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Praxis der Leckmesstechnik

Dichtheits- und Durchflussprüfung an Elektromagnetventilen
Praxis der Leckmesstechnik

Elektromagnetventile sind aus industriellen Anwendungen nicht mehr wegzudenken. Aufgrund ihrer weiten Verbreitung, ihrer vielfältigen Einsatzbereiche und den zunehmend komplexeren Anwendungen werden auch an deren Produktqualität erhöhte Anforderungen gestellt. Hierzu gehören auch Dichtheits- und Durchflussprüfungen. In diesem praxisorientierten Beitrag werden die Grundlagen der Leckmesstechnik anhand der Prüfung von Elektromagnetventilen praxisnah beschrieben. Auf wichtige Aspekte beim Prüfverfahren, wie die Parametrierung einer prozesssicheren Prüfung und externe Einflüsse, wird hingewiesen.

Dr. Joachim Lapsien, Vertriebsleiter, CETA Testsysteme GmbH, Hilden

In einer Vielzahl von Anlagen, Maschinen und Geräten befinden sich Elektromagnetventile. Die Funktionsweise der Elektromagnetventile lässt sich wie folgt beschreiben: Eine vom elektrischen Strom durchflossene Spule erzeugt ein Magnetfeld. Dieses Feld übt eine Kraft auf einen mit einer Feder verbundenen magnetischen Anker aus, der dadurch bewegt wird. Die Einsatzbereiche der Elektromagnetventile lassen sich grob in die Funktionsbereiche Sperren, Schalten und Regeln unterteilen. Hieraus leiten sich auch die vielfältigen Einsatzbereiche der Elektromagnetventile ab, wie z.B. Absperrventile (z.B. in der Kälte- und Klimatechnik), Sicherheitsventile (z.B. für den definierten und gesteuerten Ablass von Überdruck), Dosierventile (z.B. zur Dosierung von Schmiermitteln, Lacken, Klebstoffen), Proportionalventile mit regelbarem Durchfluss (z.B. Druckregelventile in der Diesel-Common-Rail Pumpe). Von den Elektromagnetventilen werden unter anderem eine lange Lebensdauer, hohe Zuverlässigkeit und geringe Leckverluste in der Schließposition gefordert. Bei Elektromagnetventilen, die für den Flüssigkeitseinsatz ausgelegt sind, finden Prüfungen auf Dichtheit und im Falle eines veränderlichen Spaltabstandes zusätzlich auch Durchflussprüfungen statt.
Prinzip der Dichtheitsprüfung
Bei den hier beschriebenen Prüfverfahren wird Druckluft als Prüfmedium eingesetzt. Da die Viskosität von Luft geringer ist als die von Flüssigkeiten, lässt sich hiermit beispielsweise die Wasserdichtheit, die Öldichtheit des Prüfteils oder die Leckdichtheit gemäß der IP-Schutzklassen überprüfen. Mit dem Differenzdruckprüfverfahren liegen die minimal nachweisbaren Leckagen in der Größenordnung von 0,001 mbar*l/s. Hierbei wird der Druckabfall als Druckdifferenz gegen ein dichtes Referenzvolumen gemessen. Die geringsten nachweisbaren zeitlichen Druckverluste liegen dabei in der Größenordnung von 1 Pa/s. Mit der Differenzdruckmethode ist die oben genannte Leckrate nachweisbar, sofern das befüllbare Prüfteilvolumen kleiner ist als ca. 100 cm3. In Abhängigkeit von den Prüfanforderungen liegen die Prüfdrücke zwischen –1 bar und +30 bar (bezogen auf Atmosphärendruck).
Das Prinzip der Druckverlustprüfung ist in Bild 1 dargestellt. Das Dichtheitsprüfgerät steuert den gesamten Prüfprozess, der aus vier zeitlich aufeinander folgenden Phasen besteht: 1) die Füllphase, in der das Prüfteil auf den Zieldruck gefüllt wird, 2) die Stabilisierphase bei abgetrenntem Füllventil, in der sich die durch die Befüllung auftretenden Druckschwankungen beruhigen. Daran schließt sich 3) die eigentliche Messphase an, in der die Differenzdruckmesszelle in den Messkreis geschaltet wird. Daran schließt sich 4) die Entlüftphase an, in der der Druck im Prüfteil wieder abgelassen wird.
Beispiel: Dichtheitsprüfung an elektropneumatischen Umschaltventilen
Dieser Ventiltyp wird zur Steuerung verschiedener Anwendungen in der Motorpneumatik eingesetzt. Der bekannteste Anwendungsfall ist die Steuerung der Abgasrückführung beim Kaltstart und dient der Reduzierung des Schadstoffausstoßes. Ein elektromagnetisch bewegter Anker schaltet die Wege in Abhängigkeit von der Bestromung des Ventils. Die typische Prüfaufgabe derartiger Ventiltypen besteht darin, die Schaltwege im bestromten und stromlosen Zustand auf wechselseitige Dichtheit zu prüfen. In Abhängigkeit vom Volumen und von der zulässigen Leckrate der Prüfteile lässt sich eine Prüfzeit von ca. 10 Sekunden prozesssicher, d.h. konform zu den Anforderungen an die Prüfmittelfähigkeit, realisieren. Bei derartigen Ventiltypen liegen die zu prüfenden Volumen in der Größenordnung von einigen cm3 und die typischen zulässigen Leckraten zwischen 0,1 ml/min und 5 ml/min.
Prinzip der Durchflussprüfung
Das Prinzip der Durchflussprüfung ist in Bild 3 darstellt. Ein gesamter Messzyklus besteht hier aus den Phasen Füllen und Messen. Da das Prüfteil während der Messung ständig von Druckluft durchströmt wird, kann der Messvorgang unmittelbar nach dem Füllprozess und Erreichen des Prüfdruckes starten. Im Bild ist die direkte Prüfmethode dargestellt: Der vom Druckregler des Prüfgerätes gelieferte Druckluftstrom durchströmt zuerst die laminare Messstrecke und dann das gegen Atmosphäre offene Prüfteil. Durch die spezielle Konstruktion der Messstrecke bildet sich eine laminare Strömung. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass der zwischen den Messpunkten in der laminaren Messstrecke gemessene Druckabfall proportional zum Durchfluss ist.
Der Druckabfall wird über einen Differenzdrucksensor registriert und dann in einen Durchflusswert umgerechnet. Zur Erfassung verschiedener Durchflussbereiche sind kommerziell entsprechend ausgelegte Messstrecken verfügbar. Die Durchflussprüfung findet mit dem Medium Druckluft statt. Im praktischen Einsatz durchströmen aber Flüssigkeiten (z.B. Wasser, Öl) die Ventile, so dass entsprechende stoffspezifische Umrechnungen der gemessenen Durchflüsse unter Berücksichtigung der dynamischen Viskosität notwendig sind. Häufig besteht die Prüfaufgabe aber darin, anhand der gemessenen Luftdurchflüsse Gut- und Schlechtteile zu erkennen.
Beispiel: Durchflussprüfung an einem elektro- mechanischen Mikroventil
Bei diesem Ventiltyp ist der Spaltabstand und damit der Durchfluss von der angelegten Spannung bzw. Stromstärke abhängig. In Bild 4 ist eine praktische Messung darstellt. Die Prüfung findet bei einem Prüfdruck von 20 mbar statt. Mit der ausgewählten laminaren Messtrecke lässt sich der Durchfluss über den gesamten Bereich der Spaltverstellung gut messen. Derartige Ventiltypen werden unter anderem für gezielte Dosierungen im Medizinbereich eingesetzt.
Parametrierung und Prozesssicherheit
In der Regel werden besondere Anforderungen an die Taktzeit der Prüfung gestellt. Ist darüber hinaus die zulässige Leckrate gering, so ist es in der Regel notwendig, dass praktische Messreihen mit Serienteilen (d.h. Gutteile, grenzwertige Teile, Schlechtteile) durchgeführt werden, um die Prüfparameter prozesssicher zu ermitteln. Dem Wunsch nach stetiger Verkürzung der Taktzeit und der Erkennung geringer Leckraten stehen physikalische Notwendigkeiten entgegen. So kann beispielsweise eine Verkürzung der Füllzeit oder der Stabilisierzeit dazu führen, daß sich bis zum Beginn der Messphase kein messtechnisch stabiler Zustand einstellt, der durch einen zeitlich konstanten leckagebedingten Druckverlust gekennzeichnet ist. In diesem instabilen Zustand ergeben sich große Streuungen der Messwerte, und die messtechnisch notwendige klare Trennung der Messwerte von Gut- und Schlechtteilen ist nicht mehr gegeben. Derartige Betrachtungen sind insbesondere dann notwendig, wenn die Messmittelfähigkeit des Prüfprozesses nachgewiesen werden muss.
Zudem können in das Prüfgerät integrierte Überwachungsfunktionen wesentlich zur Erhöhung der Prozesssicherheit beitragen, indem sensible interne Komponenten auf deren korrekte Funktion überwacht werden. Hierdurch können Fehler an Differenzdruckmesszelle, Ventilsystem, A/D-Wandler und Druckschalter erkannt werden (z.B. durch den standardmäßig integrierten „Still-Alive-Check“ bei der Dichtheitsprüfgeräteserie CETATEST 810 der CETA Testsysteme GmbH). Durch Kalibriernormale (Testlecks bei der Dichtheitsprüfung, Testdüsen bei der Durchflussprüfung) lässt sich die Funktion der Prüfgeräte in regelmäßigen Abständen (z.B. beim Schichtwechsel) prüfen.
Berücksichtigung externer Einflüsse
Sind die Prüfteile verschmutzt (z.B. verölt), so sollte die Entlüftung des Prüfteils nicht über das Prüfgerät erfolgen. In der Praxis wird die Entlüftung über ein externes 3/2-Wege-Ventil realisiert, das durch das Prüfgerät oder die SPS gesteuert werden kann. Temperaturänderungen erzeugen Druckänderungen der im Prüfteil eingeschlossenen Druckluft und wirken sich insbesondere in der Messphase schädlich auf die Messung aus. So kann hierbei z.B. der Druckverlust infolge einer Leckage durch eine gegenläufige Druckzunahme aufgrund der Erwärmung der eingeschlossenen Luft überdeckt werden. Durch folgende Maßnahmen lassen sich diese Einflüsse minimieren: thermische Isolierung der messtechnisch sensiblen Leitungen, Verwendung von thermisch trägem Material für die Adaption, Schutz des Prüfteils und des Prüfgerätes vor Zugluft und Sonneneinstrahlung. Sind die Prüfteile durch vorgelagerte Fertigungsschritte (z.B. Reinigungs- oder Schweißprozesse) erwärmt, so sollten diese vor der Prüfung idealerweise durch eine Kühlschleife auf Raumtemperatur abgekühlt werden. Ist dieses nicht möglich, so kann als zusätzliche Prüfgerätefunktion die Temperaturkompensation eingesetzt werden (diese Zusatzfunktion ist z.B. für die Dichtheitsprüfgeräteserie CETATEST 810 verfügbar). Damit lassen sich auch warme Prüfteile prozesssicher auf Dichtheit prüfen.
CETA Testsysteme, Hilden
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