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Neue Wege

Qualität und Mikrotechnik
Neue Wege

Die Globalisierung der Märkte verbunden mit technologischen Quantensprüngen haben gravierende Auswirkungen auf Aus-bildung, Forschung, Entwicklung und Produktion innerhalb unserer Industriegesellschaft. In diesem Umfeld war die Tagung Qualität und Mikrotechnik im Oktober 97 am Neu-Technikum Buchs (NTB) in der Schweiz zu sehen.

Das Thema Qualität wurde aus drei Blickwinkeln beleuchtet. Aus Sicht der Technologie, des Managements und der Standorte. Hierbei spielt die Mikrotechnik oder auch Mechatronik (ehemals Feinwerktechnik) als Markt und als In-genieurdisziplin eine wesentliche Rolle.

Die Qualitätstechnologie befaßt sich mit technologischen Aspekten zur Sicherung der Qualität technischer Produkte. Veranstalter Prof. Dr. Claus P. Keferstein: „Neue vorwiegend berührungslos arbeitende Meß- und Prüfverfahren nehmen hier einen breiten Raum ein. Mit ihrer Hilfe ist es heute z.B. möglich, Freiformflächen und ganze Werkstücke schnell zu digitalisieren und diese Daten zu einem 3D-CAD-Model zu verknüpfen. Dies führt zu einer enormen Beschleunigung bei der Entwicklung und Produktion neuer Produkte.“ Ferner ergänzen z.B. optoelektronische Meßverfahren und die automatisierte Sichtprüfung andere konventionelle Meßprinzipien womit ebenfalls schneller, prozeßnah und hochautomatisiert die Qualität der Produkte gesteuert werden kann. Die Qualitätstechnologie verlagert sich immer mehr in die Produktion, eingebettet in ein umfassendes, prozeßorientiertes Qualitätsmanagementsystem. Die Produktion trägt heute die Verantwortung für die Qualität seiner Produkte und muß komplexe Meß- und Prüftechnik überschauen und bedienen können. Dies, verbunden mit der weltweiten Globalisierung und modernen Managementsystemen, hat wesentliche Konsequenzen auf die Normung und die meist durch Software realisierte Mensch-Maschine-Schnittstelle. Software muß heute vom Mann in der Produktion bedienbar und die Meßergebnisse müssen weltweit vergleichbar sein. Diese Vergleichbarkeit führt zur Forderung nach Rückführbarkeit der Nor-male und nach einer sicheren und sehr präzisen Prüfmittelüberwachung.
Das Qualitätsmanagement bildet den organisatorischen Rahmen für ein Qualitätsprodukt während seines gesamten Lebenszyklus. Neben der Diskussion neuer Philosophien und Fragen der Normung geht es hier um einen Vergleich innerhalb der Triade (Europa, USA und Japan) und zwischen Großbetrieben einerseits und Mittel- und Kleinbetrieben andererseits. Hat Europa seinen eigenen Weg für Qualität gefunden oder vollzieht es als Zweiter immer noch nach, was Japan und die USA vorleben? Wie erlebt der besonders in der Schweiz und Deutschland sehr ausgeprägte Mittelstand die ISO 9000-Lawine und wie kann er davon profitieren?
QM-Systeme der Zukunft
Prof. Dr. H. D. Seghezzi, Direktionsvorsitzender des Instituts für Technologiemanagement, Universität St. Gallen, beschäftigt sich intensiv mit integrierten Qualitätsmanagementsystemen der Zukunft: „Die ursprüngliche Entwicklung des Qualitätsmanagements wickelte sich fast ausschließlich im technischen Bereich ab und befaßte sich mit Qualitätskontrollen, Korrekturen von Fehlern, vorbeugenden Maßnahmen, Erkennen und Absichern der Risiken und der Umsetzung von Bedürfnissen in die Qualität der Produkte und Dienstleistungen. Erst in den 80er Jahren gewannen Systeme der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements an Bedeutung, zunächst auf nationaler Basis. Mit Erscheinen der ISO-Normenreihe 9000 im Jahre 1987 setzte eine weltweite Entwicklung ein, Aktivitäten und Anstrengungen zur Erzielung kundengerechter Qualität systematisch anzugehen und dafür Führungs- und Durchführungssysteme aufzubauen.“
Niemand sah damals die Wirkung und den Umfang dieser Entwicklung voraus. Heute nach rund 10 Jahren sind weltweit um 200 000 Firmen nach den Anforderungen der genannten ISO-Reihe zertifiziert und ca. zwei- bis dreimal so viel Unternehmen sind dabei, ihr Führungssystem im Bereich der Qualität auf diese Normenreihe auszurichten oder haben dies bereits vollzogen.
1993 wurde von der Europäischen Kommission die Norm zum Umweltmanagement (EMAS) herausgebracht. 1996 folgte die ISO-Normenreihe 14001 zum gleichen Thema. Bereits sind einige tausend Unternehmen in Europa, in USA und in den übrigen Teilen der Weit nach den Anforderungen dieser neuen Normenreihen bewertet und zertifiziert. Obgleich angenommen wird, daß die Verbreitung der Umweltmanagementsysteme deutlich geringer sein wird als diejenige der Qualitätsmanagementsysteme, rechnet man mit einer erheblichen Zunahme in den nächsten Jahren.
„Die Entwicklung von Modellen für Teilführungssysteme bringt verschiedene Probleme mit sich. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß in letzter Zeit die Diskussion über Ganzheitlichkeit von Managementsystemen wieder in Gang gekommen ist. Für die Unternehmen stellt sich nämlich die Aufgabe des effizienten und effektiven Zusammenführens der Teilführungssysteme. Dabei beschränken sich die Diskussionen oftmals nur auf Qualitätsmanagement- und Umweltmanagementsysteme. Erforderlich ist jedoch die weitergehende Verknüpfung dieser Teilsysteme mit dem allgemeinen Managementsystem im Unternehmen, das in der Regel die Bereiche Planung, Budgetierung, Controlling, Personalmanagement, Informationsmanagement, Kostenrechnung und Unternehmensentwicklung enthält. Erst wenn die neuen Teilsysteme mit diesem zentralen Teil zusammengeführt sind, werden sie zu normalen Bestandteilen der unternehmerischen Entscheide und Handlungen. Solange dies nicht der Fall ist, bleiben sie für sich isoliert als Domäne der Spezialisten,“ so Prof. Seghezzi.
Entwicklungen bei ISO und EFQM
Die ISO wird voraussichtlich im Jahr 2000, spätestens 2001 eine neue Normenreihe ISO 9000 herausbringen, welche in hohem Masse prozeßorientiert sein wird und damit von vornherein die Integration andere Teilführungssysteme erlaubt. Unternehmen, welche heute noch nach dem bisherigen Modell mit 20 Punkten arbeiten, werden gut daran tun, möglichst bald auf Prozeßorientierung umzustellen. Die ISO wird ferner ihre Normenreihe ISO 14000 überarbeiten und kurz nach dem Jahr 2000 in überarbeiteter Form herausbringen. Dabei soll die Kompatibilität zwischen beiden Normenreihen außerordentlich stark erhöht werden. Ob es zu einer gleichartigen Struktur kommt, läßt sich aber derzeit nicht abschätzen. Auch bei der Durchführung der Audits für die beiden ISO-Systeme wird eine starke Angleichung, wenn nicht sogar Vereinheitlichung, erfolgen. Diese Maßnahmen werden zweifellos der Industrie erleichtern, zu ganzheitlichen Füh-rungssystemen zu kommen und diese effektiver und effizienter als heute zu betreiben und zu bewerten. An vielen Orten, wenn auch noch nicht bei ISO, laufen zudem Anstrengungen, gewisse Richtlinien oder gar Normen für Arbeitssicherheitsmanagementsy-steme zu entwickeln. Normen sind bereits erschienen in England und in Australien. Normen sind in Erarbeitung in Spanien und anderen Ländern. Es ist anzuraten, diese Entwicklungen zu verfolgen, und das eigene oft nur schwach ausgebildete System des Arbeitsschutzes rechtzeitig diesen moderneren Entwicklungen anzupassen.
Die EFQM arbeitet zur Zeit an einer Neufassung ihres nunmehr sieben Jahre alten er-folgreichen Modells. Auch hier ist zu erwarten, daß 1999, spätestens 2000 eine stark überarbeitete, wenn nicht sogar neu gestal-tete Fassung herauskommt. Der Trend geht eindeutig mehr zum ganzheitlichen Mana-gementsystem, das Business Excellence ermöglicht. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die Trennung in Potentiale (Befähiger) und Ergebnisse beibehalten, die sich in der Praxis vor allen Dingen für Assessments und für Planungen außerordentlich bewährt hat. Für die Industrie wäre wünschenswert, wenn ISO und EFQM die gleiche Grundstruktur, jedoch unterschiedliche Inhalte verwenden würden. ISO muß sich dabei auf die Festlegung von Mindestanforderungen beschränken, um ihre ursprüngliche Zielsetzung und ihren Erfolg aufrechtzuerhalten. Die EFQM muß einen offenen Weg zur ständigen Verbesserung bieten. Dies schließt jedoch nicht aus, daß beide ihre Modelle nach dem gleichen Muster strukturieren und damit den Unternehmen die Möglichkeit bieten, nahtlos Schritt für Schritt aus den Mindestanforderungen einer ISO-Norm in den Bereich der Business Excellence vorzustoßen.
Qualitätsmanagement als Führungsinstrument
Dr. M. Naguib, Leiter Konzern Qualität, Umwelt und Sicherheit der Hilti AG im Fürstentum Liechtenstein, stellte sein Qualitätskonzept vor: Die Schlüsselaussagen bezüglich Qualität, Umwelt und Sicherheit bei Hilti sind in der Konzernvision, im Konzernleitbild und in der Grundstrategie enthalten. Die wichtigsten sind :
u Interne und externe Kundenorientierung und -zufriedenheit.
u Ständige Innovation und Verbesserung unserer Produkte, Dienstleistungen und internen Prozesse.
u Sichere, zuverlässige, innovative, an- wendungs- und umweltfreundliche und qualitativ hochstehende Produkte.
u Mitarbeiter mit einem hohen Grad an Selbstverantwortung und Eigeninitiative, mit Bereitschaft zur Leistung und der Fähigkeit zur Teamarbeit.
Die Hilti Qualitäts- und Umweltpolitik ist auf die Grundstrategie ausgerichtet. Die Politik wird unterstützt durch die Leitsätze.
In den letzten drei Jahren wurde das Hilti Prozeß-Management-System unter Berücksichtigung aller Geschäfts-, Management- und Supportprozesse entwickelt.
Die Hauptgeschäftsprozesse, die bei der letzten Umgestaltung berücksichtigt wurden, sind:
Verkauf, Fulfillment (Logistik) und Time-to-Money (Entwicklung).
Die Forderungen der Qualitäts-, Umwelt- bzw. Sicherheitsnormen und -vorschriften wurden in diesem Managementsystem in-tegriert.
Mitarbeiter-Fokus
Der Leitsatz Die Mitarbeiter sind der Schlüssel zum Erfolg bedeutet:
Wir brauchen Mitarbeiter mit hoher persön-licher und beruflicher Qualifikation, mit einem hohen Maß an Verantwortungsbewußtsein und einem klaren Verständnis für ihre Rolle im Unternehmen.
Unsere Mitarbeiter sind entscheidungsbefugt, sie sind kompetent und fähig in einem Team zu arbeiten. Sie sind verpflichtet, Qualitätsprobleme sofort anzusprechen und deren Lösung voranzutreiben. Wir unterstützen unsere Mitarbeiter durch geeignete Mittel, Coaching und Ausbildung.
Für die Mitarbeiter, die nicht nur das Stellenpotential voll ausgeschöpft haben, sondern auch Fähigkeiten und Potential für höhere Verantwortung zeigen, wird eine Laufbahnentwicklung – SMD (Strategic Manpower Development) – besprochen. Mitarbeiter mit hoher Mobilität und geographischer Ungebundenheit haben auch die Chance, je nach Fähigkeit und Potential, international eingesetzt zu werden. Die Qualität der Entwicklung der personellen Ressourcen in einer Unternehmung ist entscheidend für Erfolg oder Mißerfolg.“
Prozeß-Fokus
Hilti unterstützt diesen Fokus durch drei Leitsätze:
1. Die Qualität und die Umweltauswirkungen von Produkten und Dienstleistungen sind das Resultat beherrschter Prozesse:
Der Schlüssel zur Erreichung von hochqualitativen und umweltfreundlichen Produkten und Dienstleistungen sind fehlerfreie Pro-zesse. Wir müssen nach dem Leitsatz mach’s beim ersten mal richtig handeln, um unsere Kunden mit fehlerfreien, sicheren und zuverlässigen Produkten zu beliefern.
2. Umfassend verbessern, das ist unsere Arbeitsweise:
Wir suchen kontinuierlich nach Verbesserungsmöglichkeiten, messen, unsere Leistung an jener der besten Unternehmen und machen was immer möglich besser, zum Nutzen unserer externen und internen Kunden, der Gesellschaft und unserer Umwelt. Umfassende Verbesserung erreichen wir durch kontinuierliche Verbesserungen sowie durch radikale Veränderungen.
3. Schlüsselkennzahlen sind die Basis für den Verbesserungsprozeß:
Wir messen unsere Leistungen mit klar definierten Schlüsselkennzahlen. Mit ihnen legen wir unsere Ziele fest und steuern die umfassende Verbesserung aller Prozesse auf allen Organisationsstufen.
Kunden-Fokus
Der Leitsatz 1 Entscheidend ist, wie der Kunde die Qualität wahrnimmt bedeutet:
Die Erwartung der Kunden an die Qualität unserer Produkte und Dienstleistungen ist entscheidend. Wir müssen die Bedürfnisse unserer Kunden verstehen und uns dauernd um ihr Urteil über unsere Leistung be-mühen.Von besonderer Bedeutung ist die periodische Kundenbefragung, die durch eine neutrale Organisation im Auftrag von Hilti mit einer großen Anzahl von Kunden durchgeführt wird. Kundenbefragungen wurden bis jetzt weltweit in mehr als 25 der Verkaufsorganisationen durchgeführt und analysiert. Die Ergebnisse zeigen für die verschiedenen Schwerpunkte nicht nur das Kundenzufriedenheitsniveau sondern auch die rela-tive Wichtigkeit für den Kunden. Diese Darstellung ermöglicht jeder Organisation die Schwerpunkte für ihre Verbesserungsmaßnahmen zu wählen und entsprechende Aktionen zu definieren.
Zertifizierung von KMU´s
Klein- und Mittelunternehmen (KMU) weisen die unterschiedlichsten Facetten auf. Nebst der gewachsenen oder übertragenen Betriebsstruktur mit ihren teilweise vorhandenen Systemen wie Produktions-Planung und -Steuerung, Betriebsdatenerfassung oder Kalkulationswesen fehlt in der Regel ein umfassendes Führungsinstrument. Die Belegschaft setzt sich zusammen aus erfahrenen, operativ tätigen Schlüsselpersonen und die Führung selbst wird – wenn nicht intuitiv – zu wenig wahrgenommen. „Unter dem Diktat des Tagesgeschäfts fehlt heute der KMU-Führerschaft schlichtweg die Zeit, eine umfassende Systematik zur Sicherung der Qualitätsfähigkeit einzufahren,“ stellte der Unternehmensberater Josef Ackermann fest. „Vielmehr werden Forderungen vom Markt und der Gesellschaft unter dem Diktat des Tagesgeschäfts erledigt.“ Daß in einem solchen Teufelskreis das QM schlechthin ne-gativ dargestellt wird, ist verständlich.
Vor allem macht sich beim Thema Qualitätsmanagementsystem Unbehagen, Angst und ein großes Mißverständnis auf allen Stufen wie auch in allen Branchen bemerkbar. Dieses Mißverständnis wird durch Beispiele von eingeführten und zertifizierten QM-Systemen aus der Praxis noch zusätzlich verstärkt.
Viele eingeführte QM-Systeme haben möglicherweise eine oder mehrere grundsätzliche Schwachstellen:
u fehlende ganzheitliche Integration
u fehlende Einfachheit
u fehlende Akzeptanz
Die Ursache dieses Sachverhaltes liegt in der falschen Zielsetzung: ISO-Zertifikat statt Managementsystem
Entwicklungstendenzen in der Fertigungsmeßtechnik
Prof. Dr.-Ing. A. Weckenmann, Lehrstuhl Qualitätsmanagement und Fertigungsmeßtechnik, Universität Erlangen-Nürnberg, zeigte neue Möglichkeiten der Fertigungsmeßtechnik. „Technologische Fortschritte haben in der Fertigungsmeßtechnik dazu geführt, daß mittlerweile fast jedes Merkmal mit nahezu beliebiger Genauigkeit erfaßt werden kann. Der Druck immer kürzer werdender Produktionszeiten, gleichzeitig aber zunehmend variantenreich und in Kleinse-rien hergestellter Produkte erfordert zudem schnelle und prozeßnah einsetzbare Meßgeräte.“ Die Verwendung von Meßgeräten im Rahmen der Werkerselbstprüfung macht weiterhin benutzerfreundliche Bedienkonzepte notwendig Schließlich vollziehen sich im Bereich der Normen und Richtlinien wichtige Änderungen, deren Auswirkungen gerade beginnen, bemerkbar zu werden.
Formmessung mitKoordinatenmeßgeräten
Mit der Einführung des Highspeed-Scanning ist es Koordinatenmeßgeräten möglich, in angemessener Zeit eine ähnlich hohe Meßpunktanzahl in einem Profilschnitt zu erfassen wie dies in der Formmeßtechnik üblich ist. Durch Einsatz normgerechter Auswerte- und Filterverfahren wird die Vergleichbarkeit der Ergebnisse aus Koordinaten- und Formmessungen angestrebt.
Oberflächenmessung mit Koordinatenmeßgeräten
In einzelnen Prototypen wurde auch die Erfassung der Werkstückfeingestalt mit Koordinatenmeßgeräten realisiert. Häufigster Ansatz war es, ein Tastschnittgerät mit integrierter Vorschubeinheit in den Meßkopf einzuwechseln. Das Koordinatenmeßgerät wurde lediglich zum Positionieren verwendet. Wurde ein Rauheitsmeßsystem ohne Vorschub-einheit eingewechselt, war das Koordinatenmeßgerät auch für das Verfahren zuständig. Die Verwendung eines speziellen Rauheits-taststifts im Zusammenwirken mit einem messenden Tastsystem stellt die neueste Variante dar.
Dimensionelles Messen mit Formmeßgeräten
Die messende R-Achse ermöglicht es erstmals, auch mit Formmeßgeräten Durchmesser und Abstände mit ausreichender Genauigkeit zu ermitteln. Der Schritt zum 3D-Meßsystem wird durch den Einsatz von Linearmaßstäben in allen bisher nur zum Bewegen des Tasters benutzten Achsen sowie durch ein exaktes Winkelmeßsystem zum Erfassen der Winkelposition des Drehtisches voll-zogen.
Motif
Insbesondere auf Betreiben der französischen Automobilindustrie wurde die Motif-Methode als Alternative zum Mittellinien-System (M-System) für die Erfassung der Oberflächenrauheit und -welligkeit eingeführt. Interessante Eigenschaften der Motif-Methode sind:
l Im Gegensatz zum M-System wird bei Motif das ungefilterte Profil ausgewertet. Ein Vor- und Nachlauf ist aus diesem Grund unnötig, was vor allem bei sehr kurzen Meßstrecken von Vorteil ist.
l Es werden lediglich sieben Parameter ermittelt, die im Gegensatz zu manchen Parametern des M-Systems gut zur funk- tionsgerechten Beurteilung der Ober- fläche geeignet sind.
l Ein fest im Auswertealgorithmus in- tegrierter Ausreißertest sorgt für die Elimination von lokalen Irregularitäten im Profil, die sich ansonsten bei der Parameterberechnung bemerkbar machen würden, aber für das Funktionsverhal- ten des Werkstücks keine Rolle spielen.
Datentechnische Integration
Zunehmend werden Meßgeräte in eine bereichsübergreifende Datenkopplung einbezogen. Im CAD-System vorhandene Geometriemodelle werden bereits heute zum Erstellen von Prüf- und Meßablaufplänen verwendet. Methoden des Qualitätsmanagements wie z.B. die Statistische Prozeßlenkung (SPC) beziehen benötigte Daten automatisiert von Meßgeräten, die in den betrieblichen Rechnerverbund integriert sind. Von einer vollständigen Eingliederung der Meßtechnik in das EDV-Umfeld des Unternehmens kann jedoch noch nicht gesprochen werden. Zum einen ist der Informationsrückfluß aus dem Prüfbereich in die Entwicklung oder Konstruktion noch unzureichend rea-lisiert. Beispielsweise hat ein Konstrukteur bisher kaum die Möglichkeit, die Prüfbarkeit der durch ihn festgelegten Maße und Toleranzen zu verifizieren bzw. den Aufwand der Prüfung abzuschätzen. Zum anderen ist es derzeit nicht gewährleistet, daß die vor-handenen Datenschnittstellen (z.B. DMIS, STEP, VDA-FS) allen Anforderungen aus Konstruktion, Fertigung und Prüfung gerecht werden. So existieren derzeit z.B. keine geeigneten Lösungen für das Erfassen der Gestalt von Werkzeugen der spanenden Bearbeitung (Bohrer, Wendeschneidplatten, Fräser) und den Soll/Istvergleich mit den CAD-Daten dieser Werkzeuge.
Fertigungsnahe Nutzung
Die heute verfügbare Gerätetechnik erlaubt den Einsatz selbst hochsensibler Meßgeräte in unmittelbarer Nähe der Fertigung. Durch robuste Auslegung der Maschinen bzw. Kapselung von der Umgebung können die Auswirkungen von Abweichungen von der Referenztemperatur, Temperaturschwankungen, Temperaturänderungen, Schwingungen oder Schmutz minimiert oder rechnerisch kompensiert werden (CAA).
Werkerselbstprüfung
Die im Zuge des Qualitätsmanagements auf den Werker übertragene Verantwortung, für das Überprüfen der gefertigten Werkstücke selbst zuständig zu sein, hat vor allem bei rechnergestützt arbeitenden Meßgeräten eine werkergerechte Bedienführung zur Voraussetzung. Das Meßgerät muß ohne Kenntnis kryptischer Kürzel oder Kommandos nutzbar sein, die Ergebnisse müssen in verständlicher Form dargestellt und zur Prozeßkorrektur verwendbar sein.
In den Bereichen, in denen besonders genaue Meßergebnisse gefordert sind oder wo die Universalgeräte aufgrund des Meßverfahrens bestimmten Einschränkungen unterliegen, werden schnelle, kostengünstige und prozeßnahe Meßgeräte benötigt. Gerade in der Mikrosystemtechnik ist nicht mit der Verwendung taktiler Multifunktionsgeräte zu rechnen. Statt dessen werden vermehrt optische Meßgeräte Verwendung finden.
Prozeßnahe Meßtechnik und Qualitätsregelkreise
Durch die Integration der Meßtechnik in die Fertigungslinie – sei es als eigenständige Station oder als prozeßintermittierendes System – können bereits während der Bearbeitung Daten über die Qualität nicht nur des Produkts sondern der gesamten Prozeßketten gesammelt werden. Weiter steigende Meß-geschwindigkeiten erlauben bei kritischen Merkmalen zum Teil 100 %-Prüfungen. Werkergerechte Gerätebedienung und Ergebnisdarstellung sind Voraussetzung zum Aufbau schnell reagierender, maschinennaher Qualitätsregelkreise. „Die hierzu ebenfalls notwendige datentechnische Integration der Meßtechnik in den Produktionsablauf muß weiter vorangetrieben werden,“ fordert Prof. Weckenmann.
Offene Probleme stellen nach wie vor die Berücksichtigung der Umgebungseinflüsse und des Einflußfaktors Mensch dar. Um die Auswirkungen der Temperatur in den Griff zu bekommen, sind vor allem beim fertigungsnahen Einsatz Berechnungsmodelle nötig, mit denen temperaturbedingte Abweichungen auch beim komplexen Werkstückgestalt korrigiert werden können. Notwendig ist auch eine hinreichende Ausbildung der Anwender vor allem bei Analyse, Planung und Durchführung der Messung. Dies trägt dazu bei, Prüfungen unter objektiv nachvollziehbaren Kriterien durchzufahren und die Ergebnisse gewissenhaft zu bewerten.
Die Rückführbarkeit (Traceability) sämtlicher Meßergebnisse muß durch den Anschluß an das Meternormal mit Hilfe der Kalibrierkette gewährleistet werden. Neben dem Ergebniswert ist stets auch die Unsicherheit anzugeben. Da die normgerechte Berechnung nach GUM jedoch in vielen Fällen zu aufwendig ist, müssen einfacher anwendbare Methoden eingeführt werden.
Neues KMG-Verfahren
Ein wichtiges Ziel ist es heute, den Fertigungsprozeß zu optimieren, d.h. ein Optimum zu finden zwischen Meß- und Prüfkosten einerseits und den Fertigungskosten andererseits. Aus Sicht der Fertigungsmeßtechnik bedeutet dies, daß häufig nur noch Stichproben, mit geringen Anforderungen an die Meßunsicherheit oder gar nicht mehr gemessen werden soll. Die Fertigungsstreubreite soll dabei klein gegenüber der Toleranz des Bauteils bzw. Prüfmerkmals sein. Es kommt jedoch immer wieder vor, daß einzelne Merkmale eines bestimmten Werkstücks mit einer relativ großen Fertigungsstreubreite im Vergleich zur Toleranz behaftet sind. In diesem Fall werden hoch genaue Meßmittel benötigt, um die Prozeßbeherrschung sicherstellen bzw. nachweisen zu können. Auch und gerade bei der Herstellung von Normalen und bei der Prüfmittelüberwachung ist dies der Fall.
Das Neu Technikum in Buchs (NTB) hat ein Verfahren für Koordinatenmeßgeräte (KMG) entwickelt, welches es ermöglicht sowohl Messungen mittlerer Genauigkeit als auch hoch genaue Messungen mit einem einzigen KMG zu realisieren. Es wird dabei eine aufgabenspezifische Meßunsicherheit definiert. Sie kann vom Anwender in jedem Einzelfall in Grenzen frei vorgewählt werden und je nach Wahl weit unter der üblicherweise angegebenen Längenmeßunsicherheit (MUL) liegen. Das Verfahren beruht auf dem Substitutionsprinzip und der Idee, durch Modell-bildung zufällige Abweichungen des KMG durch statistische Verfahren zu reduzieren, unter Inkaufnahme einer Erhöhung der Meßzeit. Das Verfahren wurde für das Merkmal Kreisdurchmesser im Detail erläutert. Es kann gezeigt werden, daß z.B. der Durchmesser eines Einstellrings mit einer Meßunsicherheit MUKR +/-0.3 µm gemessen werden kann, obwohl MUL mit +/-1.6 µm angegeben wird. Um dies zu erreichen müssen in diesem Fall ca. 50 Meßpunkte zur Ermittlung dieses Merkmals Kreisdurch-messer herangezogen werden.
„Die Vorteile des Verfahrens,“ so machte Prof. Keferstein deutlich, „liegen in der Kosten/Nutzentransparenz für jedes einzelne Merkmal und einem höheren Nutzungsgrad des KMG, da mit diesem Verfahren das KMG jetzt Meßaufgaben erledigen kann, die ihm bisher aufgrund mangelnder Genauigkeit verschlossen waren.“
Softwarephilosophie der dimensionellen Meßtechnik
Die heute existierenden Softwarepakete dienen alle in erster Linie dazu, die speziellen Funktionen des jeweiligen Meßgeräts zu unterstützen. So ist die Aufgabe der Software von Formtestern, Formen zu prüfen und auszuwerten. Software für Oberflächenprüfgeräte wertet ausschließlich die Qualität von Oberflächen aus. Software für Koordinatenmeßgeräte wertet in der Regel Positionen und Längen aus. Die spezielle Funktionalität des jeweiligen Meßgeräts bestimmt die Struktur und den Umfang des jeweils dazugehörigen Softwarepakets.
„Neue scannende Systeme,“ erläuterte Entwicklungsleiter Norbert Gaus vom Unternehmensbereich Industrielle Meßtechnik bei Carl Zeiss, „erweitern die Möglichkeiten traditioneller Koordinatenmeßgeräte deutlich und ermöglichen, neben der Position und der Länge auch die Form auszuwerten. Die Software vereinfacht durch Einsatz künstlicher Intelligenz im Softwareinterface dramatisch das Messen von Position, Länge und Form in der Fertigungsumgebung. Standard Icons, die Maschineneinstellungen überwachen und steuern, fuhren den Anwender durch die Vorbereitung und die Messung. Fertigungsmitarbeiter erkennen sofort den ähnlichen Ansatz wie bei der Programmierung von Bearbeitungsmaschinen.“
(-gro-)
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Tagungen des NTB QE 306KMG-Verfahren des NTB QE 307Prof. Seghezzi QE 308KMU-Zertifizierung QE 309QM-System Hilti QE 310Neue Software v. Zeiss QE 311
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