklungsgeschwindigkeit entkräften. Der höhere Abstimmungsaufwand wird durch die klare gemeinsame Zielabstimmung überkompensiert.

Die Ergebnisse der Studie legen somit nahe, dass vor allem Entscheidungen bei notwendigen Entwicklungsänderungen deutlich schneller getroffen werden können, wenn ein hohes Maß an Zusammenarbeit und gemeinsamen Qualitätsverständnis vorherrscht. Dies kommt der Neuproduktgeschwindigkeit direkt zugute. Die Studie belegt damit einmal mehr, wie sehr es auf die Awareness der Mitarbeitenden ankommt und wie wichtig dieser weiche Faktor für den Unternehmenserfolg ist.

Die Studie zeigt auch: Zusammenarbeit und ein daraus resultierendes Qualitätsverständnis und -bewusstsein zahlen sich aus. Und dennoch werden die Potenziale einer intensiven und fruchtbaren Kooperation in der Unternehmenspraxis immer noch viel zu wenig ausgeschöpft, wie die Expertengespräche ergeben haben. In über der Hälfte der Unternehmen fehlt es an einer breiten Bereitschaft zur Zusammenarbeit der beiden Bereiche. Nur ein Drittel der Unternehmen spricht von einem ausgeprägten Willen zur „gemeinsamen Sache“ im Produktentstehungsprozess.

Entwicklung bezieht
Qualitäter erst spät ein

Betrachtet man den Zeitpunkt der Qualitätsbeteiligung, so binden lediglich 30 % der Unternehmen die Qualitätsfunktion bereits frühzeitig in den PEP ein. Die Unternehmen sehen zahlreiche Gründe für die späte Einbindung der Qualitätsfunktion: Es würde oftmals schlichtweg die nötige Zeit und Mitarbeiterkapazität fehlen, um sich von Beginn an im Produktentstehungsprozess zu engagieren. Teilweise würde die Qualitätsfunktion jedoch ganz bewusst erst spät involviert, da man diese als „bremsend und kreativitätsbehindernd“ ansieht.

Die Gespräche machten auch deutlich, dass die Qualität der Zusammenarbeit zwischen der Innovations- und der Qualitätsfunktion in vielen Fällen verbesserungsbedürftig ist. So wird die Qualitätsfunktion während der Zusammenarbeit oftmals als störend wahrgenommen. Häufig wurde auch erwähnt, dass der Mehrwert der Zusammenarbeit nicht klar zu erkennen ist und die kulturellen Gepflogenheiten des Unternehmens, wie beispielsweise ein übertriebenen Drang zu Harmonie, einer konstruktiv-kritischen Zusammenarbeit im Wege steht.

Mehrheit wünscht eine
engere Zusammenarbeit

Trotz der identifizierten Defizite im Hinblick auf eine engere Zusammenarbeit der beiden so wichtigen Unternehmensbereiche wird das Thema in den meisten Unternehmen erkannt. Eine überwältigende Mehrheit der Befragten (85 %) wünscht sich einen deutlichen Ausbau der Zusammenarbeit zwischen der Innovations- und der Qualitätsfunktion im PEP. Neben dem Ausbau der Zusammenarbeit wünschen sich 62 % auch eine spürbar frühere Einbindung in den PEP.

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit rückt damit im Produktentstehungsprozess immer stärker in den Fokus der Unternehmen. Firmen entgegnen den steigenden Anforderungen nicht zuletzt auch durch neue Entwicklungsmethoden wie beispielsweise eine agile Produktentwicklung. Eine wesentliche Herausforderung, die sich daraus für die Qualitätsfunktion ergibt wird, besteht im neuen Rollenverständnis des Qualitätsmanagers, welches sich an die agile Arbeitsweise und die neuen Projektstrukturen anpassen und teilweise sogar neu erfinden muss.

Die CMI-Studie fragte auch nach Optimierungspotenzialen für eine intensivere Zusammenarbeit im Produktentstehungsprozess. In der Befragung wurden vor allem die bestehenden Prozesse sowie die Kommunikation im PEP als besonders verbesserungswürdig eingestuft. Oftmals fehlt es diesen Unternehmen an einer interdisziplinär entwickelten Produktstrategie, einem Entwicklungsprozess mit klaren Quality-Gates und einer gezielten Einbindung des Qualitätsmanagements in den PEP. Dies erschwert nicht nur die Zusammenarbeit, sondern auch die Kommunikation zwischen den am PEP beteiligten Funktionsbereichen.

Zusammenfassend zeigt die Studie, dass ein gemeinsames Verständnis und Commitment das Qualitätsniveau neuer Produktentwicklungen und damit die Neuproduktperformance insgesamt signifikant erhöht. Es ist daher ratsam, alle am Produktentstehungsprozess beteiligten Funktionsbereiche über die Anforderungen aufzuklären und zu einer engen Kooperation zu veranlassen. Dadurch werden mögliche Zielkonflikte präventiv vermieden, weil es nicht mehr um Geschwindigkeit versus Qualität geht, sondern um die Erreichung gemeinsam abgesteckter Ziele und Maßnahmen.

Die frühzeitige und intensive Einbindung der Qualitätsfunktion in den Produktentstehungsprozess fördert die Zusammenarbeit, das gemeinsame Qualitätsverständnis und das leistungsorientierte Mindset aller Beteiligten. Wichtig ist es dabei zu beachten, dass hierzu ausreichende Kapazitäten erforderlich sind, denn auch hier gilt der alte Spruch: „Von nichts kommt nichts“. Das zahlt sich aus, denn Unternehmen mit einer umfassenden und rechtzeitigen Integration der Qualitätsfunktion sind am Ende deutlich erfolgreicher, wie die CMI-Studie zeigt. Eine systematische Erfassung und Analyse des im Unternehmen vorherrschenden Qualitätsbewusstseins der am Produktentstehungsprozess beteiligten Funktionsbereiche kann dabei ein erster Schritt in Richtung noch besserer Produkte sein.


Bild: CMI
Bild: CMI

Dr. Michael Dunst Prof. Dr. Dietmar Vahs

wissenschaftlicher
Mitarbeiter

CMI, Hochschule Esslingen
www.cmi.hs-esslingen.de

Direktor

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