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Implantate sollen sich auflösen

Optisches Messsystem stellt Korrelation zwischen Oberfläche und biologischem Verhalten her
Implantate sollen sich auflösen

Dass bei der Behandlung mit Implantaten für Kinder andere Bedingungen gelten als bei erwachsenen Patienten, wurde in der Vergangenheit oft nicht ausreichend berücksichtigt. Ein aktuelles Projekt der Grazer Universitätsklinik für Kinderchirurgie setzt gemeinsam mit dem Messtechnikanbieter Alicona nun einen neuen Impuls. Ziel ist die Entwicklung von speziellen Implantaten für Kinder. Das optische 3D Messsystem InfiniteFocus soll das biologische Auflösungsverhalten messbar machen.

Knochenbrüche werden verschraubt, genagelt oder mit Platten versehen. Nach der Heilung müssen sich die Patienten zur Entfernung der Implantate üblicherweise einer zweiten Operation unterziehen. Um den operativen Eingriff zu vermeiden wird in der Medizintechnik intensiv an der Entwicklung von Implantaten gearbeitet, die sich nach dem Heilungsprozess von selber im Körper auflösen. Man konzentriert sich in der Forschung auf so genannte biodegradierbare Stoffe, also Materialen, die von selbst im Körper aufgelöst und durch körpereigene Knochen ersetzt werden. Bei Implantaten aus Polymer oder Verbundstoffen mit Magnesium gibt es bereits vielversprechende Erfolge – allerdings nur in der Behandlung von erwachsenen Patienten. Bei Kindern lösen diese Materialen oft Entzündungen oder andere Nebenwirkungen aus. Eine der führenden Medizinerinnen auf dem Gebiet der biodegradierbaren Implantate ist die Fachärztin und Unfallchirurgin Annelie Weinberg von der Medizinischen Grazer Universitätsklinik (Österreich). Unter ihrer Leitung untersucht die Meduni in einem aktuellen Projekt gemeinsam mit industriellen und wissenschaftlichen Partnern das Oberflächenverhalten verschiedenster abbaubaren Materialien. Projektpartner im Bereich der Oberflächenanalyse ist das Messtechnikunternehmen Alicona. Durch umfangreiche Messreihen soll eine Korrelation zwischen der Oberflächengeometrie eines Materials und dem biologischen Auflösungsverhalten hergestellt werden. Ziel des Forschungsprojekts ist die Entwicklung des optimalen Werkstoffes für die bestmögliche Auflösung zum idealen Zeitpunkt. Das eingesetzte Messsystem ist das optische Form- und Rauheitsmesssystem InfiniteFocus.

Material und Oberfläche entscheiden
Mit dem optischen 3D Messsystem von Alicona hat die medizinische Universität Graz ein System im Einsatz, mit dem das Forscherteam den Zusammenhang zwischen der Oberfläche eines Werkstoffes und dessen Auflösungsverhalten auf einer numerischen Basis herstellen wird. Diese Korrelation auf der Basis von Oberflächenmessung lässt sich aufgrund einer Reihe bestimmter Eigenschaften und Messmöglichkeiten umsetzen, die InfiniteFocus bietet. Dazu zählt unter anderem die Messung von Form und Rauheit auch über große Flächen. Auch bei zylinderförmigen Oberflächen wird die Rauheit wiederholgenau und rückführbar gemessen. Ein spezielles Messmodul zieht die Form ab, sodass die Rauheit sicht- und messbar wird. Anwender profitieren noch von einem weiteren praxisnahen Vorteil. InfiniteFocus misst die Oberfläche mit Echtfarbinformation, was völlig neue Einsichten und Erkenntnisse über Material bzw. Materialeigenschaften eröffnet.
Das Messgerät ist für sämtliche Projektphasen zur Entwicklung von resorbierbaren Implantaten vorgesehen. Die erste Phase ist die Messung der Oberfläche unterschiedlichster Materialien. In dieser Phase wird unter anderem untersucht, welche Materialverbindungen welche topografischen Merkmale aufweisen. In der zweiten Phase wird analysiert, welches Auflösungsverhalten die verschiedenen Stoffe zeigen. Dazu zählt auch die numerische Bestimmung, welcher Werkstoff die höchste Bioverträglichkeit mit dem menschlichen Organismus aufweist.
Miniaturisierte Geometrien messen
InfiniteFocus ist neben der Entwicklung auch weltweit zur Qualitätssicherung in der Fertigung im Einsatz. Das 3D Messgerät ist eine etablierte Lösung zur numerischen Überprüfung von Maß- und Passgenauigkeiten von selbst miniaturisierten Geometrien in den unterschiedlichsten Branchen. Die optische Messung wird wie in anderen Industrien auch im medizinischen Sektor immer gefragter. Mittlerweile weist die Herstellung von Mikrogeometrien in der Medizintechnik ähnliche Wachstumsraten auf wie beispielsweise in der Elektronikindustrie. Im gleichen Maße, in dem die Anforderungen an die Herstellung der immer kleineren und damit komplexeren Komponenten steigen, steigt auch die Notwendigkeit nach geeigneter Messtechnik. InfiniteFocus ist ein optisches Messsystem, das selbst bei Mikro-Geometrien mit komplexen Oberflächeneigenschaften hochauflösende Ergebnisse liefert. Das ermöglicht die numerische Verifizierung von Stabilität, Belastbarkeit und Bioverträglichkeit medizinischer Komponenten und gilt für die Fertigung von Implantaten genauso wie für die Entwicklung und Herstellung von zum Beispiel Hörgeräten.
An der Grazer Universitätsklinik ist InfiniteFocus derzeit in der ersten Projektphase im Einsatz. Unter der Leitung von Annelie Weinberg wird im Laura Bassi Zentrum BRIC („BioResorable Implants for Children)“ die Oberfläche von unterschiedlichen Werkstoffen bzw. Legierungen gemessen. „Unser Ziel ist die Entwicklung von auflösbaren Implantaten für Kinder. Wir versuchen, resorbierbare Implantate für Knochenbrüche zu entwickeln, die sich im Körper auflösen und diese nach eingehender Prüfung klinisch anzuwenden. Im Gegensatz zum Erwachsenenalter kommt es bei der Behandlung von Kindern vor allem auf den Erhalt der Wachstumschancen an“, erklärt Weinberg. Die Oberärztin und Fachärztin für Chirurgie und Unfallchirurgie weiter: „Kinderfrakturen heilen anders als die von Erwachsenen. Kindliche Frakturen heilen immer und dürfen sozusagen nicht gestört werden, hierfür sind flexiblere Eigenschaften wünschenswerter als beim Erwachsenen“. Die neuen Implantate hätten den Vorteil, wesentlich elastischer zu sein als die bisher eingesetzten Stahl- oder Titanwerkstoffe. Vorrangig ist, dass Kindern eine weitere Operation zur Entfernung des Implantats erspart bleibt.“
Alicona Imaging, Grambach/Graz www.alicona.com
„Unser Ziel ist die Entwicklung von auflösbaren Implantaten für Kinder“
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