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Die Grenzen des Regresses

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Die Grenzen des Regresses

Erwirbt man eine zum Einbau bestimmte Sache, stellt sich bei einem Mangel die Frage nach den Kosten der Nacherfüllung. Gesetzlich hat der Käufer die Wahl zwischen der Beseitigung des Mangels oder der Lieferung einer mangelfreien Sache.

Nach der „Parkettstäbe-Entscheidung“ des Europäischen Gerichtshofes ist auch der Bundesgerichtshof (BGH) dazu übergangen, die gesetzlichen Anforderungen besonders verbraucherfreundlich auszulegen. Die Lieferung einer mangelfreien Sache umfasst nun auch den Ausbau und den Abtransport der mangelhaften Kaufsache wie auch den Einbau der als Ersatz gelieferten Sache.

Diese Rechtsprechung des BGH bezieht sich ausdrücklich auf den Verbrauchsgüterkauf. Im Jahr 2014 hat der BGH diesen Fall auch für die Beziehung zwischen zwei Unternehmern entschieden. Die von der Klägerin – einer Tischlerei – bei der Beklagten bestellten Fenster-Profilleisten waren mangelhaft beschichtet. Die Beklagte hatte die Fenster bei einem dritten Unternehmen bearbeiten lassen, deren Ausführung letztlich mangelhaft war. Die Klägerin hatte die Fenster bei ihrem Kunden, einem Verbraucher, eingebaut und nach Beanstandung ersetzt. Die angefallenen Mehrkosten verlangte sie nunmehr von der Beklagten.
Es lag also ein Rückgriffsfall vor, an dessen Ende ein Verbraucher stand. Das Gesetz sieht im Falle eines Verbrauchsgüterkaufs einen Regress zwischen Unternehmern vor.
Vorliegend war der Fall allerdings anders gelagert. Die Klägerin hatte die erworbenen Kaufsachen nicht an einen Verbraucher weiterverkauft, sondern die mangelhaften Profilleisten zur Herstellung von Aluminium-Holz-Fenstern verwendet und diese dann an ihre Kunden geliefert und eingebaut.
Diese Art der Leistung war hier als Werkvertrag einzustufen. Angesichts der Erfolgsbezogenheit des Werkvertrags gibt es keinerlei Einschränkungen, was die Pflicht des Werkunternehmers zum Aus- und Neueinbau beziehungsweise die Kosten dessen betrifft. Dies gilt unabhängig davon, ob der Besteller Verbraucher ist oder nicht. So kam ein Unternehmerregress nicht in Betracht und die Klägerin musste die Mehrkosten für erneuten Ein- und Ausbau tragen, obwohl sie die Mangelhaftigkeit der Profilleisten nicht zu verantworten hatte.
Sie versuchte Rückgriff bei der Beklagten zu nehmen. Diese sah sich aber als reine Händlerin aufgrund der verschuldensabhängigen Haftung im Kaufvertragsrecht und der Rechtsprechung der vergangenen Jahre hierzu nicht verpflichtet. Das bestätigte im Ergebnis auch der BGH.
Ein Unternehmer in einer vergleichbaren Situation wird versuchen, diese unbefriedigende gesetzliche Haftungssituation vertraglich zu lösen. Das wird er mit regelmäßig wiederkehrenden Klauslen versuchen, nach denen der Lieferant für seine eigenen Zulieferer haften soll.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist eine verschuldensunabhängige Zurechnung durch einen Passus in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) allerdings nicht möglich. Diese Abweichung vom gesetzlichen Leitbild würde nach Auffassung des BGH eine unangemessene Benachteiligung für den Vertragspartner darstellen und wäre folglich unwirksam, jedenfalls wenn das Verbrauchergeschäft keinen Verbrauchsgüterkauf darstellt.
Es verbleibt also nur die Möglichkeit, eine solche verschuldensunabhängige Haftung von Unternehmer zu Unternehmer individuell zu vereinbaren und somit auch Schadenersatzpositionen wie Nacherfüllungskosten abzuwälzen. Diese Option hat der BGH ausdrücklich als zulässig erachtet. Individualabreden gehen den AGB vor. Sie müssen aber ausdrücklich zur Disposition gestellt werden und von den Parteien verhandelt werden. Dies ist Voraussetzung für die Wirksamkeit einer solchen Abrede. ■

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Regelmäßige Beiträge
zu rechtlichen Themen liefert Reusch Rechts-anwälte,
Der Autor:
Philipp Reusch
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