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LEAN – LEAN – LEAN

59. World Conference on Quality and Improvement
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Die aktuellen QM-Trends bei der 59. World Conference on Quality and Improvement in Seattle vom 16.-18. Mai 2005: Lean im Aufwind, der Teamwettbewerb wird internationaler, Quality- Gurus als Buchautoren und Exzessive Learning

Birgit Otto, BSC, MA BO Consult, Business Excellence Moderatorin, Ostfildern

Mit glänzenden Augen berichtete Pilla Leitner vom Flugzeughersteller Boing in ihrem Vortrag von den Erfolgen, die sich durch Lean eingestellt hätten. „Wir haben sogar unsere Flugzeuge hintereinander aufgestellt!“ Begeistert bauten 50 Kongressteilnehmer in einem interaktiven Workshop Papierflugzeuge und lernten spielerisch die Vorteile einer schlanken Produktion kennen. Der neue Quality-Trend der 59. World Conference on Quality and Improvement vom 16. bis 18. Mai 2005 in Seattle (USA) ist ein alter: Amerika hat die schlanke Produktion (wieder-) entdeckt.
Waren die Kongresse der vergangenen drei Jahre durch die Six Sigma Euphorie bestimmt gewesen, die in den USA nicht zuletzt durch Jack Welch und die zahlreichen Berater aus dem GE-Konzern angeheizt wurde, so ist die Welle nun auf normale Höhe abgeebbt. In gewisser Weise ist die Wiederkehr der Lean Philosophie sogar eine direkte Folge der Statistikekstase: Was nützen komplexe statistische Verfahren, wenn in vielen Fällen nicht einmal der Prozessverlauf klar ist? Wenn der tatsächliche Ablauf mit der Strategie nicht im Zusammenhang steht? Wenn im Prozess viel zu viel Zeit, Material und Geld verschwendet wird?
Sandy L. Postel, Vice President of Quality bei Boeing Commercial Airplanes in Seattle, stellte in ihrem Vortrag klar: “Quality und unser Produktionssystem sind identisch!“ Da 70% dieser Produktion in einer siebenfachen Wertschöpfungskette stattfinde, sei die Überwachung der Zulieferer und der cirka 3 Millionen Teile die zentrale Aufgabe des Qualitätsmanagements. Unumwunden gab sie zu, man habe etwa drei Jahre das Toyota Productionssystem (TPS) in Japan genau studiert. „1998/99 lernten alle unsere Manager das System vor Ort in Japan kennen.“ Gleichzeitig habe man eine Fülle von Verbesserungsworkshops angestoßen, deren primäres Ziel das Lernen gewesen sei. Die Ergebnisse des etwa 10-jährigen Lernprozesses: Die Zeit für die Endmontage wurde von 22 auf 8 Tage verkürzt. Eine Boeing-Fabrik in Spokane, Washington, konnte die Durchlaufzeit um 60% und den benötigten Raum um 50% reduzieren und dadurch mehr Aufträge abwickeln. Sandra Postel: „Die Fabrik war so erfolgreich, dass wir sie jetzt verkauft haben.“
Der Run auf LEAN machte sich auch für Randy Fisher von der Smurfit Stone Container Corp. bemerkbar, der 2004 gemeinsam mit Unternehmensberater Tony Manos das „Lean Enterprise Forum“ bei der ASQ gründete. „Schon im ersten Jahr konnten wir 1.000 neue Mitglieder für unser Forum gewinnen und die Zahl steigt und steigt“, resümiert Randy zufrieden. Auch das vom Forum angebotene Networking-Lunch war brechend voll mit Interessenten aus allen Industriezweigen.
WCQI statt AQC
Was 59 Jahre lang unter Annual Quality Congress (AQC) der American Society for Quality firmierte, erhielt 2005 einen neuen Namen, der zugleich Programm ist: “Mit dem neuen Namen können wir im Titel sagen, um was es geht,“ sagt sagt ASQ-Geschäftsführer Paul Borawski. Im neuen Namen manifestierte sich der Anspruch der ASQ auf universelle Wirkung: „Der Einsatz von Qualitätsmethoden und die Notwendigkeit für Verbesserung zielt viel weiter als auf die klassischen Qualitätsberufe. Wir setzen alles daran, die Q-Erkenntnisse gerade in den Märkten zu etablieren, die bisher wenig darüber wissen.“ Borawski weiter: „Seit vielen Jahren treffen sich über 30 Nationen bei diesem Kongress, da war es einfach konsequent, dies auch im Namen zu kennzeichnen.“
Auch mit neuem Namen besticht diese Weltkonferenz für Qualität und Verbesserung wie schon in der Vergangenheit durch die Vielfalt des Angebots: Teilnehmer hatten innerhalb von zweieinhalb Tagen die Qual der Wahl unter 93 Sessions und 9 Vorträgen im Plenum. Die Konferenz bot auch wieder geplante, informelle „Networking“-Möglichkeiten, z.B. bei während der Mittagspausen mit Themenschwerpunkten. Dieses Jahr wurden Gesprächskreise zu Six Sigma Umsetzung, Information zu den Baldrige-Kriterien, LEAN, Prozessorientiertes Managementsystem, TQM im Gesundheitswesen, Zukunft für Qualität in der Produktion, Work-Life-Balance, Gespräch mit einem Altmeister der Qualitätsbewegung, Genichi Taguchi, und zur Qualität von Auditoren (ISO/17024:2003) angeboten.
Persönliche Kontakte wurden bei offiziellen Abendveranstaltungen und bis spät in die Nacht in den informellen Hotelsuiten der einzelnen Sektionen der ASQ geknüpft.
Darüber hinaus bot die parallel stattfindende Messe mit über 90 Anbietern einen guten Überblick über die Angebote zum Thema Beratung, Software, Zertifizierung.
Auch in Seattle konnten Konferenzteilnehmer sich über den Konferenzzeitraum mit bestimmten Themen im Detail beschäftigen. Die so genannten „Tracks“ waren dieses Jahr: Aerospace (Boeing ist in Seattle zu Hause!); ASQ; Deliverd Quality – attaining value; Design and Construction; Food Industry; Green; Healthcare; Housing, Environmental and Engineering; International; People Development – Performance Improvement; 50th Anniversary of Quality Management Division; Service and Financial. Durch diese Themenhilfe und die nun schon traditionelle Einführung in die Konferenz am Sonntagnachmittag, wird die Fülle des Angebots überschaubar und planbar.
International Team Excellence Competition
Bereits zum zweiten Mal fand während der Konferenz die Endausscheidung des „20. International Team Excellence“ Wettbewerbs statt, in dem sich 25 Finalisten-Teams mit ihren Erfolgen öffentlich präsentierten, eine einmalige Gelegenheit, in zwei Tagen Teamarbeit auf sehr hohem Niveau zu erleben. Die Gewinner und ihre Erfolge: Baxter Healthcare’s Value Stream Team (Gold): Reduktion des Umlaufbestands um 30%, Produktionszeit um 71% verbessert, durch Wertstromanalyse und andere Lean Werkzeuge; Reliance Industries Ltd. India, Hazira Manufacturing Division (Silber): Lösung eines Produktionsproblems mit Hilfe der Six Sigma Methode und United Space Alliance (Bronze): Prozessverbesserung bei der Vorbereitung von Space Shuttle Missionen durch Lean Six Sigma Techniken.
Bücher der Gurus
Die Zeiten, in denen Teilnehmer den Bücherstand der ASQ stürmten und Expressdienste kistenweise Quality-Lehrmaterial in alle Welt verschifften, sind definitiv vorbei. In den Zeiten von Wikipedia und anderen virtuellen Gemeinschaften muteten die Buchpräsentationen leibhaftiger Quality-Gurus am ASQ-Stand beinahe schon museal an. Arnand Feigenbaum signierte sein 2003 veröffentlichtes Buch „The Power of Management Capital” und Taguchi-Fans konnten mit dessen schwergewichtigen „Quality Engineering Handbook“ von 2004 die Maximalkapazität ihres Fluggepäcks ausreizen. Forrest Breyfogle, der sehr fundierte Bücher zu Six Sigma veröffentlicht hat, signierte sein 2003 erschienenes „Solutions Manual. Implementing Six Sigma“.
„Future 500“
Die Konferenz wird von Jahr zu Jahr differenzierter, und das Konferenzerlebnis damit zwangläufig immer individueller. Mit der Einladung von neun so genannten „Key Note“ Rednern gelang es den Veranstaltern dieses Jahr jedoch, der Vereinzelung durch viele Parallelveranstaltungen entgegenzuwirken. Jeweils zum Tagesbeginn, um die Mittagszeit und zum Abschluss der vielen Einzelworkshops brachten die Plenumsvorträge die Menschen wieder zu einem Gruppenerlebnis zusammen. Besonders interessant: Der Vorsitzende und Geschäftsführer von Mitsubishi Electric America, Takashi Kiuchi, einer der Gründerväter von „Future 500“, forderte leidenschaftlich die Beachtung der Nachhaltigkeit. „Darum dürfen wir die Unternehmen nicht mehr als Maschine verstehen, sondern müssen sie als lebendigen Organismus begreifen, der Feedback verarbeitet, anpassungsfähig ist, sich verändert, differenziert und dadurch seine optimale Nische in der globalen Welt findet.“
Lernen neu definiert
Der Wissenschaftler Elliot Masie berichtete über die neuesten E-Learning Trends. Er sei zunächst schockiert gewesen, als eine neu eingestellte Mitarbeiterin das persönliche Interview mit dem Chef mit der Frage einleitete, ob es ihn nicht auch digital gäbe. Warum, wollte der entsetzte Masie wissen. Dann könne sie nach Bedarf vor- und zurückspulen, was beim realen Masie nicht möglich sei! Leidenschaftlich forderte Masie die Konferenzteilnehmer auf, ihre Schulungspläne und ihre Personalentwicklungspläne angesichts der Internetrevolution gründlich unter die Lupe zu nehmen. „75% dessen, was Mitarbeiter in einem Unternehmen lernen, wird über informelle Kanäle aufgenommen, nur 25% über formell definierte“ so Masie. Dennoch erhielte dieses Viertel den Großteil des Budgets für Weiterbildung und Lernen.
Erfrischend anders auch die Rede des ehemaligen Governors des Staates Washington, Gary Locke, der nicht nur der erste chinesisch-amerikanische Governor war, sondern während seiner Amtszeit auch messbare Erfolge für das E-Government nachweisen konnte. Anstatt mit TV-gerechten politischen Nebelkerzen feuerte Locke scharf mit Zahlen, Daten und Fakten, zog Vergleiche mit anderen öffentlichen Verwaltungen und erklärte genau, wie die Ergebnisse erzielt worden waren. Einen solchen Politiker würde man gerne wählen! Unterm Strich bleibt zu sagen: Lean kehrt zurück, Six Sigma ist auf Normalmaß gestutzt und die American Society for Quality ist ihrem strategischen Ziel, das Thema „Quality“ universell zu verankern, ein gutes Stück näher gerückt. Na, dann bis zur 60. WCQI vom 1. bis 3. Mai 2006 in Milwaukee, Wisconsin!
Die Themenschwerpunkte für die Jubiläumskonferenz im Hauptquartier der ASQ: Nachhaltigkeit, Unternehmensqualität, Qualität als Wirtschaftsfaktor, Interne-getriebene Lerngemeinschaften und globale Wettbewerbsfähigkeit – es bleibt spannend!
Die LEAN Taktik:
  • 1. Verstehe den Wertstrom.
  • 2. Takte den Fluss des Wertstroms.
  • 3. Standardisiere die Arbeitsabläufe im
Wertstrom.
  • 4. Visualisiere die Abläufe im Wertstrom.
  • 5. Bringe im Wertstrom alles an den Punkt,
an dem es gebraucht wird (auch die
Verwaltung!).
6. Organisiere den Materialzufluss für den
Wertstrom.
  • 7. Verändere das Produktdesign radikal.
  • 8. Steige auf einen pulsierenden
Wertstrom um. (alle X…)
9. Tauche in den stetig fließenden
Wertstrom ein.
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