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Anwendbares Recht bei grenzüberschreitenden Sachverhalten Die „ROM“-Verordnungen

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Anwendbares Recht bei grenzüberschreitenden Sachverhalten Die „ROM“-Verordnungen

Anwendbares Recht bei grenzüberschreitenden Sachverhalten Die „ROM“-Verordnungen
Philipp Reusch Reusch Rechtsanwälte, Saarbrücken www.reuschlaw.de
Hat eine zivilrechtliche Streitigkeit Auslandsberührung, etwa weil die Parteien aus unterschiedlichen Staaten stammen, muss bestimmt werden, nach welchem Recht die Streitigkeit zu entscheiden ist. Diese Frage regelt das Internationale Privatrecht. Darin bestimmt jeder Staat, in welchen grenzüberschreitenden Fällen sein Recht Anwendung finden soll. Im Rahmen der fortschreitenden Europäischen Integration sind für den europäischen Wirtschaftsrechtsraum diese Regelungen durch die ROM I und die ROM II-Verordnungen nunmehr harmonisiert worden.

Die ROM I-Verordnung regelt das anwendbare Recht für vertragliche Schuldverhältnisse. Sie gilt für alle Verträge, die nach dem 17. Dezember 2009 geschlossen wurden. Für außervertragliche Ansprüche, also insbesondere solcher aus dem Deliktsrecht, gilt die ROM II-Verordnung. Voraussetzung für deren Anwendbarkeit ist, dass das schadensbegründende Ereignis nach dem 11. Januar 2009 eingetreten ist.

Unter schadensbegründendem Ereignis ist nicht – wie man auf den ersten Blick meinen könnte – der Schadenseintritt, sondern die deliktische Handlung oder Ursache, die unter Umständen erst später zu einem Schaden geführt hat, zu verstehen.
Räumlich gelten die ROM-Verordnungen in allen EU-Mitgliedsstaaten außer Dänemark und Großbritannien.
Die Regelungen der Art. 27 EGBGB, die bislang in Deutschland das anwendbare Recht bestimmten, wurden mit Inkrafttreten der ROM-Verordnungen angeglichen oder ganz aufgehoben.
ROM I-Verordnung
Die ROM I-Verordnung gilt grundsätzlich für alle Zivil- und Handelssachen, die eine Verbindung zu mehrere Staaten aufweist. Einige spezielle Sachverhalte, wie etwa das Gesellschaftsrecht oder das Ehe- und Familienrecht sind aber vom Anwendungsbereich ausgeschlossen.
Haben die Parteien ein bestimmtes Recht gewählt, ist diese Rechtswahl vorrangig.
Fehlt es an einer Rechtswahl, regelt die ROM I-Verordnung für die wichtigsten Vertragstypen das anwendbare Recht ausdrücklich. So bestimmt sie für den Kaufvertrag, dass das Recht des Staates gelten soll, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Ansonsten kommt es darauf an, wer die vertragscharakteristische Leistung erbringt. Dessen Recht soll gelten. Korrigiert wird diese Regelung dann, wenn der Vertrag offensichtlich eine engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweist.
Für Verbraucher- und Arbeitsverträge bestimmt die ROM I-Verordnung, dass zwingende Schutzvorschriften durch eine Rechtswahl nicht umgangen werden dürfen.
ROM II-Verordnung
Mit Ausnahme einiger spezieller Rechtsgebiete wie etwa dem Gesellschaftsrecht und dem Familien- und Erbrecht gilt die ROM II-Verordnung für außervertragliche Schuldverhältnisse. Wegen dieses lückenhaften Anwendungsbereiches sind die nationalen Vorschriften des Internationalen Privatrechts in diesen Bereichen noch von Bedeutung.
Nach der Grundregel der ROM II-Verordnung gilt das Recht des Staates, in dem die Rechtsgutsverletzung eingetreten ist (Erfolgsort). Dies führt zu einer „Mosaikbetrachtung“: Liefert beispielsweise ein Hersteller fehlerhafte Produkte in verschiedene EU-Mitgliedsstaaten, sind die ihn treffenden Rechtsfolgen anhand unterschiedlicher nationaler Produkthaftungs- und Produzentenhaftungsregeln, soweit diese nicht auch harmonisiert sind, zu beurteilen. Eine Ausnahme ergibt sich – wie bei der ROM I-Verordnung auch –, wenn der Sachverhalt eine engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweist.
Eine Rechtswahl ist nach der ROM II-Verordnung auch für außervertragliche Schuldverhältnisse zulässig. Gegenüber Verbrauchern ist dies jedoch nur nach Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses möglich.
Zusammenfassung
Die ROM-Verordnungen haben über die Anwendbarkeit des materiellen Rechts in vertraglichen wie außervertraglichen Angelegenheiten Rechtssicherheit geschaffen. Mit der Anknüpfung der ROM II-Verordnung an den Erfolgsort ist es denkbar, dass deliktische Schadensersatzansprüche in allen nationalen Rechtsordnungen geltend gemacht werden können.
Zur Vermeidung von Streitigkeiten und zur Erhöhung der Rechtssicherheit bei der Frage des anwendbaren Rechts ist daher eine ausdrückliche Rechtswahl in den allermeisten Fällen empfehlenswert.
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