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Die neue Maschinenrichtlinie – Rechtsprobleme bei verzögerten Auslieferungen

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Die neue Maschinenrichtlinie – Rechtsprobleme bei verzögerten Auslieferungen

Ende des Jahres ist es so weit. Die Umsetzungsfrist der neuen EG-Maschinenrichtlinie läuft aus. Wer absehen kann, dass eine Maschine erst verzögert danach ausgeliefert wird, muss die Sicherheitsvorschriften der neuen Richtlinie einhalten.

1. Einleitung
Zum 29. Dezember 2009 läuft die Umsetzungsfrist der neuen EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG aus. Ab diesem Stichtag gelten ausschließlich die Sicherheitsvorschriften der neuen Richtlinie. Die Zeit zur Umstellung aller Vertragsdokumente, Prozesse und Dokumentationen wird also langsam knapp. Probleme können sich dadurch ergeben, dass eine Maschinenlieferung, die eigentlich vor dem Stichtag erfolgen sollte, nunmehr in das nächste Jahr und damit in den Geltungsbereich der neuen Richtlinie verschoben wird. Hieraus ergeben sich einige rechtliche Konsequenzen.

2. Maßgeblicher Zeitpunkt: Inverkehrbringen
Zunächst ist zu klären, welches Ereignis darüber entscheidet, ob die alte oder die neue Maschinenrichtlinie anzuwenden ist. Entscheidend ist nicht etwa das Datum des Kaufvertragsabschlusses, sondern der Zeitpunkt des sogenannten Inverkehrbringens. Wann dieser vorliegt, ist nicht immer einfach zu bestimmen. Das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) definiert das Inverkehrbringen in § 2 Abs. 8 GPSG mit jedem Überlassen eines Produktes an einen anderen. Ein Überlassen in diesem Sinne liegt vor, wenn die tatsächliche Verfügungsgewalt auf einen anderen übergeht, also etwa bei jeder Übergabe des Produktes in Vollzug eines Kaufvertrages, aber auch bei einer Überlassung eines Produktes im Rahmen einer Vermietung oder eines Leasings. Kein Inverkehrbringen ist dagegen anzunehmen, wenn das Produkt vom Betriebsgelände des Herstellers gestohlen wird oder das Produkt unter Aufsicht des Herstellers lediglich vorgeführt wird.
Besondere Probleme treten bei der Lieferung komplexer Maschinen auf, die erst beim Kunden endmontiert werden. Hier wird man das Inverkehrbringen nicht schon bei der Lieferung der Einzelteile, sondern erst bei Überlassen der montierten Maschine, also in der Regel mit der Abnahme der Maschine, annehmen müssen. Wird ein Probebetrieb durchgeführt, ist zu unterscheiden: Bedienen der Hersteller oder seine Angestellten selbst die Maschine zur Probe, ist die Maschine noch nicht in Verkehr gebracht. Anders ist dies, wenn der zukünftige Inhaber oder einer seiner Mitarbeiter die Anlage zur Probe betreibt. Dann liegt ein Inverkehrbringen vor. Der Grund liegt darin, dass ab diesem Zeitpunkt eine Gefahr für den Anwender bei nicht den Sicherheitsanforderungen entsprechenden Maschinen in greifbare Nähe gerückt ist.
3. Konsequenzen
Wird eine Maschine wegen Verzögerungen bei der Auslieferung oder bei der Montage nicht mehr vor dem 29. Dezember 2009 in Verkehr gebracht, hat dies zur Konsequenz, dass alle Anforderungen der neuen Maschinenrichtlinie eingehalten werden müssen. Werden sie nicht erfüllt, drohen neben behördlichen auch produkthaftungsrechtliche Konsequenzen und sogar Sanktionen aus Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht.
Die Änderungen zwischen alter und neuer Maschinenrichtlinie sind zum Teil gravierend. Bei der Konstruktion ihrer Maschinen müssen die Hersteller ab Dezember nicht nur den bestimmungsgemäßen Gebrauch, sondern auch den vorhersehbaren Fehlgebrauch ihrer Produkte beachten. Dies kann zu Problemen führen, da Fehlanwendungen nur schwer prognostizierbar sind. Neu ist auch, dass den Produkten eine Originalbetriebsanleitung beiliegen muss, abgefasst in der Sprache des Bestimmungslandes. Insbesondere aber für Hersteller von Teilmaschinen ergeben sich schwerwiegende Änderungen: Während unter Geltung der bisherigen Fassung nur eine Herstellererklärung beizufügen war, mit der auf die Unvollständigkeit der Maschine hingewiesen wurde, muss nach der neuen Fassung eine Einbauerklärung abgegeben werden. Sie enthält Auskünfte über die bei der Herstellung der Teilmaschinen eingehaltenen Sicherheitsanforderungen und über die angewandten CE-Richtlinien.
4. Fazit
Wer absehen kann, dass seine Produkte erst im nächsten Jahr in Verkehr gebracht werden, sollte schnellstmöglich überprüfen, ob sie unter die Maschinenrichtlinie fallen und ob die Anforderungen der neuen Richtlinie eingehalten werden. Ansonsten müssen geeignete Maßnahmen veranlasst werden, um die Einhaltung der neuen Vorschriften sicherzustellen. Dass eine Umstellung unter Umständen mit hohen Kosten verbunden ist, darf nicht von ihr abhalten. Eine Lieferung an den rechtlichen Vorschriften vorbei führt zu zivilrechtlichen, strafrechtlichen und behördlichen Konsequenzen, die noch höhere Kosten verursachen können.
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