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Compliance und eine rechtswirksame Organisation

Alles was Recht ist
Compliance und eine rechtswirksame Organisation

Sämtliche produkthaftungsrechtlichen, produktsicherheitsrechtlichen und alle sonstigen rechtlichen Vorgaben knüpfen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ausschließlich an den Vorstand einer Aktiengesellschaft bzw. den Geschäftsführer einer GmbH an. Diese sind für die Erledigung sämtlicher Geschäfte zuständig, die der Betrieb des Unternehmens der Gesellschaft mit sich bringt (Grundsatz der Allzuständigkeit).

Ausgehend von diesem Grundsatz hat jedes einzelne Mitglied einer Geschäftsleitung allein oder zusammen mit seinen Kollegen Sorge dafür zu tragen und auch der Gesellschaft dafür einzustehen, dass diese alle Verhaltenserwartungen erfüllt, die Recht und Gesetz in immer größerer Zahl statuieren, damit also das erreicht, was man inzwischen Corporate Compliance zu nennen pflegt.
Die Rechtsfolgen einer fehlerhaften oder fehlenden Corporate Compliance können in der Haftung der Gesellschaft geschädigten Dritten gegenüber, aber auch in einer Haftung der Geschäftsführer im Innenverhältnis zur Gesellschaft bestehen.
Zielsetzung einer jeden unternehmerischen Organisation ist demnach, einen möglichst großen Teil dieser allumfassenden Verantwortung an die jeweils fachlich und sachlich zuständigen Personen delegieren zu können. Klar ausgedrückt: Die Unternehmensleitung kann und soll nicht alles im Unternehmen selbst machen, sondern darf, sollte und muss Aufgaben delegieren.
Alle Arten der Delegation sind grundsätzlich zulässig und führen zu einer Entlastung des Organs sowohl gegenüber der Gesellschaft als auch gegenüber Dritter.
Allerdings ist die oben beschriebene Gesamtverantwortung, also die Verantwortung für die Erfüllung aller rechtlichen Pflichten im Unternehmen, nicht delegierbar. Nichtsdestotrotz darf diese Bewertung nicht dazu führen, dass eine wirksame Delegation insgesamt unterbleibt. Der zwingende Charakter der Gesamtverantwortung bedeutet nämlich nicht, dass einem Geschäftsführer das pflichtwidrige Verhalten seiner Mitarbeiter immer zuzurechnen wäre. Im Gegenteil ist zu betonen, dass eine Zurechung fremdem Verschuldens im Grundsatz nicht stattfindet. Die zivilrechtliche wie die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers kann nur an ein individuelles, persönliches Versäumen anknüpfen. Ein Geschäftsführer haftet deshalb auch im Falle der Delegation nur dann, wenn ihm ein eigenes pflichtwidriges Verhalten vorwerfbar ist. Was dem Geschäftsführer jedoch als persönliches Versäumnis vorgeworfen werden und demnach sein individuelles Verschulden begründen kann, ist eine mangelnde Auswahl der mit den delegierten Aufgaben betrauten Personen. Denn die unmittelbare Handlungspflicht des Geschäftsführers verwandelt sich bei der Delegation in die Pflicht, diejenigen angemessen zu beaufsichtigen, die statt seiner tätig werden. Delegation kann demnach für den Unternehmensleiter niemals bedeuten, dass er sich um die Vorgänge in dem Unternehmen nicht mehr zu kümmern bräuchte oder irgendeinen seiner Mitarbeiter, und sei er noch so zuverlässig und sachkundig, schalten und walten lassen könnte.
Delegation bedeutet im Kern, dass neben den Aufgaben auch die Kompetenzen und demnach die daraus resultierende Verantwortung an einen oder mehrere Mitarbeiter weitergegeben wird. Ein elementarerer und wichtiger Bestandteil hierbei ist die Kongruenz zwischen Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung. Die häufig anzutreffende Form der Delegation, bei der die Unternehmensleitung lediglich die Aufgaben weiter delegiert, aber die hierzu passende Verantwortung im Sinne einer letzten Entscheidung über das Ob oder die Art und Weise mit dem Umgang der jeweiligen Situation fehlen, ist hierzu nicht ausreichend. Demnach sind die Mitarbeiter kein kleines Abbild der Geschäftsführerverantwortung, sondern lediglich Umsetzer bestimmter Aufgaben, ohne jeweils einzeln und allein entscheiden zu können, wie mit diesen Aufgaben umgegangen werden soll. Offensichtlich kann hiermit keine das Verschulden der Geschäftsführung ausschließende Delegation wirksam vorgenommen werden. Es ist daher notwendig, die sich in den jeweiligen Aufgabenstellungen befindliche Zusammensetzung aus Verantwortung und Kompetenz zusammen zu übertragen.
Philipp Reusch Reusch Rechtsanwälte, Saarbrücken www.reuschlaw.de
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