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Farbtreu

Farbmessung an Effektoberflächen im Automobilbereich
Farbtreu

Farbmessung als Teil eines Qualitätssicherungskonzeptes ist ein komplexes Thema. Farbkonstanz ist heute ein wichtiger Bestandteil im Rahmen der Produktqualität. Farbabweichungen können teuer werden. Eine Reklamation kostet in der Regel mehr als ein komplettes Farbmeßsystem. Im Zeitalter von Qualitätsmanagementsystemen und Zertifizierung nach DIN/ISO 9000 kann es sich ein Unternehmen kaum noch leisten Farbe nicht zu kontrollieren. Das bloße Auge reicht da oft nicht aus. Zulieferer kommen oft aus ganz Europa und Kommunikation wird durch sprachliche Barrieren erschwert. Genormte Farbwerte sind in jeder Sprache gleich. Am Beispiel eines Automobilherstellers wird in diesem Beitrag gezeigt wie der Anwender auch bei Effektfarben bei richtigem Vorgehen Farbwerte klar kommunizieren kann.

Dipl.-Ing. (FH) Uwe Schröder, X-Rite GmbH, Köln

Das Thema Farbabweichung ist nicht neu in dieser Branche. Das Problem der farblichen Lackierung wird aber immer mehr verschärft durch den Wegfall von Zier- und Übergangsleisten. Farbtoleranzen werden immer enger und es reicht nicht mehr aus, erst zu reagieren, wenn das Fahrzeug fertig ist. Die akzeptierbaren Toleranzen für Farbdifferenzen werden schnell überschritten, wenn man bedenkt welche Einzelproblemstellungen in einem gesamten Fahrzeug zusammentreffen. Die einzelnen Teile werden
  • 1. mit verschiedenen Lacktechnologien
  • 2. von verschiedenen Lieferanten
  • 3. zu verschiedenen Zeiten
  • 4. an verschiedenen Orten
  • 5. auf verschiedenen Substraten und Aufbauten
  • 6. mit verschiedenen Prozessen
in gleicher Farbe lackiert. Wenn man weiß, dass schon einer dieser Erschwernispunkte zu inakzeptablen Ergebnissen führen kann (und auch immer wieder führt), dann bekommt man ein Gefühl für die Mächtigkeit des Problems. Die Kumulation der einzelnen Abweichungen führt zur letztendlichen Ablehnung des Gesamten. Nur, wenn es gelingt die einzelnen Prozesse zu kontrollieren und zu steuern, wird das Ergebnis akzeptabel sein.
Verschiedene Produktionsorte – eine Farbe
Die Karosse wird direkt in Deutschland lackiert. Die Stoßfänger kommen aus einem Werk in Norwegen und die Rückspiegel werden in Frankreich lackiert. Für den Fall, dass es bei diesen beiden Erstlieferanten Engpässe gibt, liefert ein Werk in Spanien ebenfalls Stoßfänger und weitere Rückspiegel kommen aus Italien.
Der Automobilhersteller garantiert, dass alle Teile farblich zueinander passen. Diese Garantie übernimmt er egal wie komplex der Lack in seiner Farberscheinung ist. Uni Weiß muss genauso passen wie Metallic Blau oder gar eine dieser Phantasiefarben, die von Grün nach Violett umschlagen. Das menschliche Auge stößt hier schnell an seine Grenzen.
Farbmessung nach VDA 280 Teil 4 und DIN 6175 Teil 2
DIN6175 Teil 2 beschreibt Farbtoleranzen für Automobillackierungen mit Effekt-Lacken. Die Norm behandelt die für Effektlackierungen im KFZ Bereich zulässigen Farbtoleranzen, z.B. zwischen einer Vorlage und Ihrer Nachstellung, d.h. den größten noch zulässigen Farbabstand dieser beiden Lackierungen. Abgehandelt werden Toleranzen für die Abnahme ausgelieferter Lackprodukte, die verschiedenen Stellen eines Autos nach der Lackierung und die Reparaturlackierung von Automobilflächen oder –teilen gegenüber der vorhandenen Lackierung.
VDA 280 Teil 4 schreibt in den Messbedingungen den Einsatz von Farbmessgeräten mit Mehrwinkelmessgeometrien vor. Als Effektwinkel werden vorzugsweise 25°,45°und 75° festgelegt. Falls erforderlich können auch weitere Effektwinkel von 15° und 110° zur Bewertung herangezogen werden, wobei der Effektwinkel der Messwinkel ist, welcher sich als Differenzwinkel gegenüber der Spiegelrichtung der Lichteinstrahlrichtung ergibt.
Diese Richtlinie beschreibt weiterhin wie die Messdurchführung ist und gibt Auskunft über die Charakterisierung der erzielbaren Messgenauigkeit und der kleinsten sinnvollen Toleranzen.
Farbe kommunizieren
Der Automobilhersteller wird die Farbgarantie nur in den Griff bekommen, wenn er sich um eine Methode zur Farbkontrolle bemüht. Die Kommunikation mit allen Beteiligten im eigenen Hause sowie den Zulieferern in Europa ist dabei ganz entscheidend. Ein Farbmessgerät ist eine wichtige Voraussetzung. Jedoch zur Installation eins Farbkontroll- / Farbmanagementsystems gehört noch einiges mehr:
  • 1. Alle Beteiligten müssen mit der gleichen Messgeometrie messen. Je nach Material und Oberflächenbeschaffenheit sind unterschiedliche Geometrien durch die DIN oder VDA 280 empfohlen.
  • 2. Farbstandards müssen auch materiell vorliegen. Häufig kommt es vor, dass bereits bei den Farbstandards, also den Vorgaben nach denen Farbabweichungen bewertet werden, bereits Unterschiede bestehen. Ein Lieferant, der ein abweichendes Standardmuster hat, wird niemals die richtige Farbe treffen.
  • 3. Farbtoleranzen müssen je nach Farbe und Material individuell entwickelt werden.4. Kommunikation ist das A und O. Behalten Sie neue Erkenntnisse nicht für sich. Sorgen Sie für regelmäßigen Erfahrungsaustausch zwischen allen Beteiligten.
  • 5. Qualitätssicherung heißt auch Dokumentation. Farbwerte müssen gespeichert werden. Nur so lassen sich Produktionsschwankungen erkennen und auch Reklamationen untermauern.
Entwicklung von Farbtoleranzen
Im nächsten Schritt müssen mit den Zulieferern Farbtoleranzen vereinbart werden. Voraussetzung dafür ist es, dass die Lieferanten ebenfalls Farbe messen. In Abhängigkeit von Farbton und Messwinkel lassen sich für einzelne Farbtöne Toleranzen entwickeln.
Dabei gilt es, die jeweils sinnvolle Toleranzmethode zu wählen.
International standardisiert gibt es verschiedenen Toleranzmethoden, die je nach Farbton und Material mehr oder weniger geeignet sind. Farbstandard und Toleranz werden zuerst nach dem Masterpaneel / Standardmuster definiert. Spätere Prozessfaktoren in der Lackierstraße können den Farbton beeinflussen.
Deshalb empfiehlt es sich den Lieferanten ein Stück Produktion zu geben:
Ein original in der Lackierstraße produziertes Muster gibt dem Lieferanten die Möglichkeit seine Anbauteile der Karosse und nicht dem Masterpaneel anzupassen.
Messhilfen für Anbauteile
Sehr häufig handelt es sich nicht um ideale Anbauteile in der Form eines Vorstellbleches, sondern um konische oder gekrümmte Teile. Um Vorstellbleche und Proben mit gekrümmtem Oberflächen optimal zu vermessen bieten die Messgerätehersteller meist Messhilfen und Zubehör an. Abbildung 3 zeigt den Einsatz eines X-Rite Mehrwinkelfarbmessgerätes MA 68II in einer Messhilfe für KFZ –Tankdeckel um reproduzierbare und kommunizierbare Messwerte zu erhalten. Mit diesem neuen Messtisch kann der Anwender Farbmessungen an Tankdeckeln mit und ohne Gummilippen durchführen. Durch Passstifte wird eine genaue und reproduzierbare Positionierung der Tankdeckel sichergestellt. Mittels Drehteller können die Tankdeckel aus bis zu vier Richtungen gemessen werden. Durch die exakte Positionierung und dem konstanten Anpressdruck werden die Messungen trotz Krümmungen sehr reproduzierbar und somit kommunizierbar.
Mehrwinkelfarbmessgerät MA68II
Bedingt durch eine geforderte Flexibilität und Mobilität des Anwenders setzt sich heute immer mehr die portable Farbmessung durch. Mit diesen portablen Farbmessgeräten ist der Anwender in der Lage auch vor Ort beim Zulieferer mit seinem Messgerät Bewertungen vorzunehmen. Moderne Softwarepakete auf Laptop Rechnern erlauben mobile Farbmesslabore. Für die Bewertung von Effekt- oder Metallicoberflächen werden heute handliche Spektralphotometer wie das MA 68II von X-Rite mit Mehrwinkelmessgeometrie eingesetzt. Mit neuesten elektronischen und optischen Baugruppen ist man heute in der Lage auch diese komplizierten Mehrwinkelspektralphotometer als handliche und portable Messgeräte zu fertigen.
Das X-Rite MA 68 II entspricht den Richtlinien VDA 200 Teil 4 und DIN 6175 Teil2. Im Gerät integriert sind alle 5 beschriebenen Messwinkel. Neben den klassischen Auswertungen nach CIE L*a*b* und E* kann sich der Anwender auch den Flop -Index anzeigen lassen.
Literatur:
VDA 280 Teil 4 Farbmessung von Automobillackierungen, Effektlackierungen
DIN 6175 Teil2 Farbtoleranzen für Automobillackierungen
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