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Mit anderen Augen

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Mit anderen Augen

Eine mittelständische Firma nahe Stuttgart hat sich zu einem wichtigen Impulsgeber bei der Bildverarbeitung entwickelt. Die von ihr realisierten Anwendungen verraten höchsten technischen Stand.

Kinder schauen fasziniert zu. Für Erwachsene ist es oft ein Vorgang zwischen Last und Lust. Und technisch Interessierte wissen, dass Hightech dahinter steckt: Wenn der Automat die Pfandflasche aufnimmt, blitzschnell um die eigene Achse dreht und verschluckt, dann freut sich jeder, dass die Pfandrückgabe nicht mehr umständlich manuell an einer Kasse abgewickelt wird, wo jede Flasche angeschaut und der Pfandwert eingetippt werden muss.

Dass heute der prüfende Blick von einer Kamera im Automaten übernommen wird, ist zur bequemen Selbstverständlichkeit geworden. Vor nicht allzu langer Zeit beschäftigten sich allerdings noch Visionäre damit – Visionäre wie sie in einer Firma im Schwäbischen Wald sitzen. Dort, in Oppenweiler, einem 4.000-Seelen-Ort im Rems-Murr-Kreis, hat die Matrix Vision GmbH ihren Sitz.
Von den Technik-Trendsettern Gerhard Thullner und Werner Armingeon vor 25 Jahren gegründet, fiel das mittelständische Unternehmen immer wieder durch pfiffige Ideen auf.
So auch bei jenen Pfandautomaten, die heute bei vielen Discountern stehen. Uwe Furtner, Juniorpartner bei Matrix Vision, trug ganz wesentlich zum Gelingen dieses umfangreichen Projektes bei. Und die Ansprüche der Deutschen Pfandsystem GmbH (DPG) wie auch des Handels waren hoch. Alle Lieferanten mussten durch die DPG zertifiziert sein.
Die Leseeinheit hatte nicht nur sehr zuverlässig das DPG-Sicherheitslogo zu erkennen, sie musste auch in den beengten Raumverhältnissen des Automaten Platz finden. Für diese anspruchsvolle Aufgabe konstruierten die Entwickler von Matrix Vision einen Security Mark Reader (mvSMR). Im intelligenten Kamerasystem sieht das Unternehmen zwei wesentliche Vorteile: Die Kamera kann zum einen die erfassten Bilder direkt auf der Kameraeinheit verarbeiten und zum anderen auch die unterschiedlichen Belichtungsfolgen der Beleuchtungseinheiten zum Erkennen des Pfandlogos steuern.
Für die Verarbeitung der Informationen besitzt die Kameraeinheit einen 400 MHz Prozessor und einen 1.600 x 1.200 Pixel Sensor. Dieser Sensor ist nötig, da Einwegflaschen von unterschiedlicher Größe und beidseitig eingelegt werden können. Von der Kamera muss also ein entsprechend großes Sichtfeld abgedeckt werden. Der mvSMR unterstützt Flaschendurchmesser bis 120 mm und Rotationsgeschwindigkeiten bis 25 m/min. Der Erkennungsalgorithmus ist robust und zuverlässig. Er kann das Sicherheitskennzeichen auch auf leicht deformierten und verschmutzten Oberflächen identifizieren.
Über die digitalen Ausgänge werden nachfolgende Prozesse angestoßen: Ist das Logo erkannt, folgt Pfandgutschrift und Abtransport der Flasche. Um eine mehrfache Pfandrückgabe zu verhindern, wird das Pfandgut zerstört. Solche integrierten Lösungen sparen nicht nur Platz. Es können auch andere Komponenten, beispielsweise ein Barcodeleser, eingespart und somit Kosten gesenkt werden.
Ein kritischer Punkt begleitet die Bildverarbeitung bei sehr vielen Anwendungen: Licht. Damit das künstliche Auge genügend sieht, muss die Leseumgebung gut ausgeleuchtet sein. Das galt ganz besonders für die Pfandflaschen, die oft nicht ganz sauber oder gar ein wenig eingebeult sind. Gerade der Schattenwurf kann hier zu Lesefehlern führen. Da von den gängigen Beleuchtungskomponenten keines befriedigende Ergebnisse brachte, entwickelte man bei Matrix Vision kurzerhand eine eigene Beleuchtungseinheit.
Auch an die Zukunft ist gedacht: Sollte eines Tages das Pfandsystem andere oder zusätzliche Anforderungen erfüllen müssen, kann die Software der mvSMR online entsprechend aufgerüstet werden. Gesetzesänderungen oder mögliche neue Vorgaben der DPG lassen sich damit leicht umsetzen.
Die gesamte Bildverarbeitungseinheit der Oppenweiler Firma überzeugte nicht nur den technischen Arbeitskreis, der bei der DPG die Einführung der Pfandautomaten begleitete. Auch Discounter wollten diese Lösung flächendeckend haben.
Doch um den engen gesetzlichen Einführungstermin der damals neuen Pfandregelung halten zu können, musste Matrix Vision eine weitere Herausforderung stemmen: innerhalb von nur drei Monaten lieferte das mittelständische Unternehmen 10.000 Systeme aus.
Dass die schwäbischen Bildverarbeitungsspezialisten immer wieder mit solch anspruchsvollen Aufträgen betraut werden, scheint kein Zufall. Ein Blick in die Geschichte des Unternehmens, das 2011 sein 25-jähriges Jubiläum feiert, zeigt, dass dort technischer Fortschritt zuhause ist.
Die beiden Gründer Armingeon und Thullner, wie auch der Partner Furtner, sind in der bewegten See der Datenverarbeitung wie Leuchtturmbauer: immer wieder boten diese Schwaben technische Orientierungshilfen für die Branche.
Beispiel: die intelligenten Kameras. Heute sind sie in vieltausendfacher Anwendung und aus Bereichen der Qualitätssicherung, der Medizin, der Sicherheitsüberwachung oder der Verkehrskontrolle nicht mehr wegzudenken. Doch bis vor wenigen Jahren waren diese digitalen Augen, die einen Computer eingebaut haben, kaum bekannt. Matrix Vision kann für sich in Anspruch nehmen, eine der ersten intelligenten Kameras auf den Markt gebracht zu haben. Immer wieder hatte sich Armingeon mit dieser Idee beschäftigt. „Hätte ich intensiver an der Idee arbeiten können, wären wir schon deutlich früher auf dem Markt gewesen“, so der Entwicklungschef im Rückblick.
Wesentlich an diesen auch Smart-Kameras genannten Systemen ist, dass sie Bilder nicht nur aufnehmen, sondern diese auch selbst interpretieren können. Sie haben sozusagen einen PC an Bord, der anwendungsspezifische Informationen aus aufgenommenen Bildern herausfiltert und verarbeitet. So kann beispielsweise bei einer Anwendung in der Qualitätskontrolle die Kamera eigenständig entscheiden, ob ein Teil gut oder schlecht ist.
Dass Armingeon 1999 auf die Idee kam, Intelligenz in die Kamera zu integrieren, wird schnell verständlich, wenn man weiß, dass die beiden Ingenieure sich schon immer mit Technologien beschäftigt haben, von denen heute viele in der Bildverarbeitung aufgegangen sind. Erstaunlich bleibt hingegen, dass es das Paar stets schaffte, weder unter die Räder des schnellen Wandels der Technik zu geraten noch unter die des Zeitgeistes und des Marketings.
Denn über etliche große Firmennamen und Erfindungen der Datenverarbeitungsbranche zogen bekanntlich Technik- und Marketingtrends hinweg. Bekanntes Beispiel: Atari. In den Anfangsjahren der Rechnersysteme waren Produkte dieser Firma bei Early Adopters wie Universitäten besonders gefragt.
Auch Thullner und Armingeon machten damit ihre ersten Geschäfte und entwickelten – weil Atari selbst sich nicht darum kümmerte und Mac- und PC-Anwender schon länger groß sehen konnten – einen Grafikcontroller für einen 19-Zoll-Bildschirm für Atari-Computer. 1989 stellten die beiden diese Weltneuheit nach lediglich sechs Wochen Entwicklungszeit auf der CeBit in Hannover vor.
Zum ersten Mal hatte damals das Zusammenspiel geklappt, das bis heute so tragfähig wie erfolgreich ist: das Marktgespür von Thullner und der Entwicklergeist von Armingeon. „Gut verkauft“ hätten sie damals als Weltmarktführer, erzählt Thullner rückblickend.
Als Atari von den PCs überholt wurde, hatten sich die beiden Ingenieure bereits zu neuen Ufern aufgemacht. Kurz hatten sie zwar noch überlegt, ihr Wissen um Grafikcontroller in den boomenden PC-Markt einzubringen. „Aber da gab es schon etablierte Firmen. Da hätten wir gar nicht mithalten können“, berichtet Thullner von der Entscheidung.
Das Gespann konzentrierte sich von nun an auf Framegrabber für industrielle Anwendungen. Die elektronische Komponente wird zum Digitalisieren analoger Videosignale verwendet. Damit waren sie endgültig in der noch jungen Branche der Bildverarbeitung angekommen. Noch heute gehören diese Produkte zum Angebot. Durch die Digitalisierung der Kameratechnik verliert diese Technik jedoch an Bedeutung. „Die Technologie ist in die Kamera gewandert“, so Armingeon.
Auch am Markt für Bildverarbeitung findet ein ständiger Umbruch statt, den Armingeon, Thullner und Furtner wie Lotsen stets genau beobachten. Sie kennen die Untiefen des Massenmarktes sehr gut. Ihn wollen sie nicht bedienen. Aber andersherum kann es wohl gehen: wenn es vorteilhaft für den Kunden ist, werden Komponenten aus dem Massenmarkt auch in den Lösungen für die Industrie eingesetzt.
„Wir sind technologisch getrieben und übernehmen immer wieder eine Vorreiterrolle“, fasst Armingeon die Erfahrung von fünfundzwanzig Jahren Firmengeschichte zusammen. Aber sobald ein Produkt in extrem großen Stückzahlen produziert wird, sind wir als Entwicklerfirma weg.“ Und Thullner ergänzt griffig: „Wir reiten immer am vorderen Idealpunkt der Technologiewelle.“
Unabdingbar dafür: ein eingespieltes Team von Spezialisten, das die Gratwanderung zwischen Kontinuität und Wandel mitträgt. „Wir können uns auf hervorragende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen stützen, die Veränderungen in der Welt der Bildverarbeitung mit vorantreiben, gleichzeitig Bewährtes aber auch sichern können“, lobt der Firmenchef.
Ein Wandel, durch den Matrix Vision seine Kunden begleitet, findet derzeit bei den Sensoren statt. CCD und CMOS; diese beiden Technologien sind momentan auf dem Markt. Mit den neueren CMOS-Sensoren können Produkte günstiger produziert werden. Zudem kann direkt auf dem Chip eine erste Signalbearbeitung stattfinden. Und dennoch ist das Neue nicht in jedem Falle auch besser. Furtner weist darauf hin, dass „die Wahl des Sensors applikationsabhängig ist.“ CCD-Sensoren hätten in der Regel die bessere Bildqualität, ein geringeres Rauschen und keine Fehlpixel, ergänzt Armingeon.
„Ob ein Farb- oder ein Grau-Sensor zum Einsatz kommt, hängt meist von der zu erfüllenden Aufgabe ab“, lautet eine Empfehlung von Matrix Vision. Manche Sensoren seien nur in der einen oder anderen Ausführung erhältlich. Farbsensoren hätten vor der lichtempfindlichen Sensormatrix Farbfilterstrukturen, das heißt, dass bestimmte Pixel nur Licht einer bestimmten Farbe aufnehmen.
„Diese Filterstrukturen sind durchlässig für Infarotlicht. Um Verfälschungen bei Farbaufnahmen zu vermeiden, wird ein zusätzlicher Infrarot-Sperrfilter gebraucht. Bei farbigen Objekten führt dessen Einsatz jedoch aufgrund des pixelweisen Farbwechsels zu einer geringeren Ortsauflösung“, erläutert Armingeon weiter. Ist eine hohe Farbgenauigkeit wie bei der Farbprüfung von Ausdrucken gefragt oder ist eine hohe farbliche Ortsauflösung nötig, so sei die Verwendung einer 3-Chip-Kamera sinnvoll, bei der für die Farben Rot, Grün, und Blau ein eigener Chip verwendet wird. „Ein weiterer Gesichtspunkt ist der Verschluss“, so Armingeon weiter. „CCD- und CMOS-Sensoren gibt es mit Global-Shutter, einfache CMOS-Sensoren haben meist einen Rolling-Shutter. Letzteres führt bei Aufnahmen von schnell bewegten Objekten zu geometrischen Verzerrungen durch die Bewegung.“
Solche technische Feinheiten zeigen, dass bei der Auswahl von Bildvearbeitungskomponenten Fachwissen gefragt ist. „Wir entwickeln die Lösungen stets gemeinsam mit dem Kunden“, so Furtner. „Damit ist sichergestellt, dass stets die passende Technik zum Einsatz kommt.“
Und manchmal muss die für den Kunden richtige Technik eben erst entwickelt werden. Aber dieser Geist durchzieht die Matrix Vision GmbH ja bereits seit 25 Jahren.
Matrix Vision, Oppenweiler www.matrix-vision.com

Knowhowträger

Wissen im Team

  • Qualifizierte Ingenieure in den Bereichen Hardware, Software und Applikationen
  • Insgesamt 60 feste Mitarbeiter
  • Langjährige Erfahrung in Industrieprojekten und Entwicklung von Standard-Komponenten
  • Breite Hardware-Basis für viele Anwendungen
  • Kundenspezifische Lösungen

  • Firmengeschichte

    Der Wandel ist das Stetige

    • 1986 Gründung durch Werner Armingeon und Gerhard Thullner
    • 1989 Weltweit erste HighRes-Grafikkarte für Atari
    • 1992 Umstieg von Atari auf industrielle Bildverarbeitung
    • 1992–93 ISA-Bus Frame Grabber PCgrab-G1/G2, PCprocess
    • 1995 PCI-Bus Frame Grabber PCimage-Serie, Uwe Furtner wird Gesellschafter
    • 1999 Intelligente Kamera mvCam
    • 2001 Entwicklungsstart der Bildverarbeitungs-Software mvImpact
    • 2002 Embedded Linux-Kamera mvBLueLynx
    • 2003 Eigene Niederlassung/Vertretung in Frankreich und Italien
    • 2004 Industrielle USB2.0 Kamera mvBIueFox
    • 2006 mvHyperion Frame Grabber Serie für PCI Express
    • 2006 Industrielle GigE Kamera mvBIueCougar
    • 2006 Produkte für Pfandsystem
    • 2006 DIN EN ISO 9001 zertifiziert
    • 2008 IBM Cell Komponenten
    • 2010 Nächste X-Generationen der GigE- und intelligenten Kameras
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