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In der Kombination unschlagbar

Führungsstile deutscher und britischer Manager
In der Kombination unschlagbar

Studie der Manchester School of Management, UK, untersucht die Umsetzung der EFQM-Excellence Modell Gedanken zu „Leadership„ anhand deutscher und britischer Bewerbungen um nationale Qualitätsauszeichnungen und den European Quality Award (EQA).

Birgit Otto, BSC, MA BO Consult, Bussiness Excellence Moderation, Ostfildern

Das EFQM-Excellence Modell stellt hohe Anforderungen an die Führungskräfte von Organisationen, sowohl bezüglich ihrer persönlichen Integrität als auch ihrer Fähigkeiten als Lenker anderer Menschen.
Grace McCarthy, Forscherin an der Manchester School of Management, entdeckte, dass sich deutsche und englische Bewerbungsunterlagen bei gleichem Modellansatz (EFQM Kriterium 1 Führung / Leadership) deutlich unterscheiden. Untersucht wurden 31 Bewerbungen deutscher und britischer Bewerber um den European Quality Award (EQA), den britischen Qualitätspreis (BQF) und sein deutsches Äquivalent, den Ludwig-Erhard-Preis (LEP), die jeweils höchste Auszeichnung für Spitzenleistungen im Wettbewerb im Sinne des EFQM-Excellence Modells.
In Deutschland traten die planerischen Aspekte des Führens deutlich hervor. Bewerber berichteten von erarbeiteten Visionen, Balanced Scorecards, eingespielten Planungsrunden, klaren Zielvorgaben für Mitarbeiter und von Mitarbeitergesprächen. Im Verbesserungsprozess spielen Führungskräfte vor allem formal eine Rolle. „Bei den deutschen Bewerbern zeigte sich, dass Manager den Verbesserungsteams in erster Linie vorstehen,“ so Grace McCarthy. „Fast jeder Manager kümmert sich allerdings mindestens um ein Verbesserungsprojekt.“ Alles in allem erscheint das Engagement in Sachen Verbesserung weniger stark ausgeprägt als die planerische Komponente. In den Bewerbungen sahen die deutschen Führungskräfte ihre Rolle eher im Management von Verbesserungsteams (von außen) als in der aktiven Teilnahme von Verbesserungen.
Unterschiede im Team
Besonders interessant sind die Äußerungen zur Anerkennung von Teamleistungen. Obwohl die deutschen Führungskräfte den Team Ziele setzten, die zum Teil auch zu Prämien führten, überließen Sie die Anerkennung in vielen Fällen dem Betriebsrat. Die Studie bestätigt in dieser Hinsicht die von Ex-BDI Chef Hans-Olaf Henkel geäußerte Meinung, wonach in Deutschland der Betriebsrat eine Schicht zwischen Leitung und Mitarbeitern bilde, die die Führungskräfte vor der direkten Auseinandersetzung mit den Mitarbeitern abfedere.
Ganz anders auf der Insel: Die britischen Bewerber um den EQA beschrieben das aktive Engagement der Führungskräfte in Verbesserungsteams und zwar nicht immer nur in der Leitung, sondern oft auch als „einfaches Teammitglied“. zahlreiche Formen der Anerkennung wurden als Führungswerkzeug zitiert, die bewusst zur Motivation der Mitarbeiter genutzt werden. Über das EFQM-Excellence Modell hinaus wurde der Einsatz weiterer Managementhilfen wie „Investors in People“ oder „Chartermark“ genannt.
Wie in Deutschland setzen auch in Großbritannien die Führungskräfte ihren Mitarbeitern Ziele. Sie betonen jedoch deren direkten Bezug zur Strategie des Unternehmens „bearing in mind performance data and benchmark data“ (mit den Leistungskennzahlen und den Vergleichsdaten im Hinterkopf) und sie sehen es auch als ihre Aufgabe an, die Ergebnisse im Lichte der Ziele zu überprüfen. Dabei ist es ihnen besonders wichtig, dass die erreichten mit den geplanten Ergebnissen übereinstimmen. Bei den deutschen Bewerbungen hingegen fällt der Review-Gedanke als Führungsaufgabe schwach aus.Besonders interessant ist, dass Karriereschritte für Führungskräfte im Königreich in EFQM-geleiteten Unternehmen eindeutig eine klare Verpflichtung auf Excellence, Führung und Kommunikation vorauszusetzen scheinen. Deutlich hier auch der Unterschied zu Deutschland: Britische Bewerber beschreiben als eine ihrer Aufgaben die Ermunterung der Mitarbeiter, auch und gerade leitend tätig zu werden – z.B. als Teamleiter oder indem sie über Messeraktivitäten berichten oder einen Club organisieren. Auch bei der langfristigen Unterstützung der Karriereschritte ihrer Mitarbeiter spielen sie eine deutlich aktivere Rolle als ihre deutschen Kolleginnen und Kollegen.
Während britische Manager auf ihre Aufgabe hinweisen „to encourage teambuilding and socialising events outside of work„ (Teamfähigkeit und das zwanglose Zusammentreffen außerhalb der Arbeit zu fördern) und auch als Mentoren ihrer Mitarbeiter aktiv werden, beschränken sich die karrierefördernden Aktivitäten der deutschen Bewerber auf die Förderung des Management-Nachwuchses und den Jobwechsel innerhalb der eigenen Hierarchiestufe. Fast scheint es, als herrschten in deutschen Unternehmen mehr und deutlichere Klassenunterschiede als im angeblich so klassenbewussten Königreich.
In einem weiteren Aspekt unterscheiden sich britischen EQA-Bewerbern von ihren deutschen Mitstreitern: bei der Überprüfung der eigenen Qualität. Während die britischen Bewerbern von 360o Feedbacks, Leistungsüberprüfungen alle drei bis sechs Monate und gezielten Fragen in der Mitarbeiterbefragung zur Führungsqualität berichten, gehört diese Form der Qualitätskontrolle in Deutschland offensichtlich noch nicht zum Excellence-Repertoire. Insgesamt scheint der Gedanke des „voneinander Lernens“ bei den Briten („peer monitoring“) stärker ausgeprägt zu sein als bei den Deutschen. Möglicherweise fällt es den schon von Kindesbeinen auf „Team“ und „Fairness“ trainierten Briten leichter, den Modellgedanken der gemeinsam gewollten und erreichten Verbesserung des ganzen Organismus´ Firma umzusetzen als uns Deutschen.
In mancher Hinsicht stimmen McCarthys Ergebnisse mit den Erkenntnissen des Excellence Barometers (QE 3/2003) überein und scheinen die These zu erhärten, dass deutsche Chefs – als technische Experten – immer noch sehr aktiv in die Umsetzung von Produktstrategien eingreifen. Die neuen Aufgaben – Strategie, Überprüfung der Zielerreichung, Motivation, Lob und Tadel für Teams, Mitarbeiterentwicklung – haben sie noch zu wenig im Blick.
QE 501

Interview

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Grace McCarthy Wissenschaftlerin an der Manchester Business School of Management, UK, fand bei gleichem Modellansatz (EFQM Kriterium 1) deutliche Unterschiede zwischen deutschen und englischen Bewerbungsunterlagen um nationale Qualitätsauszeichnungen und den European Quality Award.
QE: Grace, sind deutsche Manager weiter vom EFQM-Excellence Ideal entfernt als ihre britischen Kollegen?
McCarthy: Die Stichprobe ist für eine solch generelle Aussage natürlich viel zu klein. Aber was ich interessant fand, war die Tatsache, dass sich in beiden Ländern Organisationen ganz klar darum bemühen, die Modellprinzipien in der Praxis anzuwenden. In Großbritannien wie in Deutschland berichteten die Führungskräfte von einer Vision ihres Unternehmens. Sie benutzen eine Vielzahl von Medien, um ihren Mitarbeitern Vision und Strategie nahe zu bringen, zeigten eine starke Ausrichtung auf Kunden und machten sich für Verbesserung stark.
QE: Was ist für Sie der frappierendste Unterschied?
McCarthy: Wenn Sie mich auf die Unterschiede ansprechen, so fiel mir auf, dass sich britische Manager eigentlich genau zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Managementstil befinden, vor allem in Bezug auf 360o Feedback und die Verwendung von Stellenbeschreibungen.Besonders interessant fand ich, dass in Deutschland eher Teams und in England eher Einzelne ausgezeichnet werden. Ich möchte aber hinzufügen, dass darin keinerlei Wertung liegt. Das Modell ist schließlich nicht normativ. Anders heißt nicht besser oder schlechter.
QE: Sie erweitern Ihre Forschungsarbeit zum Thema Leadership/EFQM gerade. Was machen Sie da genau und wann werden die Ergebnisse vorliegen?
McCarthy: Zur Zeit führe ich eine Befragung bei deutschen und britischen Unternehmen durch, um herauszufinden, ob die in den Bewerbungen um die Qualitätspreise genannten Führungspraktiken auch in anderen Organisationen genutzt werden und ob sie von britischen und deutschen Führungskräften als „good practice„ betrachtet werden. Ich möchte hinterfragen in wie weit ein einziges, gemeinsames Modell nationalen Unterschieden wirklich gerecht werden kann. Die Ergebnisse werden im Juli 2003 vorliegen.Darüber hinaus plane ich Interviews mit Deutschen, die für englische Manager und Briten, die für deutsche Manager arbeiten, um herauszufinden, wie die Unterschiede im Führungsstil von denjenigen empfunden werden, die sie in ihrer täglichen Arbeit erleben.Leser, die sich an der Befragung oder dem Interview beteiligen möchten, lade ich herzlich ein, sich bei mir zu melden unter:
Interview: Birgit Otto
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