Startseite » Allgemein »

Qualität ist in den Köpfen

Unternehmensinternes Qualitätstraining
Qualität ist in den Köpfen

Jeder Qualitätsmanager kennt diesen Ausspruch, sollte ihn verwenden und den Mitarbeitern vorleben. Doch auch die Geschäftsführer entdecken mehr und mehr das Potenzial, das in den Köpfen ihrer Mitarbeiter steckt und damit verbunden den Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg, den gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter beherbergen.

Stephan Riechmann, QM-Berater und -Trainer, Hamburg

Neben fachlichem Wissen, das über Schule und Studium oder Aus- und Fortbildung vermittelt wird, spielt hier natürlich auch die Kenntnis der betrieblichen Abläufe und der, von außen an den Betrieb gestellten Anforderungen, seitens der Kunden und der gesetzlichen Vorgaben und Normen eine große Rolle. Dieses spezielle Wissen bringen Mitarbeiter oft nur teilweise mit. Es kann auch nicht während der Einarbeitungsphase vermittelt werden. Aber dennoch befindet sich genau an dieser Stelle erhebliches Potenzial zur Verbesserung der unternehmensinternen Abläufe, zur Vermeidung von Fehlern und damit zur Steigerung der Effizienz und Effektivität des Unternehmens.
QM-Anforderungen gestiegen
Seit der Novellierung der Norm ISO 9001 im Jahr 2000 sind die Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme hinsichtlich der Entwicklung und Motivation der Mitarbeiter stärker ausgeprägt. Der Abschnitt 6.2.2. der ISO 9001:2000 „Fähigkeit, Bewusstsein und Schulung“ verdeutlicht dieses besonders:
Die Organisation muss
die notwendigen Fähigkeiten des Personals, das die Produktqualität beeinflussende Tätigkeiten ausübt, ermitteln,
zur Deckung dieses Bedarfs für Schulung sorgen oder andere Maßnahmen ergreifen,
die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen beurteilen,
sicherstellen, dass ihr Personal sich der Bedeutung und der Wichtigkeit seiner Tätigkeit bewusst ist, und weiß wie es zur Erreichung der Qualitätsziele beiträgt, und
geeignete Aufzeichnungen zur Ausbildung, Schulung, Fertigkeiten und Erfahrungen führen.
Die Erfüllung der Anforderungen stellt gerade mittelständische Unternehmen vor einige Probleme, da in vielen Fällen keine Trainingsabteilungen unterhalten werden (können), die sich gezielt diesem Thema verschreiben. Hieraus resultiert dann eine eher rudimentäre Erfüllung der Normenforderung, (vgl. a) bei der sich schon die Ermittlung des Schulungsbedarfs auf eine passive, an die Abteilungsleiter gerichtete Abfrage reduziert.
Der darauf basierende und anschließend vom Personalleiter zu konsolidierende Schulungsplan komplettiert so das System der Bedarfsermittlung. Das Ergebnis und somit ein wesentlicher Posten dieses Planes kann beispielsweise das Seminar „Excel für Fortgeschrittene“ sein. Sicherlich nicht unwichtig, aber wird das Unternehmen so voran gebracht? Kann so eine Verbesserung der Betriebsabläufe erzielt werden?
Wahrscheinlich nicht, denn eine Ausschöpfung des Verbesserungspotenzials wird in erster Linie durch das Verständnis der Mitarbeiter für das Gesamtsystem des Unternehmens und den geschärften Blick über Abteilungsgrenzen hinaus, geweckt. Transparente und prozessorientierte Abläufe stellen einen Meilenstein zur Erreichung dieses Zieles dar, aber auch das Thema „Schulung“ hat hier hohe Priorität.
Die Erfüllung einer Normenforderung lediglich zur Erlangung des begehrten Zertifikats reicht also nicht aus, um einen Betrieb auch langfristig zu gestalten und den Mitarbeitern Perspektiven aufzuzeigen. Nachfolgend wird eine Denkrichtung skizziert, mit der ich sowohl während meiner Tätigkeit als Trainer und Berater als auch jetzt als Qualitätsmanagement-Planer gute Erfahrungen machen konnte.
Strukturiertes Schulungssystem
Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, ein strukturiertes und an den betrieblichen Erfordernissen orientiertes Schulungssystem zu implementieren. Zum einen die Durchführung der Schulungen mit externen Seminarleitern, zum anderen durch interne Mitarbeiter als Trainer. Fachlich empfiehlt sich aufgrund der tief greifenden Systemkenntnisse ein Mitarbeiter aus dem Bereich QM für die zweite Variante. In jedem Fall müssen die Bedürfnisse der Mitarbeiter bei den Seminaren im Fokus stehen, damit das Verständnis für die betrieblichen Abläufe bezogen auf das gesamte Unternehmen gefördert wird.
Für die meisten Qualitätsbeauftragten gesellt sich an dieser Stelle eine weitere schwere Aufgabe zu den anderen. Denn nicht jeder Q-Manager ist auch gleichzeitig ein ausgebildeter Trainer. Dieser Mangel wird daher häufig durch eine Neigung zur ersten Variante, der Beauftragung externer Institute, ausgeglichen, was aber nicht immer die optimale Lösung darstellt. Denn externe Seminarleiter kennen die alltäglichen Probleme des jeweiligen Unternehmens meistens nur von der Oberfläche. Die wirklichen Wurzeln erschließen sich eher den QM-Mitarbeitern. Aus diesem Grund ist es bei der Lösungsvariante des Trainings durch Externe besonders wichtig, im Vorfeld brisante Themen ausführlich zu diskutieren und die Seminarinhalte anschließend gemeinsam maßzuschneidern. Allerdings addiert sich diese zusätzliche Arbeit zu den ohnehin schon erheblichen Kosten bei der Beauftragung externer Trainer. Außerdem ist nicht jedes Seminarinstitut bereit, solche Anpassungen vorzunehmen. Gerne wird hier ein bewährtes Trainingsmodell propagiert, dessen Resultate aber eher dem Dienstleister helfen als dem Auftraggeber. Hier ist generell vorab eine genaue Prüfung der Seminarinhalte durchzuführen.
Die zweite Variante, die Seminarleitung durch QM-Mitarbeiter, bedarf möglicherweise einer vorgelagerten Fortbildung in pädagogischen und didaktischen Kenntnissen. Langfristig und auch im Sinne der Nachhaltigkeit ist diese Lösung jedoch zu favorisieren. Das gilt sogar vor dem Hintergrund der anfänglich höheren Kosten für eine gute Trainer-Ausbildung. Diesbezüglich ist auf die Inhalte „Moderations- und Präsentationstechniken“ besonders zu achten. Eine ausführliche Schulung mit Praxisanteil in beiden „Fächern“ mit einer Seminardauer von jeweils etwa drei Tagen sollte die Basis für den internen Seminarleiter bilden und erweist sich meistens auch als ausreichend. Danach sollte der frisch gebackene interne Trainer dem Grundsatz „practice makes perfect„ folgen und mit einem selbst erstellten Basis QM-Seminar (Dauer ca. drei Stunden) beginnen. Sogenannte „train the trainer“ Seminare sind zum Einstieg in die Welt der Seminarleitung in der Regel überdimensioniert und zu kostenintensiv.
Merkmale eines Qualitätsseminars
Aber was sind nun die prägnantesten Merkmale eines effektiven und zugleich auch effizienten Qualitätsseminars? Zum einen ist die Rolle des Seminarleiters in modernen Trainings eher eine moderierende als die des klassischen Akteurs eines, durch „Input” gekennzeichneten Genres. In modernen Seminaren stehen daher die Bedürfnisse, also die Sorgen und Nöte der Teilnehmer hinsichtlich der Arbeitsabläufe und Prozesse im Vordergrund. Der Schlüsselaspekt lautet „Transparenz schaffen“. Der Weg führt weg von dem herkömmlichen ISO 9001 Seminar, hin zu sehr speziellen Fragestellung: „Was bedeutet Qualitätsmanagement nach ISO für den jeweiligen Bereich des Unternehmens?“ Die Erläuterung der Hintergründe spezieller Verfahrensweisen stärkt somit das Verständnis der Mitarbeiter für die Gesamtsituation und ist daher auch ihrer Motivation förderlich. In vielen Köpfen ist auch heute noch der Gedanke manifestiert, dass Qualität und Business zwei voneinander unabhängige Prozesse sind. Dieses Vorurteil denn um nichts anderes handelt es sich auszumerzen, sollte eine der primären Zielstellungen bei der Konzeption eines Qualitätsseminars darstellen. Der Moderator streut und fordert Gedanken und Anregungen zugleich. Er sucht diese scheinbar parallelen Prozesse zu verbinden. Die Meinung, Qualität habe in erster Linie mit dem Transport von Dokumenten zu tun, wird bei so einer Vorgehensweise endgültig ad acta gelegt. Gleichzeitig werden die teilnehmenden Mitarbeiter aufgefordert, konstruktiv an der Verbesserung des Unternehmen mitzuwirken. Denn sie sind die Experten, die durch ihr Wissen den Betrieb voran bringen. Qualität ist in den Köpfen. Sie muss nur herausgelockt werden. In der folgenden kurzen Aufzählung finden Sie das Beispiel einer Agenda zu einem Basis Qualitätsseminar:
  • 1. Begrüßung und Vorstellung der Themeninhalte.
  • 2. Was bedeutet „Qualität” für den Einzelnen? (Hier findet ein gelenktes Brainstorming Fragerunde statt, welches die Thematik individuell aufrollt und die Teilnehmer sensibilisiert, denn sie werden gefordert.)
  • 3. Darstellung des Prozess- bzw. des gesamten QM-Systems des jeweiligen Unternehmens, allerdings empfiehlt sich hier eine Reflexion zu den Anforderungen der Normen und zu den Bedürfnissen des Marktes. Eventuell kann an dieser Stelle ein Kurzbericht aus Kundenperspektive einfließen. Auch hier sind Fragen und Diskussionen anzuregen.
  • 4. Abschlussdiskussion und Feedbackrunde.
(Nun kommt die Stunde der Wahrheit für den Trainer, eine sehr gute Möglichkeit das Trainingskonzept weiter zu verfeinern.)
Als Arbeits- und Hilfsmittel sollten Flipchart oder Pinwand zur Verfügung stehen. Die Trainingsinhalte selbst werden bei den ersten Seminaren am Besten mit „Power Point“ präsentiert. Dieses hilft auch dem Trainer, immer den roten Faden zu behalten. Ein wichtiger Hinweis noch zu den jeweiligen Folienvorträgen: Sie sollten immer selbst erstellt werden, denn jeder Mensch benutzt eigene Erklärungsmodelle und Reihenfolgen. Gekaufte Seminarunterlagen geben sicherlich gute Anregungen, sind aber lediglich als Basis zu sehen und individuell anzupassen. Ein guter Nebeneffekt ist außerdem: man lernt den Stoff selbst, in einem Arbeitsgang, schon bei der Erstellung der Unterlagen.
Teilnehmerauswahl ist wichtig
Des weiteren ist die Auswahl der Teilnehmer von immenser Bedeutung. Empfehlenswert ist eine Streuung auf möglichst viele Abteilungen. Denn die Mauern der Abteilungsgrenzen sind auch in einer prozessorientierten Unternehmensaufstellung noch nicht vollständig eingerissen. Und, nicht entmutigen lassen, denn es ist noch kein Meistertrainer vom Himmel gefallen. Jeder Seminarleiter musste sich seine Klasse hart erarbeiten und auch anfängliche Misserfolge hinnehmen.
Mit dieser Art, Seminare zu konzipieren und zu leiten, sind Erfolge in relativ kurzer Zeit realisierbar. Das bestätigen meine Erfahrungen sowohl als beauftragter, externer Trainer als auch als interner Qualitätsmanagement-Planer. Positive Resonanz erfuhr ich nicht zuletzt direkt aus dem Teilnehmerkreis. Denn, ehrlich zugegeben, wer geht schon gerne zu einem Qualitätsseminar. In den meisten Fällen handelt es sich doch um Pflichtveranstaltungen, die nicht unbedingt auf großes Interesse im Vorfeld stoßen. Aber bei der Ausrichtung der bestehenden QM-Systeme auf den Erfolg des Unternehmens und dem damit einher gehenden Wandel im Trainingsbereich lassen sich viele Systemkritiker überzeugen.
QE 503
Unsere Whitepaper-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Quality Engineering
Titelbild QUALITY ENGINEERING Control Express 1
Ausgabe
Control Express 1.2024
LESEN
ABO
Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper zum Thema QS


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de