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Leicht und hart

BV-System sichert die Qualität von BMW-Motoren
Leicht und hart

Leicht und hart
Das System ermöglicht eine zerstörungsfreie Untersuchung des Motorbauteils direkt in Fertigungsnähe.
Motoren von BMW gehören zu den leistungsstärksten weltweit. Neben Leistung sind geringer Verbrauch, niedrige Schadstoffemissionen und eine lange Lebensdauer wichtige Auswahlkriterien für den Kunden. Diese Qualitätsmerkmale werden in der Motorenfertigung am BMW- Stammsitz in München kontinuierlich überprüft und weiter optimiert.

Ludwig Eckl, Regional Sales Manager,aquinto AG, Landshut

Entscheidend für Leistungsfähigkeit und Lebensdauer eines Motors ist die Qualität der Zylinderlaufflächen. Ein wichtiger Arbeitsschritt der Motorenfertigung ist daher die Qualitätsprüfung der Oberflächenbeschaffenheit in den Laufbahnen der Motorgehäuse.
BMW setzt dabei auf den Cylinderinspector der aquinto AG, die im April 2001 durch Fusion der Unternehmen MicroMotion und Imtronic entstand. Das System zur optischen Werkstoffcharakterisierung umfasst eine Vorrichtung zur Bildaufnahme von Zylinderkurbelgehäusen.
Die Steuerung der mikroskopischen Aufnahmen sowie die Dokumentation und Archivierung der Bilder und Daten erfolgt über die Software Prolmage.
Aluminium-Legierungenim Motorenbau
Um Gewicht, und damit Kraftstoff, zu sparen, werden immer mehr Fahrzeugteile eines Pkws aus Aluminium hergestellt. Diese Entwicklung macht auch vor dem Motorblock nicht halt.
Durch Einsatz des Leichtmetalls können bei einigen Bauteilen im Vergleich zu Grauguss Gewichtseinsparungen von über 50 Prozent erzielt werden.
Zudem besitzt Aluminium eine vierfach höhere Wärmeleitfähigkeit; es verbessert somit den Wärmehaushalt des Motors und reduziert die Kühlwassermenge.
Ein Nachteil bleibt: Kolben und Zylinderlaufbahnen aus reinem Aluminium sind nicht verschleißfest genug, um der hohen mechanischen und thermischen Belastung zu widerstehen.
Ein „Kolbenfresser“ ist abzusehen. Deshalb haben sich Aluminium- Silizium-Legierungen als Werkstoffe bewährt.
Mehr Härte und geringerer Verschleiß
Alusil, Silumal und Silitec – dahinter verbergen sich übereutektische Legierungen aus Aluminium und Silizium. Entscheidend für die Materialeigenschaften der Legierungen ist, dass Silizium nicht in Form eutektischer, sondern in der bevorzugten primären Kristallstruktur vorliegt. Hierfür werden dem Gemisch aus Aluminium und Silizium geringe Mengen an Phosphor zulegiert. So entstehen später beim langsamen Abkühlen der Schmelze gleichmäßig verteilt über das Aluminiumgussbauteil Siliziumkristalle der gewünschten Form mit bis zu 80 Mikrometern Durchmesser.
Die Kurbelgehäuse werden aus Alusil gegossen und in der Münchner Motorenfertigung weiter bearbeitet: 300 bis 400 Bohrungen kommen hinzu, Dichtflächen werden bearbeitet und Zylinderbohrungen freigelegt. Entscheidend für die Qualität des Motors ist eine Zylinderlauffläche mit optimaler Oberflächenbeschaffenheit. Dazu werden die eingeschlossenen Siliziumkristalle an den Laufbahnen freigelegt. Dies kann durch chemisches Ätzen geschehen.
Bei BMW bevorzugt man das umweltfreundlichere Freilegungshonen der Bohrungen. In einer so bearbeiteten Zylinderbohrung berühren nur die hervorstehenden Siliziumkristalle den Kolben, das weichere Aluminium liegt 0,4 bis 0,8 Mikrometer zurück. Das schafft Platz für einen Schmierfilm aus Öl, erhöht die Verschleißfestigkeit und verbessert die Laufeigenschaften des Motors. Die Fertigungstiefe beim Freilegungshonen muss so optimiert werden, dass nicht zuviel Öl in den Zwischenraum eindringen kann. Denn überschüssiges Öl verbrennt und verschlechtert die Emissionswerte des Motors.
Digitale Aufnahmen aus der Zylinderlaufbahn
Freilegungstiefe sowie Beschaffenheit und Verteilung der Siliziumkristalle sind wichtige Funktionsmerkmal eines Zylinderkurbelgehäuses, die es bereits während der Fertigung zu bewerten gilt, um den Fertigungsprozess zu steuern. Doch die Laufbahn der Zylinderbohrungen im V-Motor etwa 100 Millimeter im Durchmesser – sind nur schwer zugänglich für mikroskopische Aufnahmen. Zur Charakterisierung der Werkstoffeigenschaften musste bislang das Bauteil zerstört oder ein Abdruck der Zylinderoberfläche erstellt und die Proben im Labor untersucht werden. Für die Abdrücke wurden Kunststofffolien auf die Aceton-benetzte Innenwand des Zylinders gepresst und so Negative der Oberfläche abgebildet. Die Folien wurden auf Objektträger fixiert, unter dem Mikroskop vergrößert und Polaroid-Fotos zur Dokumentation der Oberflächenbeschaffenheit aufgenommen. In jüngster Vergangenheit kamen auch Winkelobjektive mit Video- und Polaroid-Kamera zum Einsatz. Die Verfahren waren zeitaufwendig, dokumentationsunfreundlich und konnten nur von Spezialisten durchgeführt werden.
Anders die Oberflächenanalyse mit dem Cylinderinspector von aquinto: Das System ermöglicht eine zerstörungsfreie Untersuchung des Motorbauteils direkt in der Fertigungshalle. Das Gehäuse des VMotors wird auf einer Vorrichtung fixiert und so geschwenkt, dass vier der acht im 90°-Winkel angeordneten Zylinderbohrungen eine senkrechte Position einnehmen. Danach wird ein Stativ aufgesetzt. Die dreiachsige Motorsteuerung des Cylinderinspector bewegt ein Winkelobjektiv bis zu 110 Millimeter tief in die Zylinderbohrung hinein, fokussiert es und ermöglicht die Rotation um 360° zur Bildaufnahme. Mit der Digitalfarbkamera DigC400 werden an maximal neun definierten Positionen Bilder in 100-facher Vergrößerung mit einer Auflösung von 1300 x 1030 Bildpunkten aufgenommen und diese zusammen mit den Koordinaten direkt auf einen PC zur Auswertung übertragen. Die Steuerung der Bildaufnahme sowie die Dokumentation, Auswertung und Archivierung der Fotografien übernimmt die Software Prolmage.
Automatisierte Qualitätskontrolle
In der Fertigung werden in regelmäßigen Abständen Stichproben der Zylinderkurbelgehäuse herausgegriffen und mit dem Cylinderinspector auf ihre Qualität überprüft. Nach den Richtlinien der Qualitätssicherung werden Bilder an beliebig definierten Positionen in jeder der bis zu zwölf Bohrungen erstellt und die Messergebnisse mit in der Prolmage-Datenbank hinterlegten Prüfbildern verglichen. Eine Richtreihe von zehn bis 20 Bildern ermöglicht es, die Qualität der Zylinderlauffläche in kürzester Zeit zu beurteilen. Bewertet werden Form, Größe und Verteilung der Siliziumkristalle. Die 100-fache Vergrößerung der Oberfläche lässt auch erkennen, ob die Kristalle durch die mechanische Bearbeitung zerstört wurden. Dies deutet auf einen Verschleiß der Werkzeuge im Fertigungsprozess hin, beispielsweise der Abnutzung von Vor- und Feindrehwerkzeugen oder am Honsystem. Des Weiteren werden poröse Stellen im Aluguss erkannt.
Der Prüfvorgang des gesamten Gehäuses nimmt etwa 20 Minuten in Anspruch mit einer wesentlichen Steigerung der Probenanzahl pro Zylinder, das ist ein Viertel der Zeit, welche die konventionelle Abdruckmethode benötigte. Aquinto hat in enger Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Mess- und Kalibrierwesens bei BMW den Cylinderinspector soweit optimiert, dass alle Arbeitsschritte von Positionierung und Fokussierung über Ausleuchtung und Bildaufnahme bis hin zur Auswertung der Bilder mittels Richtreihen automatisiert ablaufen können. Die Prüfung kann nun in unmittelbarer Nähe zur Produktionslinie von einem Mitarbeiter der Fertigung übernommen werden.
Unternehmensweiter Datenaustausch
Nicht nur die einfache Bedienung des Cylinderinspector, auch die gute Dokumentierfähigkeit der Bildverarbeitungssoftware hat die Mitarbeiter des Mess- und Kalibrierwesen bei BMW überzeugt. Jedes Bild wird gemeinsam mit zahlreichen Parametern und den Koordinaten der Position im Zylinderkurbelgehäuse abgespeichert. Auf diese Weise kann exakt dieselbe Stelle des Bauteils zu einem späteren Zeitpunkt – beispielweise nach einem Lebensdauertest des Motors – mit dem Cylinderinspector im Entwicklungslabor untersucht und die Messergebnisse mit den ersten Prüfergebnissen aus der Fertigung verglichen werden. Der Versand der Bilder und Prüfberichte via E-Mail erleichtert es, den kompletten Lebenslauf eines Motors umfassend zu dokumentieren und Prüfergebnisse in Beziehung zu kundenrelevanten Eigenschaften eines Motors, wie Lebensdauer, Verbrauch, Emissions- und Reibungsverhalten zu setzen. Dank des Cylinderinspector kann BMW seinen Kunden optimale Qualitätsmerkmale zusichern.
Fusion von Imtronic und MicroMotion
MicroMotion ist Experte für Bilddokumentation und Bildarchivierung vom Einzelplatz bis zur komplexen Laborlösung mit beliebig vielen Arbeitsstationen. Das bisher größte realisierte System umfaßt 60 Arbeitsstationen, davon 19 Stationen zur Bildaufnahme und vier Druckerserver. Die Softwareprodukte ermöglichen eine ausgefeilte Erstellung von Berichten mit Einbindung in Intranet und Internet. Imtronic beschäftigt sich seit 20 Jahren mit der automatischen bzw. interaktiven Bildanalyse und bietet eine Vielzahl von spezifischen Lösungen für das Metallographielabor zur Qualitätskontrolle in Fertigung und Entwicklung.
Heute gehört das Unternehmen zu den führenden Anbietern von Bildanalysesystemen für die Materialanalyse weltweit, die ausgereiften Produkte haben sich in weit über 1000 Systemen bewährt. Das sich mehr und mehr abzeichnende Zusammenwachsen von Bildanalyse- und Bilddokumentations/archivierungs-Technologien führte ab 1998 zu einer immer engeren Partnerschaft zwischen Imtronic und MicroMotion.
Beide Bildverarbeitungsspezialisten entschlossen sich, ihre Kompetenzen zu bündeln und die Produkte zusammen in einer modular aufgebauten Komplettlösung anzubieten.
Die gemeinsame Tätigkeit führte zu einer immer stärker werdenden Verflechtung sowohl in der Entwicklung als auch im Vertrieb.
Am 26. April 2001 wurde der Fusionsvertrag unterzeichnet und die aquinto AG gegründet. Mit rund 50 Mitarbeitern in Berlin, Landshut und Chicago sowie Vertriebspartnern in Großbritannien, Frankreich, Belgien, Italien, Süd Afrika, Israel, Österreich und Ungarn positioniert sich ein leistungsstarkes Unternehmen auf dem Weltmarkt.
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