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Manager oder Leader?

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Manager oder Leader?

Fundamentale Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft machen es für Unternehmen notwendig, sich ständig neuen und komplizierten Bedingungen anzupassen. Das traditionelle Führungsverhalten aus Zeiten der Kommandowirtschaft eignet sich also nicht mehr, die Aufgaben und Probleme der veränderten Wirtschaftswelt zu lösen. Darum benötigen Führungskräfte im 21. Jahrhundert Verhaltensweisen und Fähigkeiten, die man früher dem charismatischen Führer zuschrieb. Diese Verhaltensweisen werden häufig unter dem Oberbegriff Leadership zusammengefasst.

Der Begriff Leadership wurde durch den Politologen James McGregor Burns in den siebziger Jahren popularisiert, obwohl er von Philip Selznick schon 1957 durch ein wenig bekanntes „ Büchlein“ geprägt worden war. Darin grenzt er zwei Arten von Führung miteinander ab:

– Vorgangsorientierte Führung und

– Transformierende Führung.

Das vorgangsorientierte Management legte den Focus auf die zielorientierte Steuerung des technischen und organisatorischen Ablaufs, also auf das, was man allgemein als Management bezeichnet. Demnach leitet und verantwortet ein Manager die richtige Umsetzung von Aufgaben. Er mobilisiert die „physischen Ressourcen“, zum Beispiel Kapital, Material, Technologie und löst Probleme mit Hilfe von Managementmethoden.

Dieses Verständnis von Management hat viele Managergenerationen geprägt. Die zahlengläubige, rationalistische Managementlehre beherrschte die Business Schools. Man glaubte, dass gut ausgebildete Manager mit den richtigen Analyseinstrumenten und Leitungsmethoden so gut wie alles managen könnten.

Als Folge hiervon wurde immer mehr sachbezogen verwaltet und gemanagt, aber immer weniger zwischenmenschlich geführt. Organisationen litten immer stärker an einem Zuviel an Management und einem Zuwenig an Führung (Gertrud Höhler). Manager, die etwas verändern wollten, bastelten i.d.R. an der Strategie oder der Organisation herum, aber selten am eigenen Verhalten.

Als in den 70/80er Jahren das Wirtschaftswachstum abflachte, setzte ein Paradigmenwechsel der Managementtheorie ein. Theorie und Praxis der Unternehmensführung verabschiedeten sich vom Konzept des „wissenschaftlichen Managements“ des Arbeitsplatzes (Taylorismus) und fragten nunmehr nach der richtigen Art und Weise der Mitarbeiterführung. Vor diesem Hintergrund entstand die Idee der „tranformierenden Führung“, eine Art des Einwirkens auf Mitarbeiter, das auf dem Sinnstreben des Menschen aufbaut und ein sinnstiftendes Organisationsziel formuliert. Darum wirft James Mac Gregor Burns den früheren Managementforschern vor, sie hätten sich vor allem mit der Machtfrage beschäftigt und dabei die weitaus wichtigere Aufgabe der Sinnvermittlung aus den Augen verloren. Seine Kernaussage lautet: „Führung ist darum im Gegensatz zur nackten Machtausübung, untrennbar verbunden mit den Bedürfnissen und Zielen der Geführten.“ Transformierende Führung liegt für ihn dann vor, wenn eine oder mehrere Personen mit anderen so zusammenwirken, dass Führer und Geführte einander zu höherer Motivation und Moral verhelfen. Als Folge hiervon bildete sich eine Balance zwischen Managen und Führen heraus. Während Manager planen, analysieren, realisieren und kontrollieren, vermittelt die Führung Sinn, schafft Motivation und Solidarität für gemeinsame Ziele. Die amerikanischen Managementautoren und -trainer Bennis und Waren drückten das so aus: „Managers do the things right, leaders do the right things“. Anders ausgedrückt: Manager arbeiten mit Zahlen und Fakten, Leader mit Menschen und Gefühlen. Während sich der Manager als Businessarchitekt betätigt, ist der Leader als Sozialarchitekt aktiv.

Unterschied zwischen dem Managen und dem Führen

Im Zusammenhang mit dem Paradigmenwechsel der Managementpraxis setzte sich der Begriff Leadership durch. Bei diesem Führungsverständnis stehen die menschlichen Qualitäten des Führenden im Vordergrund: „Leadership ist die natürliche und spontane Fähigkeit, Mitarbeiter anzuregen, zu inspirieren und sie in die Lage zu versetzen, diese neuen Möglichkeiten zu entdecken und umzusetzen sowie sich freiwillig und begeistert für die Verwirklichung gemeinsamer Ziele einzusetzen.“ Während der Manager für die Arbeit und das Funktionieren der Organisation sorgt, kümmert sich der Leader um die Lust an der Arbeit und Freude an der Organisation.

Der neue Typ des Leaders probiert neue Lösungen für alte Probleme, um so evtl. noch unbekannte Handlungs- und Geschäftsmöglichkeiten zu entdecken. Er weitet Spielräume aus und beschreitet neue Wege. Das impliziert vorbildliches Verhalten vor allem bei der Verwirklichung von Visionen.

Im Gegensatz dazu versucht der Manager klassischen Zuschnitts, die gestellten Ziele zu erfüllen und gegebene Probleme zu lösen. Er agiert in vorhandenen, ggf. klar strukturierten Märkten und Branchen. Seine Methoden, Techniken und Werkzeuge sind technisch, mathematisch, analytisch und linear im Sinne von „wenn-dann“, von Ursache und Handlung. Sein wichtigstes Führungsmittel sind konkrete Ziele, die in einen ständigen Soll-Ist-Vergleich unterliegen, so dass er gegensteuern kann. Das ermöglicht ihm, den Erfolg bzw. Misserfolg seiner Handlungen gegenüber seinen Vorgesetzten oder auch Aktionären zu belegen. Das kann der Leader nicht, da seine Visionen nicht so leicht messbar sind. Sie zeichnen sich außerdem durch einen Langfrist-effekt aus. Test ist ein wichtiges Wort in seinem Vokabular. Er weiß, dass es keine risikolosen Risiken gibt. Ein Unternehmen benötigt solche Identifikationspersonen. Diese Einsicht war in der Teameuphorie der letzten zwei Jahrzehnte verloren gegangen. Erst in den letzten Jahren wurde die besondere Rolle der Einzelpersönlichkeit neu entdeckt. Menschen wie Nelson Mandela oder Bill Gates treiben das Handeln von Menschen in Unternehmen, Organisationen und Nationen voran.

Doch trotz der hier beschriebenen Unterschiede haben Leadership und Management gleiche wirtschaftliche Ziele. Es geht letztendlich um die langfristige Gewinnsicherung von Unternehmen, um Marktführerschaft oder die Steigerung des Unternehmenswerts.

Die Praxis des Leaderships – Anforderungen an den Leader

Führungskräfte sollen nach Meinung der Leadershipapologeten drei Anforderungen erfüllen:

1. Visionär und,

2. Vorbild sein sowie

3. den Unternehmenswert steigern.

Jede Führungskraft, soweit sie die Leaderrolle einzunehmen gedenkt, sollte sich prüfen, ob sie diese Anforderungen erfüllt.

Wer wirksam und zukunftsbezogen führen will sollte Visionär sein. Dieser überzeugt andere, spornt sie an, indem er Sinn vermittelt und die Richtung vorgibt. Dazu benötigt er Willenskraft und setzt ggf. seine Macht ein, aber ohne diese zu missbrauchen.

Mit seiner Vision (Kernauftrag) drückt er das aus, was er Leader für möglich hält. Er lebt sie vor und wirkt so auf seine Mitarbeiter ein.

Vorbild sein. Der Führende muss für seine Mitarbeiter Vorbild sein. Das betrifft insbesondere sein Bemühen zwecks Steigerung des Unternehmenswertes und Verbesserung der Unternehmenskultur.

Für ein Unternehmen ist dieses (überlebens)wichtig Das ist u.a. auch deshalb notwendig, weil das Bild, welches die Außenwelt von einem Unternehmen wahrnimmt, durch das Verhalten der Mitarbeiter und Führungskräfte geprägt wird. Natürlich sind auch Motivation und das Engagement der Mitarbeiter zu wecken, weil sich Kundenzufriedenheit nur durch zufriedene Mitarbeiter erreichen lässt. Auch das Top-Management ist hier gefordert. Werte, Normen und Ziele sind von oben nach unten vorzuleben. Die natürliche Autorität und Glaubwürdigkeit aller Führungskräfte hängt davon ab, ob ihre vorgelebte Vision, Ihre Strategien und Einstellungen von den Mitarbeitern geglaubt und akzeptiert werden.

Steigerung des Unternehmenswertes

Das Verhalten des Leaders ist Mittel zum Zweck. Dieser lautet: Rentabilitätssicherung und ggf. Ausbau der Marktführerschaft, um den Unternehmenswert zu steigern. Dieser ist im Interesse der Eigner und Mitarbeiter langfristig und nachhaltig zu steigern.

Der „Managementstar“ Jack Welch von General Electric meint: „ Als Führende werden wir bezahlt, kurzfristige Ergebnisse zu erzielen und die Unternehmung langfristig stärker zu machen.“ Dieses setzt ein ausgeprägtes Kostenbewusstsein und eine engagierte Gewinnorientierung voraus.

Die Basis des erfolgreichen Leaderships sind die Kunden. Eine Unternehmung ohne Kunden ist de facto pleite. Je mehr Kunden das Unternehmen hat, desto größer ist die Chance, dass es erfolgreich überlebt und seinen Unternehmenswert steigert.

Fazit

Beim Leadership hat man eine schon länger bekannte Erscheinung im Sozialgefüge von Menschen in einen neuen Begriff gegossen bzw. auf die Unternehmenswelt übertragen. Schon Max Weber hatte auf die Existenz und die Rolle des charismatischen Führers soziologisch beleuchtet. Es scheint als ziele der auch durch die Medien angeheizte Leaderkult auf eine Renaissance des Great-Man-Modells bzw. der Eigenschaftentheorie, nach der sich der Führer durch besondere Persönlichkeitsmerkmale auszeichnet. Leadership darf dem Teamgedanken nicht gegenüber gestellt, sondern muss in diesen eingefügt werden.

Leadership und Management bilden nicht den Gegensatz, den man ihn in der Literatur antrifft. Eher handelt es sich bei diesen Begriffen um idealtypische Gegenüberstellungen. Man sollte sich beides eher als Kontinuum vorstellen, bei dem je nach Situation eher die eine oder die andere Richtung beschritten wird (situatives Führen). Ob und inwieweit Leadership praktiziert werden kann, hängt auch von der Organisation bzw. der Mitarbeiterschaft ab. In der New Economie oder einem Forschungslabor mag es der adäquate Führungsstil sein, aber nicht bei der Feuerwehr oder auf einer von Terminsorgen geplagten Baustelle. Wesentliche Fragen, wie sich der Leader im psychologisch-sozialen Wechselspiel konstituiert, bleiben in den meisten Büchern zu diesem Thema unbeantwortet. Das gilt auch für die Frage der Kompatibilität hierarchischer Traditionalorganisation und innovativer Handlungsfreiheit für den Leader. Leadership kann nur ein Baustein im Gesamtgefüge eines Unternehmens sein. Erst in der Kombination mit Teamwork, Empowerment, Visionsmanagement, Innovationsmanagement und einer Unternehmenskultur kann Leadership Wirkung entfalten.

Prof. Dr. Walter Simon, Leiter der Business Training University, Bad Nauheim

17.02.2003
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