Startseite » Allgemein »

Erfolgsrezept

Schlankes Management und engagierte Mitarbeiter
Erfolgsrezept

Gute Führung kann einen von Schließung bedrohten Standort retten und wettbewerbsfähig machen. MARS in Minden hat es mit einem Total Productive Management (TPM) geschafft. Besonders in schwierigen Zeiten bekommt die Führungsriege eines Unternehmens die Chance, ihr Können unter Beweis zu stellen.

Etwa dann, wenn ein gesamter Produktionsstandort mit 130 Mitarbeitern auf der Kippe steht. Das war vor sechs Jahren beim Trockentierfutter-Werk von MARS in Minden der Fall. Als Teil des MARS-Netzwerks von Trockenfutterherstellern, in dem die Standorte anhand von Benchmarks miteinander verglichen werden, konnte das Werk in Minden mit der internen Konkurrenz nicht mehr mithalten. Die MARS-Schwesterfabriken in Polen und Ungarn konnten bei vergleichbarer Qualität billiger produzieren als das ostwestfälische Werk.

„Die Produktion muss wieder konkurrenzfähig werden, die Herstellungskosten müssen bei gleichem Qualitäts- und Servicelevel um 30 bis 40 Prozent gesenkt werden“, lautete daher die unerfüllbar scheinende Forderung der MARS-Konzernspitze. Mit einem harten Turn around und der Einführung eines Total Productive Managements (TPM) konnte eine neu eingesetzte Führungsriege das Werk dennoch retten Heute werden in Minden knapp 100.000 Tonnen Trockentiernahrung hergestellt. Das sind rund 45 Prozent der Tiernahrung, die MARS in Deutschland verkauft. Der Qualitätsgrad der Ware, die sofort nach der Herstellung auslieferbereit ist, konnte von 2003 bis 2006 von 98,5 Prozent auf 99,5 Prozent gesteigert werden. Die Lieferzuverlässigkeit den Kunden gegenüber wurde von 98 Prozent auf 99,5 Prozent gesteigert, obwohl zeitgleich die Fertigwarenbestände um 35 Prozent gesenkt wurden. Die Herstellungskosten sanken um 40 Prozent.
Um die Vorgaben der Konzernspitze zu erfüllen und damit den Standort Minden zu erhalten, arbeitete die Werksleitung gemeinsam mit Betriebrat und Mitarbeitern Regelungen zum sozial verträglichen Personalabbau aus, so dass die Zahl der Belegschaft von 130 auf 77 schrumpfte. Abgebaut wurde dabei auch die ehemalige Führungsriege sowie die komplette Hierarchieebene, die zwischen den Fabrikmitarbeitern und dem Management angesiedelt war. Auch die Mitarbeiter, die in Minden verblieben, brachten Opfer: Gehaltsverzicht, neue Tarifeinstufungen, Streichung von Urlaubstagen. Zudem wurde ein neues flexibles Schichtsystem eingeführt.
Oberste Priorität hatte aber die Restrukturierung des Standorts unter dem Motto „Simplify“. Ziel war es, die Investitionen so einzusetzen, dass den Kunden mit den Markenprodukten mehr value for money geboten werden konnte. Leitend war dabei die Erkenntnis, dass der Tierfutter-Markt einer Sanduhr ähnelt: Vor allem bei den Premium- und bei den Economy-Produkten steigen die Umsätze, während sie in den mittleren Preisklassen stagnieren. Als Reaktion auf diese Premiumisierung begann das Mindener Werk mit der Produktion der neuen Katzenfutter-Premiummarke Perfect fit. Die Verbesserungspotenziale vor allem in der Kostenstruktur wurden mithilfe der unabhängigen Zertifizierungsgesellschaft Det Norske Veritas (DNV) herausgearbeitet, die das Werk regelmäßig nach ISO 9001 und HACCP zertifiziert. Als Basis des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP)– ein wichtiger Teil jedes Lean Managements – wurde das Total Productive Management (TPM) eingeführt. Dabei bot das Audit von DNV die Möglichkeit, Prozesse und Ergebnisse mit dem Blick eines Außenstehenden zu betrachten und die Potenziale auf diese Weise genauer zu identifizieren und zu analysieren.
Besondere Bedeutung in diesem Verbesserungsprozess haben die Mitarbeiter. Die Werksleitung legt Wert darauf, dass die Mitarbeiter die Unternehmensstrategie verstehen, engagiert mit der Werksleitung für die Ziele arbeiten und jeden Tag gerne zur Arbeit kommen. Um die Mitarbeiterzufriedenheit zu überprüfen, macht das weltweit größte Umfrageunternehmen, das Gallupinstitut, jedes Jahr am Standort Minden Zufriedenheitsbefragungen – mit hervorragenden Ergebnissen: Regelmäßig geben die Mitarbeiter ihrem Arbeitsplatz die Bestnote. Nun hat sich die Führung das ehrgeizige Ziel gesteckt, zu den in punkto Mitarbeiterzufriedenheit besten 20 Prozent der Unternehmen weltweit zu zählen.
Das Erfolgsrezept ist ein ehrlicher, offener und direkter Umgang mit den Mitarbeitern. Die gute Kommunikation und Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat, das Vertrauen der Mitarbeiter in den Standort und in die Führungsmannschaft wird erfolgsentscheidend betrachtet. Das amerikanische Unternehmen pflegt einen für deutsche Verhältnisse eher lockeren Umgang, der von vielen Mitarbeitern als beinahe familiär empfunden wird. Dafür sorgen unter anderem offene Büros, der Verzicht auf Sekretärinnen und die Anrede aller Mitarbeiter mit dem Vornamen. Flache Hierarchien und die überschaubare Größe der Fabrik tun ein Übriges.
Doch auch hier sieht das Management noch Verbesserungspotenzial. Daher ist die Mitarbeitermotivation ein weiterer wichtiger Aspekt des TPM-Konzepts am Standort Minden. Das frühere betriebliche Vorschlagwesen war verkrustet und wurde durch ein modernes Ideenmanagement ersetzt, das schnell und unbürokratisch funktioniert: Wird die Idee eines Mitarbeiters umgesetzt, bekommt er bis zu zehn Prozent der Einsparungsmaßnahme ausbezahlt und sammelt darüber hinaus Punkte für den TPM-Teambonus. Bei entsprechender Punktzahl erhält der Ideenbringer Freikarten für einen Musicalbesuch oder eine Einladung zum Abendessen mit seiner Familie und seinem Team. Pro Mitarbeiter werden jährlich etwa fünf Vorschläge umgesetzt. Die Einsparungen daraus liegen weit im sechsstelligen Bereich.
Ein weiterer wichtiger Baustein des neuen Total Productive Managements lautet: mehr Eigenverantwortung für die Mitarbeiter in der Produktion. Lediglich vier Führungskräfte betreuen und kontrollieren die Mitarbeiter aus der Produktion. Sie haben nur ein kleines Team von jeweils zehn bis zwölf Mitarbeitern unter sich, so dass genug Zeit für intensive Gespräche bleibt. Diese Linienvorgesetzten verbringen 80 bis 90 Prozent ihrer Zeit direkt in der Produktion und werden dafür von den meisten administrativen Arbeiten befreit, um eine Führung zu gewährleisten, die nicht nur vom Büro aus stattfindet. Darüber hinaus hat die Unternehmensleitung eine kontinuierliche Ursachenanalyse aller auftretenden Fehler in die alltäglichen Abläufe integriert. Dazu wurde das Mars-Operation-System eingeführt, das an allen MARS-Standorten eingesetzt wird und an das Toyota Production System erinnert. Alle Probleme werden am Ende jeder Schicht bei einer Nachbesprechung mit den Mitarbeitern von Produktion, Technik und Führung diskutiert und priorisiert. Die beiden Hauptprobleme werden zu Topthemen. Jeden morgen bespricht die Führungsriege die drei bis sechs Topthemen der vergangenen 24 Stunden und setzt den Problemlösungszyklus in Gang: Zunächst wird eine Problembeschreibung erstellt, mit der die Mannschaft der Tagschicht, die in der Regel über mehr Zeit verfügt, die Ursachen erforscht und analysiert. Auch auf diese Weise wurde das Werk zunehmend produktiver.
Der Erfolg gibt dem neuen Management Recht. Der MARS-Standort in Minden schreibt mittlerweile wieder kontinuierlich gute Zahlen, die Kennziffern in Bezug auf Qualität, Liefersicherheit, value for money und Mitarbeiterengagement und –zufriedenheit sind beachtlich. Die Managementtools greifen gut ineinander, sind nicht zu kompliziert und liefern die gewünschten Ergebnisse: Das Werk in Minden bekam 2005 den größten Anteil des Produktionsvolumens zurück, das zwischenzeitlich in der MARS-Fabrik in Ungarn hergestellt wurde. Außerdem produziert das Werk das neue Trockenhundefutter Pedigree Superior Dry und – als einziger MARS-Standort – das neue Premium-Produkt für Katzen Perfect Fit.
DNV Zertifizierung und Umweltgutachter, Essen
QE 503
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Quality Engineering
Titelbild QUALITY ENGINEERING Control Express 1
Ausgabe
Control Express 1.2024
LESEN
ABO
Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper zum Thema QS


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de