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Prüfplanung multimedial

Programmlösung für die Prüfmittelauswahl
Prüfplanung multimedial

Um die Prüfmittelauswahl optimaler und weitestgehend objektorientierter vornehmen zu können, wurde ein Programmsystem unter Einbeziehung multimedialer Techniken entwickelt, das sich als ein offenes CAQ- System mit Schnittstellen zu CAD- und PPS-Systemen in die Informations- und Kommunikationsstruktur von Industrieunter-nehmen integrieren läßt.

Dr.-Ing. Michael Klaeger, Dipl.-Ing. Dirk Fiedler,wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Fertigungstechnik und Qualitätssicherung, Otto-v.-Guericke-Universität, Magdeburg

Ausgangspunkt und Grundlage qualitätssichernder Maßnahmen ist die Prüfplanung. Sie umfaßt alle erforderlichen Planungsarbeiten zur Sicherstellung der vorgeschriebenen Qualität eines Produktes und legt fest, welche Prüfverfahren und Prüfmittel zu verwenden und welche Prüfmerkmale eines Produktes wie und wie oft zu prüfen sind.
Hierbei ist vor allem die Rechnerunter-stützung ein effektives Werkzeug bei der Systematisierung und Rationalisierung qualitätssichernder Routinearbeiten.
Die Analyse existierender CAQ-Systeme zeigt, daß die eigentlichen Planungsfunktionen, wie das Bestimmen der Prüfmerkmale oder der Prüfmittel, nach wie vor dem Erfahrungswissen des Prüfplaners überlassen bleiben.
Wissensbasierte Systeme
Einen Lösungsansatz für eine relativ schnelle und qualitätsgerechte Prüfplanerstellung bildet die Erfassung und Archivierung des Wissens von Experten. Als Werkzeug zum Erreichen dieser Zielstellung bieten sich wissensbasierte Systeme an.
Diese sind jedoch nicht unumstritten, denn wie die Vergangenheit zeigte, kam eine re-lativ große Anzahl von Expertensystemen nicht über das Stadium der Laborphase hinaus (/1, 2/). Die Ursache liegt zum einen am Problem der Wissensakquisition und Akzeptanz durch die Anwender, zum anderen ist offensichtlich nur ein begrenzter Kreis von Experten in der Lage, komplexe Sachverhalte abzubilden oder gar den Schritt von der Daten- zur Wissensverarbeitung zu vollziehen. Die Entwicklung eines Expertensystems erfolgt in den meisten Fällen noch subjektiv entsprechend den Fähigkeiten und der Mentalität des Wissensin-genieurs.
Einen Beitrag zur Entwicklung der Wissensakquisitionskomponente eines Expertensystems (XPS) bildet die Nutzung multimedialer Techniken, die in letzter Zeit ein rasantes Entwicklungstempo besonders auf dem Gebiet der Kommunikationstechnik genommen haben. Durch den richtigen Einsatz dieser Medien, wie z.B. Videoclips, Audio-Voice-Funktionen oder Animationen kann, ein benutzerfreundliches Instrument zur Unterstützung der Planungsfunktionen geschaffen werden.
Einsatz multimedialer Techniken
Bei der Anwendung moderner und leistungsfähiger Meßtechnik wirkt sich die oft unzureichend auf die Anforderungen und Fähigkeiten des Benutzers abgestimmte Bedienung der Meßgeräte hemmend aus. Gerade beim Einsatz solcher Geräte in der Fertigungsebene ist eine sorgfältige und genaue Kenntnis über die richtige Handhabung außerordentlich wichtig. Nur wenn der Werker in der Lage ist, die Bedienung schnell zu erlernen, wird er ein solches Gerät akzeptieren und wirkungsvoll einsetzen können.
Derartige Probleme fallen in der Prüfplanung mit der Auswahl des optimalen Prüfmittels an. Dabei liegt das aufbereitete Wissen über einzusetzende Prüfmittel meist nur in Form von Katalogen oder textlichen Beschrei-bungen vor, welches für die richtige Auswahl und Anwendung von Prüfmitteln besonders bei geometrisch kompliziert gestalteten Werkstücken erfahrungsgemäß zu Problemen führt. Mögliche Schnittstellen bzw. Handhabungstechniken dieser Prüfmittel sind dem Prüfplaner meist nicht bekannt.
Der Einsatz moderner PC-basierter Multimediatechniken bietet zur Lösung derartiger Probleme wesentliche Vorteile, da eine transparente Darstellung im multimedialen Umfeld das Verständnis über Zusammenhänge interaktiver Planungstätigkeiten sowie die gleichzeitige Einbeziehung benötigter Kommunikationsbereiche erleichtert.
Durch die Visualisierung entscheidungs-relevanter Daten, wie z.B. Meß- und Anwendungsbereiche, Fehlergrenzen, Meßunsicherheiten, Schnabel- und Schenkellängen, für das jeweilige Prüfmittel notwendige Prüfhilfsmittel usw., kann jederzeit auf bereits vorhandene Prozeßdaten zurückge-griffen oder eine Entscheidung zurückgenommen werden. Auch ist es mit Hilfe multimedialer Techniken möglich, die Komplexität des Planungsablaufes in Teilprozessen zu simulieren. Und gleichzeitig über Verknüpfungen mit anderen Informationssy-stemen partizipativ weltweit wirksam zu werden.
Eine wirkungsvolle Unterstützung bei der Auswahl von Prüfmitteln mit Multimedia kann durch anschauliche Darstellungen in Form von Fotos, gescannten Bildern, Videos oder Animationen erzielt werden.
Durch den Einsatz multimedialer Techniken wurde eine Programmlösung entwickelt, die als Ergebnis eine Integration in bestehende CAQ-Systeme ermöglicht und zur Erweiterung des Anwendungsumfanges dieser Systeme beiträgt. Des weiteren soll diese Kommunikationslösung den Prüfer in bezug auf meßtechnisch richtige Handhabbarkeit des Prüfmittels beim unmittelbaren Prüfprozeß und bei der Einhaltung des u/T-Verhältnisses bzw. der Kenngrößen zur Prüfmittelfähigkeit unterstützen. Den Schwerpunkt bildet die Erarbeitung eines Entscheidungsbaumes zur Prüfmittelauswahl.
Klassifizierung vonPrüfaufgaben
Für die rechnerunterstützte Prüfplanung bildet die Klassifizierung der Prüfaufgabe mit der direkten Zuordnung des dafür erforder-lichen Prüfmittels eine grundlegende Voraussetzung.
In der ersten Klassifizierungsebene von Prüfaufgaben (Abb. 1) wurden die Oberbegriffe
u Geometrische Merkmale
u Physikalisch/chemische Merkmale
u Funktionsbezogene Merkmale
u Erscheinungsbezogene Merkmale
ermittelt. Diese können in Abhängigkeit vom jeweiligen Einsatzfall ergänzt, zusammengefaßt oder weiter detailliert werden.
Jeder Prüfaufgabe wird ein Klassifizierungs-code zugeordnet, der jeweils aus drei Buchstaben und maximal vier Ziffern besteht. Die Buchstaben geben einen ersten Hinweis auf die Art der Prüfaufgabengruppe. Zum Beispiel deutet der Begriff GEO auf eine Prüfaufgabe für Geometriemerkmale und FUN auf eine funktionsbezogene Prüfaufgabe in der ersten Klassifizierungsebene hin. Der Zifferncode dient zur Systematisierung der Prüfmitteldatenbank in bezug auf die Zu-ordnung von Prüfaufgabe zum Prüfmittel.
Prüfmittelauswahl mitmultimedialem online Zugriff
Die Programmlösung zur rechnerunterstützten Prüfmittelauswahl mit multimedialem online Zugriff basiert auf dem Ordnungs-system zur Klassifizierung von Prüfaufgaben. Die Abbildung 2 zeigt die Programmschritte zur rechnerunterstützten Prüfmittelauswahl mit multimedialen Techniken. Die Auswahl des Prüfmittels erfolgt in 7 Programmschritten. Im Ergebnis des Suchlaufes durch alle vier Klassifizierungsebenen und durch das Setzen weiterer Filterbedingungen sind k Prüfmittel ausgewählt, die für die de-finierte Prüfaufgabe angeboten werden.
Die Prüfmittel können über Textlines am Bildschirm graphisch sichtbar gemacht werden. Das Programm erlaubt für jedes Prüfmittel das Abspielen eines Videos und einer Tondatei und die Darstellung von maximal 3 Bildern. Die audiovisuellen Kommunika-tionsmöglichkeiten dieser multimedialen Techniken erlauben eine gezielte Auswahl des einzusetzenden Prüfmittels in bezug auf die Prüfaufgabe (s. Abb. 3).
Auf der Basis eines Baumdiagramms mit fertiger Kennzeichnung relevanter Merkmale (Abb. 4) kann im Dialog das dazugehörige Untermenü aufgerufen und interpretiert werden.
Zur graphischen Beschreibung der jewei-ligen Prüfaufgabe wurden Prüfskizzen als Schaltflächen (Buttons) hinterlegt. Mit mit dem Einsatz multimedialer Techniken ist somit ein bedienerfreundliches und übersichtliches Programm zur Auswahl optimaler Prüfmittel geschaffen worden, das durch die graphische Benutzeroberfläche bedeutende Vorteile gegenüber konventionellen Programmsystemen aufweist.
Benutzeroberflächeals Buch
Da ein gleichwertiges Abspielen von Medien für mehrere Prüfmittel nicht möglich ist, wurde mit Toolbook Multimedia eine Benutzeroberfläche entwickelt, die das Blättern wie in einem Buch ermöglicht. Beim Überblättern eines Prüfmittels erscheint ein weniger kontrastiertes Bild auf dem Bildschirm. Diese Darstellungsart erhöht die Bildfrequenz und die Übersichtlichkeit.
Beim Dialogschritt Setzen weiterer Filterbedingungen werden bestimmte Parameter, wie beispielsweise Anwendungs- und Meßbereich, Zugänglichkeit und Meßunsicherheit aktiviert, über deren Auswahl der Benutzer infolge durchgeführter Korrespondenz entscheiden kann. Beispielsweise wird für die Suche eines Prüfmittels, für das die Angabe des Meßbereiches und der Meßunsicherheit sinnvoll erscheint, die Checkbox des Meßbereiches und die des Anwendungsbereiches aktiviert. Werden beide Checkboxen deaktiviert, erfolgt eine Filterung aller derjenigen Prüfmittel, für die das Prüfmerkmal zutreffend ist und die den Anforderungen der eingegebenen Meßunsicherheit entsprechen.
Bei Aktivierung von weiteren Parameter- Checkboxen erscheinen neue Abfragemasken mit anderen WIDGETS und Schaltern auf dem Bildschirm.
Abb. 5 zeigt einige Bildschirmauszüge der Datenselektion unterschiedlicher Parameter-Abfragen.
Für die programmtechnische Umsetzung bedeutet dies, daß bei Eingabe von mehreren Parametern jeder einzelne Einsatzfall im Dialogbetrieb gesondert recherchiert werden muß.
Prüfmittelauswahl für einen „Außendurchmesser“
Im Ergebnis der Filterabfragen wurden für die Prüfmerkmalsklassifizierungsnummern (GEO 1021) aus dem Prüfmittelbestand für diese Prüfaufgabe noch 68 in Frage kommenden Prüfmittel angeboten.
Durch Setzen weiterer Filterbedingungen wurden vom Programm letztendlich 4 Prüfmittel zur Lösung der Prüfaufgabe ausge-wiesen.
Die 4 ausgewählten Bügelmeßschrauben sind nun durch Nutzung multimedialer Techniken – in diesem Fall sind es eingescannte Bilder – vom Prüfplaner so zu bewerten, daß letztendlich ein Prüfmittel in den Prüfplan übernommen werden kann.
Die Abbildungen 7 und 8 zeigen dabei auszugsweise 2 Darstellungsformen unterschiedlicher Bügelmeßschrauben, mit deren Hilfe der Prüfplaner seine Entscheidung treffen kann.
Die Medien beinhalten hauptsächlich In-formationen über meßtechnische Parameter aber auch schematische Darstellungen und Hinweise bzw. Darstellungsformen über Datenerfassungsmöglichkeiten im online Betrieb durch Interfaceboxen.
Ergebnisse
Mit diesem CAQ-Modul konnte eine über 30 %ige Reduzierung des Arbeitszeitaufwandes für die Prüfplanerstellung und Prüfmittelauswahl erzielt werden. Dabei bietet der Einsatz multimedialer Techniken zusätzlich den Vorteil, daß der Prüfplaner in seiner Entscheidungsfindung durch die audiovisuelle Darstellung und Erläuterung verschiedener Prüfmöglichkeiten objektiver und gezielter unterstützt wird. Durch eine weitere Unterteilung der einzelnen Klassifizierungsebenen wird es dem Nutzer auch ohne große Einweisung in das Programmsystem ermöglicht, die zu lösenden Prüfaufgaben programmtechnisch zu erkennen, die richtigen Eingaben zu tätigen und somit die relevanten Prüfmittel aus einem größeren Datenbestand herausfinden zu können.
Diese nutzerfreundliche Bedienerführung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz der entwickelten Programmlösung. Insgesamt ist einzuschätzen, daß durch die vorgestellte funktionsfähige Programmlösung zur rechnerunterstützten Prüfmittel-auswahl mit multimedialen Techniken im on- line Zugriff eine Voraussetzung geschaffen wurde, die Durchlaufzeiten für Arbeitsauf-gaben innerhalb der Prüfplanerstellung zu verkürzen und den Arbeits- und Zeitaufwand für die Prüfmittelauswahl wesentlich zu verringern.
Weitere Informationen A QE 305
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