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Konstruktion und Entwicklung – Haftungsfalle für Unternehmen

Alles was Recht ist
Konstruktion und Entwicklung – Haftungsfalle für Unternehmen

Philipp Reusch, teras Rechtsanwälte, Saarbrücken

Rückrufe bei Mitsubishi, Daimler-Chrysler und anderen Automobilherstellern, Bandstillstand durch fehlerhafte Produkte eines Zulieferers, aber auch explodierende Wasserflaschen und selbstentzündende Toaster – das Spektrum öffentlichkeitswirksamer Aktionen wegen fehlerhafter Produkte ist breit gefächert.
Welche Risiken lauern hier eigentlich? Auf der einen Seite stehen hier Gewährleistungsansprüche, also Rechte des Käufers aus dem Vertrag. Die Folgen solcher Ansprüche sind überschaubar, weil die Menge der potentiellen Anspruchsteller bekannt ist – nämlich die Menge aller Käufer des Produktes. Auf der anderen Seite gibt es aber in Deutschland und in allen EU-Mitgliedstaaten noch eine weitere rechtliche Grundlage, auf deren Basis Haftungsansprüche an Unternehmen gestellt werden können.
Die zivilrechtliche Produkthaftung ist in den meisten europäischen Ländern im Ergebnis gleich ausgerichtet. Danach haften Unternehmen für Schäden, die ihre Produkte an Sachen eines Dritten oder an Leib und Leben eines Menschen verursacht haben. Offensichtlich ist die Menge aller potentiell Geschädigten hierbei um einiges größer als im Rahmen der Gewährleistungsansprüche. Leider kommt zu der quantitativen Komponente der Menge der Anspruchsteller noch ein weiteres Element hinzu: Die Unternehmen selbst müssen beweisen, dass kein Verschulden bezüglich des Produktfehlers vorlag.
Diese aus der Verkehrssicherungspflicht entnommene Beweislast bedeutet für den Konstruktionsbereich, dass nur solche Produkte für den Vertrieb hergestellt werden dürfen, die nach ihren Konstruktionsgrundlagen in den Grenzen des technisch möglichen und wirtschaftlich Zumutbaren kein Gefährdungspotential für einen nach durchschnittlichen Maßstäben zu bestimmenden Benutzer beinhalten. Wenn Sie jetzt versuchen, den eben genannten Satz auf ihre eigen Unternehmenssituation anzuwenden, bleiben viele Fragen offen: Was ist technisch möglich? Wie viel ist meinem Unternehmen wirtschaftlich zumutbar? Was ist ein durchschnittlicher Benutzer? Alle diese Fragen haben die Gerichte schon beschäftigt, aber jeweils nur auf den Einzelfall bezogen. Eine generelle Antwort hierauf gibt es nicht und wird es auch durch Gerichte niemals geben. Die einzelnen Unternehmen sind vielmehr angehalten, im Konstruktions- und Entwicklungsbereich (K+E) an der Gefährlichkeit des Produktes orientierte Maßnahmen anzuwenden. Es kommt also in einem ersten Schritt darauf an, dass Produkt im „Feld“ zu beurteilen und zu testen – hierfür gibt es viele Werkzeuge aus dem QM – Bereich.
Daran hat sich die generelle Organisation des K+E – Bereiches zu orientieren. Je größer die Gefahr eines Schadens durch das Produkt – vor allem an Leib und Leben einer Person – ist, desto höher sind die Anforderungen an die Organisation des Unternehmens. Im Bereich K+E bedeutet das zum einen, dass der jeweilige Stand der Wissenschaft und Technik bekannt sein muss – und sie diese Tatsache belegen und beweisen können. Also: Welche Informationen stehen jedem Ingenieur zur Verfügung, wie wird auf Aktualität des Wissens geachtet, wie wird dies dokumentiert, stehen zentrale Daten zur Verfügung, wie wird geschult, auf welchen Seminaren waren die relevanten Mitarbeiter etc?
Können Sie diese Fragen dokumentiert nachweisen, sind sie auf der sicheren Seite. Anderenfalls haben Sie im Entwicklungsbereich Ihres Unternehmens einen erheblichen Risikofaktor, den es zu beheben gilt. Ebenso bedeutsam ist im K+E – Bereich die Dokumentation der Qualitätsfähigkeit der Zulieferer. Hierzu gehört nicht alleine das Übersenden von Lasten- und Pflichtenheften, sondern auch – zumindest bei komplizierten oder sicherheitsrelevanten Zulieferteilen – die Information der Zulieferer über die Funktions-, Einsatz- und Sicherheitsanforderungen des Gesamtproduktes. Hierzu gehört auch die Vereinbarung von Prüfbestimmungen mit Grenzwerten, den Prüfeinrichtungen und Messunsicherheiten. Wenn Sie im Entwicklungsbereich diese Maßnahmen dokumentiert belegen können, sind sie im Rahmen der Produkthaftung weniger Risiko ausgesetzt als die Unternehmen, die dies nicht können.
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