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Dalli Dalli

Noch mehr Rechenleistung – wofür?
Dalli Dalli

Der Geschwindigkeitszuwachs von Bildverarbeitungssystemen übersteigt den Leistungsgewinn klassischer PC-Technik. Wesentlich langsamer dagegen wächst der Produktionstakt. Es stellt sich die Frage: „Wofür wird diese geballte Rechenpower benötigt?“ Die wichtigsten Gründe für das überdurchschnittliche Wachstum erläutern wir im nachfolgenden Artikel. Anhand verschiedener Beispiele wird gezeigt, wie der Leistungsgewinn nutzbringend in der Produktion eingesetzt werden kann.

Dipl.-Ing. (FH) Jochen Sander, Produktmanager für Bildverarbeitung, Panasonic Electric Works Deutschland GmbH, Holzkirchen

Leistung ohne Grenzen
Nach dem Mooreschen Gesetz verdoppelt sich die Rechenleistung alle 24 Monate (sh. http://de.wikipedia.org/wiki/Mooresche_Gesetz). Den enormen Leitungszuwachs bei gleichzeitigem Preisverfall kann man besser nachvollziehen, wenn man ihn auf die reale Welt bezieht. Ein Flug von Paris nach New York kostete 1978 ca. 900 Dollar und die Flugzeit betrug sieben Stunden. Würde das Mooresche Gesetz auch im Bereich des Flugverkehr gelten, würde ein Flug heute weniger als einen Cent kosten und nicht länger als eine Sekunde dauern (sh. www.intel.com/pressroom/kits/events/moores_law_40th).
Durch den immensen Entwicklungs- und Forschungsaufwand der Halbleiterindustrie ist dieses Gesetz nun seit vielen Jahren gültig, obwohl sein Ende oft vorhergesagt wurde. Umso erstaunlicher ist es, dass im Bereich der industriellen Bildverarbeitung dieses rasante Wachstum zeitweise sogar übertroffen wird.
Ursachen des Geschwindigkeitswachstums
Es ist verständlich, dass ein Zuwachs, der über dem der mächtigen PC-Industrie liegt, nicht allein auf die Steigerung der Prozessorleistung zurückzuführen ist. Die industrielle Bildverarbeitung konnte von mehreren Entwicklungen profitieren. Die wichtigsten zusätzlichen Faktoren sind:
a) Verbesserte Algorithmen
Auf verbesserte und neu entwickelte Auswertealgorithmen dürfte der größte Anteil des Wachstums zurückgehen. Die industrielle Bildverarbeitung profitiert dabei auch von der Forschung auf anderen Gebieten, wie z.B. der Sicherheitstechnik (z.B. biometrische Erkennungsverfahren) oder der Automobiltechnik (z.B. autonomes Fahren). Aber auch neue Verfahren tragen ihren Anteil bei. Ein klassisches Beispiel dafür ist der Konturvergleich, der sich in den letzten Jahren zu einer Standardmethode in der Bildverarbeitung entwickelt hat.
b) Spezielle Prozessoren
Typischerweise müssen Bildverarbeitungsverfahren aus einer großen Anzahl von Bildpunkten (Größenordung ca. 1 Mio. Pixel) nur sehr wenige prozessrelevante Merkmale (z.B. Bauteil vorhanden) extrahieren. Spezielle Prozessoren zur Bildvorverarbeitung übernehmen rechenintensive Aufgabe, wie z.B. Filterungen, und entlasten so den Hauptprozessor merklich.
c) Einführung neuer Kameratechnologien und -schnittstellen
Die Einführung neuer Kamera-Schnittstellen wie Cameralink, Firewire oder GigE beschleunigen die Bilderfassung, da sie größere Datenmengen schneller übertragen können als mit klassischer Analogtechnik. Nur so lassen sich hochauflösende Kameras sinnvoll an Bildverarbeitungssysteme anschließen.
Zusätzlich werden seit einiger Zeit in der industriellen Bildverarbeitung statt klassischen CCD-Kameras auch CMOS-Kameras verwendet. Diese Technologie ermöglicht das gezielte Auslesen bestimmter Bildbereiche, während bei der CCD-Technik stets ein ganzes Bild übertragen werden muss.
Wohin mit der Leistung?
Trotz großer Anstrengung ist die durchschnittliche Taktzeit in der Produktion bei Weitem nicht so stark gestiegen, wie es neue Bildverarbeitungstechniken erlauben. Es stellt sich daher die Frage, wie der Anwender von diesem Leistungsgewinn profitieren kann. Der offensichtlichste Vorteil ist, umfangreichere Prüfungen in der gleichen Zeit durchzuführen. Bei steigendem Automatisierungsgrad in der Produktion werden auch immer komplexere Kontrollen gefordert. Oft sind dazu mehrere Kameras gleichzeitig nötig.
Wesentlich größeren Nutzen bringt in der Praxis der Einsatz leistungsfähiger Verfahren. Der schon genannte Konturvergleich ist eine der aktuellsten Innovationen in der industriellen Bildverarbeitung. Durch die Auswertung der Form eines Objekts arbeitet der Konturvergleich praktisch unabhängig von dessen Beleuchtung und Oberflächenbeschaffenheit und ist so unempfindlich gegenüber Helligkeitsschwankungen. In der Folge reduzieren sich Kosten für Fremdlichtabschirmung. Da das Verfahren einfach per Teach-In konfigurierbar ist, sinkt auch der Einrichtaufwand – und das bei gleichzeitig erhöhter Erkennungssicherheit.
Anwendungsbeispiele
Die nachfolgenden Applikationen arbeiten alle mit dem neuen Bildverarbeitungssystem PV310 von Panasonic (Bild 1). Es ist ein geradezu klassisches Beispiel dafür wie die oben genannten Technologien mit verbesserten Softwarealgorithmen oder Spezialprozessoren, zum Vorteil des Anwenders verwendet werden. Durch deren konsequente Nutzung konnte teilweise eine Geschwindigkeitssteigerung um den Faktor 40 gegenüber dem Vorgängermodell erzielt werden. Selbstverständlich verfügt es über die neuesten Erkennungsverfahren wie z.B. Konturvergleich.
Seine hohe Rechenleistung nutzt das System aber auch für die Oberflächen- und Kantenausbruchkontrolle. Diese sind besonders rechenaufwändig, müssen hier doch meist kleinste Fehler auf großen Flächen erkannt werden. Ohne ausreichend Rechenpower lassen sich solche Kontrollen nicht in industrieüblichen Taktzeiten bewerkstelligen.
Beispiel: Oberflächenkontrolle
Ein namhafter Hersteller von Präzisionsventilen für die Autoindustrie muss gewährleisten, dass die metallischen Dichtflächen keinerlei Beschädigungen aufweisen. Die Ventilkomponenten haben einen Durchmesser von ca. 5 bis 10 mm. Dabei müssen Fehlstellen von weniger als 0,1 mm erkannt werden. Dabei soll nicht nur die Oberfläche auf 100%ige Fehlerfreiheit kontrolliert werden, sondern besonders auch die Randflächen am Umfang und um beide Bohrungen. Dies war bisher mit anderen Bildverarbeitungssystemen nicht sicher genug möglich, denn je nach Beschaffenheit des Randes schwankte die Größe des Prüfbereiches. Durch die automatische Größenanpassung seiner Prüffenster kann der PV310 jedoch darauf reagieren, wirklich randgenau prüfen und erkennt dabei selbst kleinste Fehlstellen (Bild 2).
Eine weitere Herausforderung war die kurze Taktzeit von nur 100 ms pro Teil. Dank der hohen Rechenleistung benötigt der PV310 jedoch nur 65 ms für diese Kontrolle. Dabei ist es sogar noch möglich, Fehlerbilder in Echtzeit abzuspeichern. Diese Analysemöglichkeit wird von der Produktion gerne genutzt, erlaubt sie doch Rückschlüsse auf Fehlerquellen in der Bearbeitung.
Beispiel: Kontrolle von Spritzgussteilen
Bei der Produktion von Kunststoffflaschen muss sichergestellt werden, dass der Halsbereich der Flaschen frei von Einschnürungen ist. Besonders hier kommt es aufgrund der Fertigungsverfahren leicht zu Schwimmhäuten. Da in den Maschinen des Kunden mehrere Flaschen gleichzeitig geblasen werden, war auch hier wieder eine schnelle Kontrolle gefordert.
Erschwerend war der schlechte Einblick durch die Öffnung in den Flaschenhals. Panasonic hat schon seit vielen Jahren eine eigene große Bildverarbeitungs-Applikationsabteilung, deren langjährige Erfahrung auch eine Lösung für dieses Problem erarbeitete. Eine spezielle koaxiale Beleuchtung und eine angepasste Optik sorgen für den erforderlichen Einblick. Trotz der geringen Kontraste werden die Abweichungen von der Sollform sicher erkannt und mit grünen Kreuzen markiert (Bild 3). Dafür benötigt das Prüfelement nur ca. 17 ms – Auswertezeiten, die bis vor Kurzen noch nicht möglich waren.
Fazit
Gesteigerte Rechenleistung kommt dem Anwender von Bildverarbeitungssystemen nicht nur in Form von drastisch verkürzten Auswertezeiten zu Gute. Oft wird sie genutzt, um komplexere Aufgaben zu lösen. Dazu werden leistungsfähige Verfahren (z.B. Konturvergleich oder Oberflächenkontrollen) benötigt, die nur bei ausreichender Systemleistung auf industrietaugliche Taktzeiten kommt. Da diese neuen Verfahren deutlich sicherer arbeiten als bisherige Auswertemethoden, sinken dadurch auch die Kosten für Einrichtung und Betreuung der Bildverarbeitungssysteme.
Panasonic Electric Works Deutschland GmbH, Holzkirchen
QE 519
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