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Externe Prozesskette

Methodische Betreuung von Lieferanten
Externe Prozesskette

In fast allen Bereichen von Industrie und Wirtschaft wird auf Lieferanten zurückgegriffen. Das Wissen über den Informationsgrad und die Zuverlässigkeit der Lieferanten ist grundsätzlich von größter Bedeutung für das Gelingen partnerschaftlicher Zusammenarbeit. Durch geschickte Lieferantenbetreuung kann diese Zusammenarbeit zu einem Optimum geführt werden. Am Beispiel der Automobilzulieferindustrie soll die Methode der Lieferantenbetreuung verdeutlicht werden.

Dr.-Ing. Markus Klaubert Leiter Qualitätsmanagement des Entwicklungsbereiches für Fahrzeugstrukturen der Firma Benteler Automobiltechnik

Dort wird in vielen Bereichen auf Unterlieferanten zurückgegriffen. Diese Unterlieferanten sind oft auf die Fertigung, oder auch die Entwicklung von Teilumfängen (wie z.B. Blechpressteile) spezialisiert. Der nachfolgende, zum Automobilhersteller direkt liefernde Produktionsbetrieb des Automobilzulieferers ist seinerseits auf weiterverarbeitende Produktionsprozesse (z.B. Schweißen, Lackieren, Montage) spezialisiert. So kennt der Automobilzulieferer zum einen die Anforderungen an die Produkte des Unterlieferanten die aus dem eigenen Weiterverarbeitungsprozess resultieren; zum anderen kennt er die Anforderungen des Automobilherstellers, welche auf den Unterlieferanten heruntergebrochen werden müssen. Prinzipiell lassen sich diese Anforderungen in drei Gruppen unterteilen:
  • Terminliche Forderungen: Fertigstellung bestimmter Projektteilschritte
  • Technische Anforderungen: Bauteilfunktionen, Materialeigenschaften, dimensionelle Anforderungen u.v.m.
  • Ökonomische und logistische Anforderungen: Preise, Liefermengen, Lieferleistung, Notfallstrategien
Abweichungen von terminlichen, technischen oder ökonomischen Forderungen haben meist gravierende Konsequenzen für das Gesamtprojekt (Fahrzeug) beim Kunden (Automobilhersteller). Besonderes Augenmerk muss deshalb auf die Planungsphase gerichtet werden, um diese Probleme bereits im Vorfeld zu vermeiden. Korrekturmaßnahmen werden zeitlich in Maßnahmen während der Planungsphase oder Maßnahmen während der Produktionsphase aufgeteilt. Alle Maßnahmen, die während der Planungsphase eingeführt und umgesetzt werden, haben bezüglich der späteren Produktqualität durchaus präventiven Charakter. Korrekturmaßnahmen während der laufenden Serienproduktion haben grundsätzlich reaktiven Charakter und sind wesentlich kostenintensiver als rechtzeitige Präventivmaßnahmen innerhalb der Planungs- und Projektierungsphase. In ungünstigen Fällen können unerfüllte Anforderungen zu kostspieligen Produktionsstillständen beim Automobilhersteller oder gar zu Rückrufaktion führen. Oftmals werden solche Problemsituationen durch Unterlieferantenverursacht, die nicht alle terminlichen, technischen, ökonomischen und logistischen Anforderungen erfüllen. Nachlässigkeit von Unterlieferanten ist in den seltensten Fällen die Ursache nicht erfüllter Anforderungen. Die häufigsten Ursachen vielmehr sind unvollständiger Informationsfluss oder missverstandene Information. Mit Hilfe einer gezielten Lieferantenbetreuung soll hier vorgebeugt werden.
Umsetzung und Lösung
Wünschenswert ist ein systematisches Werkzeug, das universell zur Lieferantenbetreuung eingesetzt werden kann. Dazu soll, wie im Qualitäts- und Projektmanagementbereich üblich, ein überwachendes System nach Regelkreis-Prinzip eingesetzt werden. Damit kann die Einhaltung der Vorgaben überwacht werden, und gegebenenfalls können korrigierende Maßnahmen eingeleitet werden. Der Vergleich mit einem technischen Regelkreis ist hier durchaus zweckmäßig und soll in diesem Zusammenhang als Regelkreis zur Qualitäts- und Projektverfolgung eingeführt werden.
Zum Zweck dieser Zusammenarbeit werden die Vorgaben (Termine, Technik, Kosten, Logistik) projektspezifisch aufgestellt und erfasst. Abgeglichen werden diese Projektforderungen mit den Unterlieferanten durch persönliche Gespräche, welche dokumentiert werden. Hier hat sich ein Besprechungsprotokoll bewährt, das durch eine Checkliste geführt ist. Gemeinsam werden im Gespräch die Fragen der Checklisten bewertet. Abgeschlossen wird das Besprechungsprotokoll durch einen terminierten Maßnahmenplan, der den Regelkreis schließt.
Durch die Unterschriften des Lieferanten und des Kunden wird das Besprechungsprotokoll gültig. Dieses Verfahren kann als Qualitätsvorausplanung Lieferant (QVP Lieferant) bezeichnet werden. Initiiert wird die QVP Lieferant kurz nach der Beauftragung des Lieferanten. Wiederholt werden diese Qualitätsvorausplanungen mit dem Lieferanten bei Änderung der Vorgaben, wenn zum Beispiel neue Designstände beauftragt wurden, oder vor Fertigstellung wichtiger Projektschritte wie Erstbemusterung und Ermittlung der Leistungsfähigkeit der Produktionsanlagen. Derzeit angewendet wird die Methode auf Lieferanten von Pressteilen, welche nachfolgend beim Automobilzulieferer zu komplexeren Bauteilen zusammengeschweißt werden. Die folgenden Checklistenpunkte sind speziell auf dieses Kunden- und Lieferantenverhältnis angepasst. Jedoch durch geringe Modifikationen kann das auf andere Lieferantenbereiche wie z.B. Kunststoff, Gummi, Normteile oder auch elektronische Bauteile adaptiert werden. Die Inhalte der Checkliste sind:
Allgemeine Punkte
  • Projektbezeichnung und Automobilhersteller
  • Teilebezeichnung incl. Zeichnungsnummer mit Index (Stand)
  • Einstufungen und Zertifizierungen des Lieferanten
  • Beauftragung und Verträge
Vorausplanung
  • Terminplanung incl. Fortschrittsüberwachung
  • Herstellbarkeitsbewertung bzw. Produktion vergleichbarer Teile
  • System-FMEA Design (nur bei Entwicklungsverantwortung)
  • Produktvalidierungsplan (nur bei Entwicklungsverantwortung)
  • Prozessablaufplan
  • Produktionslayout
  • System-FMEA Prozess
  • Produktionslenkungsplan bzw. Kontrollplan
  • Festlegung kritischer und wichtiger Merkmale
  • Festlegung der Prüf-, Mess- und Lehrenkonzepte
  • Materialprüfung bzw. Festlegung der Prüfzeugnisse nach DIN EN 10 204
  • Nachweis der Prozessfähigkeit
  • Überwachung wichtiger Prozessparameter
  • Notfallpläne für Transport-, Werkzeug- und Maschinenschäden
Prozessbeurteilung
  • Werkzeugstatus mit Fortschrittsüberwachung
  • Fertigungsverfahren und Methodenpläne
  • Prüftechnik
  • Konservierung und Verpackung
  • Lieferart (JIS oder JIT)
Wichtige Projekttermine
  • Liefertermin für Prototypen
  • Liefertermin für Spezialmuster aus teilweise fertig gestellten Serienwerkzeugen
  • Erstmuster- bzw. Serienfreigabe
  • Ermittlung der Produktionsleistung
  • Termin für den Produktionsstart
Ergebnis
Eine gemeinsame Projektabwicklung zwischen Lieferant und Kunde wird durch eine systematische Betreuung des Lieferanten grundsätzlich vereinfacht. Für beide Partner ergeben sich hier positive Aspekte, was dazu führt, dass das oben beschriebene Verfahren beiderseits akzeptiert ist. Hier werden dem Lieferanten im Rahmen der Betreuung noch fehlende Unterlagen zur Verfügung gestellt. So kann der Lieferant diese bestehenden Forderungen noch rechtzeitig in seinen Prozess einplanen. Unklare Methoden oder Verfahren können zusätzlich und rechtzeitig klargestellt werden. Durch gemeinsame Erarbeitung z.B. der Prozess-FMEA können noch offene bzw. fehlende Punkte ergänzt werden, was insgesamt zu einer höheren Produktsicherheit führt. Wichtige und kritische Merkmale werden gemeinsamerarbeitet und festgelegt; der Umgang mit diesen Merkmalen wird vereinbart. Das sind die Anwendungen von 100%-Prüfungen, Absicherungen der Prozessfähigkeit, Dokumentationen und ggf. Archivierungszeiträume. Insgesamt ist zu vermerken, dass das Lieferantenverhältnis wesentlich einschätzbarer geworden ist. Und genau auf diesen Punkt legt der Automobilhersteller besonderen Wert: Nämlich sicher zu stellen, dass in der gesamten Lieferkette jedes Glied die notwendigen Anforderungen erfüllt. Das vorgestellte Verfahren der Lieferantenbetreuung ist seitens diverser Automobilhersteller akzeptiert und sehr positiv bewertet worden.
QE 532
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