Produkt- und Markenpiraterie wird häufig als harmloses Kavaliersdelikt abgetan. Dabei sprechen die Zahlen für sich. Allein 2016 haben die EU-Zollbehörden laut EU-Kommission mehr als 41 Millionen rechtsverletzende Produkte im Wert von 670 Millionen Euro an den EU-Außengrenzen beschlagnahmt – und das ist nur die Spitze des Eisbergs. China ist zwar einerseits Herkunftsland Nr. 1 für Fälschungen, gleichzeitig entwickeln sich aber immer mehr chinesische Firmen von der verlängerten Werkbank des Westens hin zu ernsthaften Mitbewerbern auf den Weltmärkten.
Hinzu kommt: In Auftrag gegeben beziehungsweise vertrieben werden die Nachahmungen häufig in Industrieländern. Oftmals von ideenarmen Mitbewerbern oder aber ehemaligen Produktions- beziehungsweis Vertriebspartnern. Für eine bestmögliche Abwehr von Produkt- und Markenpiraterie rät die Aktion Plagiarius Firmen auf eine ganzheitliche Strategie aus juristischen, organisatorischen und technischen Maßnahmen zu setzen.
Nachgemachte Waren sind mittlerweile in allen Preis- und Qualitätsabstufungen erhältlich, von gefährlichen Billigfälschungen bis hin zu qualitativ hochwertigen Plagiaten, die dann aber kaum günstiger als das Originalprodukt sind. Die Ausprägungen reichen von verunreinigten Parfums und Kosmetika, minderwertiger Unterhaltungselektronik und gepanschten Lebensmitteln über nachgemachte Schneid- und Haushaltwaren, Sanitärprodukte, Kinderspielzeug, Werkzeuge bis hin zu unsicheren Motorsägen und Autofelgen oder gar falsch dosierten Medikamenten und nicht funktionierenden medizintechnischen Produkten wie zum Beispiel Notfallbeatmungsgeräten.
Der vom Designer Professor Rido Busse ins Leben gerufene Negativ-Preis Plagiarius wurde wurde in diesem Jahr bereits zum 42. Mal verliehen. Bereits seit 1977 vergibt die Aktion Plagiarius e.V. den gefürchteten Schmäh-Preis an Hersteller und Händler besonders dreister Plagiate und Fälschungen. Ziel des Vereins ist einerseits, Industrie, Politik und Verbraucher für die Problematik zu sensibilisieren und die skrupellosen Geschäftspraktiken von Produkt- und Markenpiraten ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.
Gleichzeitig soll die Wahrnehmung für Bedeutung und Wirksamkeit von gewerblichen Schutzrechten gesteigert sowie die Wertschätzung kreativer Leistungen erhöht werden. Der Aktion Plagiarius ist es ein Anliegen, Unternehmern wie Privatleuten die Einzigartigkeit eines Originals vor Augen zu führen. Und sie will verdeutlichen, dass die Entwicklung eines Produkts von der ersten Idee bis zur Marktreife viel Zeit, Geld und Innovationskraft kostet.
Dafür steht auch die Trophäe des Negativ-Preises: Ein schwarzer Zwerg mit goldener Nase – Symbol für die immensen Gewinne, die ideenlose Nachahmer sprichwörtlich auf Kosten der Kreativen und der Industrie erwirtschaften. Die Auszeichnung mit dem Plagiarius sagt nichts darüber aus, ob ein nachgemachtes Produkt im juristischen Sinne erlaubt oder rechtswidrig ist. Bevor die Jury die Preisträger wählt, werden die Plagiatoren über ihre Nominierung informiert und erhalten die Möglichkeit zur Stellungnahme. Neben fallbezogenen Informationen fließen diese Reaktionen mit in die Bewertung ein. Der Jury geht es keinesfalls darum, legale Wettbewerbsprodukte, die sich durch optische und technische Eigenständigkeit auszeichnen, zu brandmarken.
Intention ist vielmehr, plumpe Nachahmungen, die dem Originalprodukt absichtlich zum Verwechseln ähnlich sehen und die keinerlei kreative oder konstruktive Eigenleistung aufweisen, in den Fokus zu rücken. Aus Angst vor der Prämierung mit dem Negativ-Preis haben bereits zahlreiche Nachahmer eine Einigung mit dem Originalhersteller gesucht und unter anderem Restbestände der Plagiate vom Markt genommen, Unterlassungserklärungen unterschrieben oder Lieferanten preisgegeben. ■