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Produkthaftung für Plagiate?

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Produkthaftung für Plagiate?

Produkthaftung für Plagiate?
Philipp Reusch Reusch Rechtsanwälte, Saarbrücken www.reuschlaw.de
Die seit 2009 tätige Regierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag auch auf die Bekämpfung der weltweiten Marken- und Produktpiraterie festgelegt. Aber inwieweit ist dieses Thema für den Hersteller eines Produktes interessant?

Natürlich sind Plagiate wirtschaftlich bedeutsam, sie machen Preise und Märkte zunichte und können mühsam aufgebaute Markenimages zerstören. Eine haftungsrechtliche Komponente hat hierbei bisher selten ihren Niederschlag gefunden. Dabei ist die produkthaftungsrechtliche Konsequenz aus dem Vorliegen von Plagiaten für den Originalhersteller äußerst bedeutsam.

Die Frage lautet also, ob der Originalhersteller auch haftet für Schäden, die durch das Plagiat eines anderen Unternehmens entstanden sind. Das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) bildet ein in der Europäischen Union einheitliches System der Gefährdungshaftung für fehlerhafte Produkte. Ansprüche des geschädigten richten sich gegen den Hersteller eines Produktes. Entscheidend ist dabei nicht dessen Verschulden für den späteren Schadenseintritt, sondern alleine die Fehlerhaftigkeit des Produkts. Kann der Geschädigte Nutzer eines Plagiats daher den Fehler nachweisen, haftet im Grunde der Hersteller für die Schäden. Aber der Originalhersteller ist nicht der Hersteller des Plagiats. Diesen Nachweis muss er allerdings nach § 1 Absatz 4 ProdHaftG auch erbringen können, um einer Haftung zu entgehen. Hierzu gehören eindeutige Identifikationsmerkmale der eigenen Produkte und eine ausreichende Dokumentation.
Die Beweisführung im Produkthaftungsprozess ist dabei sehr komplex. Während der Geschädigte in einem ersten Schritt darlegen muss, inwiefern das fehlerhafte Produkt durch das beklagte Unternehmen hergestellt worden ist, genügt für den Originalhersteller nicht alleine der Hinweis, es könne sich um ein Plagiat handeln.
In den Fällen von Plagiaten spricht vielmehr der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Plagiat aus dem Bereich des Originalherstellers stammt. Der Originalhersteller ist also gut beraten, diesen Anscheinsbeweis gezielt und konkret bekämpfen zu können. Denn nur wenn er nachweisen kann, dass das Produkt gefälscht ist, kann er einer Haftung entgehen.
Neben dem Produkthaftungsgesetz besteht in Deutschland auch eine Haftung des Herstellers eines Produktes über § 823 I BGB. Der Originalhersteller haftet hier für eine Verletzung seiner Verkehrssicherungspflichten, wenn er keine Vorkehrungen gegen ihm bewusste oder zumindest erkennbare Fälschungen vorgenommen hat.
Die Fälschung eines Produkts ist auch in einer Rückrufsituation kritisch, die seit dem Pflegebettenurteil des BGH aus 2009 zumindest in Deutschland klarer geregelt ist. Eine Pflicht zum Rückruf von eigenen und fremden, gefälschten Produkten wird nicht anzunehmen sein. Allerdings kann sich bereits aus einer Risikominimierung heraus ein solches Vorgehen anbieten. Andernfalls riskiert der Hersteller, in einem späteren Produkthaftungsfall nicht nachweisen zu können, dass die schadensverursachenden Produkte tatsächlich nicht von ihm stammen. Je weniger also der Originalhersteller in der Lage ist, die Originalität seiner Produkte von der Fälschung zu unterscheiden, desto eher wird eine korrektive Maßnahme im Markt notwendig sein.
Problematisch an dieser Stelle ist die Versicherbarkeit dieser Maßnahmen. Die Produkthaftpflichtversicherungen und auch die Rückrufkostenversicherungen sehen keinen Rückruf von fremden Produkten vor. In jedem Fall ist der Hersteller hier auf eine intensive Abstimmung mit seiner Versicherung verwiesen, um eine Maßnahme wenigstens in Teilen mit der Versicherungssumme finanzieren zu können.
Die Entwicklungen in der Europäischen Union laufen allerdings auf eine Verpflichtung von bestimmten Branchen hinaus, auch Plagiate zurück zu rufen.
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