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Chef will gelernt sein

Qualitätsexperten brauchen Führungskompetenzen
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Die Revision der ISO 9001:2015 gibt dem Qualitätsmanagement eine größere Bedeutung, die zuständigen Mitarbeiter werden zu Wissensträgern und Beratern Bild: DGQ
Qualitätsmanager sind als Wissensträger, Impulsgeber und Berater oft Teil des Managementteams eines Unternehmens. Häufig haben sie in dieser Position allerdings ein Selbstvermarktungs- oder Führungsproblem. Viele neigen dazu, sich hauptsächlich über ihre fachlichen Qualifikationen zu positionieren. Konkrete Führungserfahrung fehlt oft.

Führungskompetenzen werden angesichts aktueller Entwicklungen, die sich auf das Berufsbild des Qualitätsmanagers auswirken, zunehmend wichtig. Die vor Kurzem revidierte Qualitätsmanagementnorm ISO 9001:2015 nimmt bereits richtungsweisende Änderungen an ihrem Regelwerk vor. Auch Industrie 4.0 wird Auswirkungen auf das Rollenverständnis und die Kompetenzfelder von Qualitätsmanagern haben.

Die Fabrik der Zukunft arbeitet weitestgehend automatisiert und selbstorganisiert. Qualitätsexperten werden mit cyber-physischen Systemen, 3D-Visualisierungen, Cloud-Technologien und riesigen Datenmengen arbeiten. Diese Veränderungen im Produktionsumfeld führen dazu, dass sich das Qualitätsmanagement und die Qualitätssicherung weiter ausdifferenzieren.
Qualitätssicherer werden noch stärker in die Entwicklung und Fertigung integriert. Sie brauchen umfassendes Know-how in den Bereichen Datenverarbeitung und Systemvernetzung und müssen in der Lage sein, die Parameter der autonomen Produktion aktiv zu gestalten. Der Aufgabenbereich der Qualitätsmanager hingegen wird weniger operativ geprägt sein. Vielmehr liegen der Erhalt und Ausbau der allgemeinen Qualitätsfähigkeit des Unternehmens in ihrem Aufgabenbereich. Organisationsentwicklung, interne Beratung und das Setzen von Impulsen machen dann einen Großteil ihres Aufgabengebietes aus. Neben entsprechendem Know-how im Prozess- und Change-Management werden Führungskompetenzen ein wichtiger Pfeiler ihrer beruflichen Laufbahn sein – unter anderem, um in der neuen Rolle als Berater und Impulsgeber ernst genommen zu werden und mit der Unternehmensführung einen Dialog auf Augenhöhe führen zu können.
Wer sich mit der ISO 9001:2015 beschäftigt, wird feststellen, dass die Forderung nach einem Qualitätsmanagementbeauftragten der obersten Leitung in der revidierten Version der Qualitätsmanagementnorm entfällt. Die Verantwortung sieht die Norm direkt bei der Unternehmensführung. Das heißt ja in vielen Unternehmen nun nicht, dass der Bedarf für einen Qualitätsmanager entfällt, weil sowohl dessen spezifische Kompetenzen als auch die bereitgestellte Ressource dringend gebraucht werden, um die Leitung zu unterstützen. Diese strategisch wichtige Entscheidung der Normenautoren, die dem Qualitätsmanagement letztlich mehr Bedeutung zumisst, hat für Qualitätsmanager also zur Folge, dass sie verstärkt in ihrer Funktion als Wissensträger und Berater mit der Unternehmensführung interagieren. Um diese Rolle auszufüllen, sind Führungskompetenzen unerlässlich.
Ein Aspekt, der eine Führungskraft traditionell auszeichnet, ist ihre Weisungsbefugnis. Ist diese offiziell gegeben, spricht man von formeller Führung. Allerdings gewinnt informelles Führen ohne direkte Weisungsbefugnis in unserer Gesellschaft an Bedeutung. Verantwortlich hierfür sind zunehmend schlanke Hierarchien und eine verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit.
Besonders für Qualitätsmanager spielt informelles Führen eine große Rolle. Sie müssen Mitarbeiter und andere Führungskräfte dazu animieren, Maßnahmen und Verhaltensänderungen – zum Teil auch ohne Weisungsbefugnis – durchzusetzen. Um ihren Führungsanspruch unter diesen Umständen geltend zu machen, sind ihr Verhalten und Auftreten ausschlaggebend. Wer unsicher auftritt, schwächt seine Position im Führungskreis.
Beliebte Führungsfehler
Ein Schlüssel für die Akzeptanz in der Führungsrolle ist es, diese für sich selbst anzunehmen und sich bewusst zu machen, dass der Führungsanspruch berechtigt ist. Gerade die Rolle der Qualitätsmanager und ihr Beitrag zur Wertschöpfung im Unternehmen werden von fachfremden Kollegen häufig angezweifelt und hinterfragt.
Um dem entgegenzuwirken, neigen Qualitätsexperten oft dazu, ihr Fachwissen auszuspielen – zum Beispiel durch den Einsatz des entsprechenden QM-Vokabulars. Darauf kommt es aber nicht an. Führungskräfte positionieren sich nicht nur über Fach-, sondern hauptsächlich über Führungsqualitäten. Wer lediglich auf sein Wissen baut und sich womöglich von der Führungsriege ab- und stärker seinen Mitarbeitern zuwendet, die die „gleiche Sprache sprechen“, riskiert, nicht als Führungspersönlichkeit wahrgenommen zu werden
Vielmehr führt diese Strategie oft zu einem Außenseiterdasein in der Führungsriege. Setzt der Qualitätsmanager dann auch noch hauptsächlich operative Tätigkeitsschwerpunkte, steht er, was seinen Führungsanspruch betrifft, vollends auf verlorenem Posten.
Entgegenwirken können Qualitätsmanager, indem sie offen auf andere Führungskräfte zugehen, sich nicht in operativer Arbeit vergraben und ihren Tätigkeitsschwerpunkt bewusst strategisch ausrichten. Die Ergebnisse dieser Strategiearbeit wiederum sollten sie selbstbewusst und in dem Wissen präsentieren, dass qualitätsrelevante Aspekte für die Zukunftsfähigkeit eines jeden Unternehmens unerlässlich sind.
Die gute Nachricht lautet: Führung kann man lernen. Die Fähigkeit, alltägliche Situationen zu reflektieren, vor allem aber die Selbstreflexion des eigenen Führungsverhaltens, ist ein Schlüsselfaktor auf dem Weg hin zu einer gestandenen Führungspersönlichkeit. Die Erklärungsmuster und Methoden, die sich aus dem beobachteten Verhalten ableiten lassen, sind erlernbar.
Um Qualitätsmanagern und anderen qualitätsaffinen Führungskräften auf diesem Weg zu unterstützen, bietet die Deutsche Gesellschaft für Qualität (DGQ) ein Weiterbildungsprogramm an, das konkret auf die Entwicklung und Stärkung der Führungskompetenzen einzahlt. Zur Trainingsreihe „QM-Executive“ gehört beispielsweise das Seminar „QM-Executive: Führung“. Dort lernen die Teilnehmer Führungsansätze und -techniken kennen und simulieren reale Führungssituationen. ■

Der Autor

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Benedikt Sommerhoff
Leiter DGQ Regional
Deutsche Gesellschaft für Qualität
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