Startseite » Allgemein »

Saubere Produkte leben länger

Mit steigender Präzision wird die Sauberkeit wichtiger
Saubere Produkte leben länger

Nachdem die Präzision von Bauteilen längst selbstverständlich geworden ist, wird mehr und mehr auch die Sauberkeit ein unverzichtbares Qualitätsmerkmal. Denn Schmutzpartikel sind ein Übel in der Technik. Nehmen sie überhand, klemmt es teilweise schon bei der Montage oder Inbetriebnahme.

Richard Läpple, Tübingen Freier Fachjournalist

Teilweise zeigen sich Funktionsstörungen erst nach einer gewissen Zeit, nämlich dann, wenn Partikel Düsen verstopfen, den Verschleiß in Lagern fördern oder an anderen Stellen Korrosion in Gang setzen. Auch beim Kleben mindern Fremdkörper die Qualität. Und geklebt wird immer mehr, beispielsweise in Hightech-Branchen wie der Luft- und Raumfahrttechnik. Dort sind Kunststoffe und Verbundmaterialien auf dem Vormarsch, ohne hochwertige Klebungen geht es dabei nicht. Ebenso setzt der Trend zur Miniaturisierung saubere Bauteile voraus. Wo die Leistungsdichte von Aggregaten und Geräten immer höher wird, wo folglich die Bauteile auf engstem Raum zusammenrücken, werden unerwünschte Fremdkörper schnell zum Problem. Zu all dem verlängern sich die Herstellergarantien aufgrund der Gesetzeslage oder aus Marketinggründen fortwährend. Für eine lange Funktionstüchtigkeit ist Sauberkeit eine elementare Voraussetzung.
Beispiel Automobilindustrie. Die Fahrzeugbauer nehmen bei der technischen Sauberkeit einmal mehr eine Vorreiterrolle ein. Die VDA-Richtlinie Band 19, Qualitätsmanagement in der Automobilindustrie, aus dem Jahre 2004 beschäftigt sich mit der Prüfung der technischen Sauberkeit und der Partikelverunreinigung funktionsrelevanter Automobilteile. Kritische Bereiche in einem Fahrzeug sind etwa die Einspritzanlage oder die Bremsanlage. Für neuralgische Stellen dieser Art legen die Hersteller bestimmte Partikelgrößen und -konzentrationen fest, die nicht überschritten werden dürfen. Diese Größen und Konzentrationen werden in der ISO-Norm 16232 (Road vehicles – Cleanliness of components of fluid circuits) in Klassen eingeteilt. Weitere Inhalte der Norm sind Verfahren und Auswertungen. Diese internationale Norm lehnt sich weitgehend an die VDA-Richtlinie 19 an. Andere Industriesparten haben ähnliche Richtlinien formuliert, sie alle aufzuführen, würde den Rahmen sprengen. Nur soviel: die ersten Normierungsansätze für das Thema technische Sauberkeit kommen aus dem Bereich Hydraulik. Ölfilter gibt es schon immer.
Sauber ist relativ
Die technische Sauberkeit ist eine spezifizierbare Messgröße. Sie wird in mg oder Partikelzahl und Partikelgröße pro benetztem Bauteilvolumen oder Bauteilfläche angegeben. Benetzt wird mit einer Reinigungsflüssigkeit, um die Schmutzpartikel vom Bauteil zu lösen. In der Regel wird Kaltreiniger verwendet, dieser hat sich auf einer Vielzahl von Bauteileoberflächen bestens bewährt. Salopp ausgedrückt ist der erste Arbeitsgang bei der Ermittlung der technischen Sauberkeit ein Waschgang. Der Fachmann formuliert etwas genauer und unterscheidet vier Waschmethoden: Schütteln, Spritzen, Spülen, Ultraschallbad. Der Vorgang der Partikelübertragung auf die Reinigungsflüssigkeit wird Extraktion oder Beprobung genannt.
Welches Extraktionsverfahren zur Anwendung kommt, hängt vom zu untersuchenden Bauteil ab. Das Öl- und Wassersystem eines Motorblocks wird man durchspritzen, ein kleines Zahnrad wird man vielleicht ins Ultraschallbad legen. Häufig gibt es Vorschriften, nach welcher Methode vorzugehen ist. „Gibt es keine speziellen Angaben, wie die Partikel von vom Objekt zu lösen sind, ist das Know-how des Prüfers gefragt“, erklärt Andreas Tissen, Leiter des neuen Geschäftsbereichs Technische Sauberkeit beim Qualitätsdienstleister Quality Analysis. Dass es sich bei dieser Arbeit um ein „Waschen“ mit Fingerspitzengefühl handelt, wird schnell klar, wenn man an das Ultraschallbad denkt. Der Optiker taucht die Brille ins Bad, bis sie optisch sauber ist, fertig. Im Qualitätslabor ist es nicht ganz so einfach. Tissen: „Ultraschall mit zu hoher Energie löst unter Umständen Partikel aus der Bauteilsubstanz; diese können das Prüfergebnis extrem verfälschen.“
Nanopartikel werden sichtbar
Die Reinigungs- bzw. Prüfflüssigkeit wird nach dem Beproben im Auffangbecken einer Extraktionsanlage aufgefangen und anschließend durch eine Filtermembrane geleitet. Die Partikel bleiben auf der Membrane zurück. Jetzt wird sichtbar, was zuvor unsichtbar war. Die Auswertung der Membrane erfolgt auf verschiedene Art und Weise:
  • 1. Durch Gravimetrie. Dabei wird der Massenzuwachs der Partikelfracht auf der Membrane ausgewogen, bis 0.01 mg genau.
  • 2. Mit Lichtmikroskop. Ein Sensor scannt automatisch die Membrane ab und erfasst Partikelgrößen bis zu 5 µm. Es kommen unterschiedliche Beleuchtungssysteme zum Einsatz, auch polarisierende Lichtquellen, so dass nach verschiedenen Stoffen differenziert werden kann (Metallglanz wird erkannt). Eine Software übernimmt die vollautomatische Auszählung.
  • 3. Mit dem Rasterelektronenmikroskop (REM) lassen sich noch kleinere Partikel auswerten als mit dem Lichtmikroskop, nämlich bis in den Nanometerbereich. Diese Partikel sind in 3D darstellbar.
  • 4. Last but not least ist mit dem EDX-Verfahren (energy dispersive X-ray) eine Analyse der Elementenzusammensetzung möglich. Dabei wird die von einer Probe emittierte Röntgenstrahlung für die Untersuchung der Stoffe genutzt. Dieses Verfahren ist in modernen REM-Geräten integriert.
Nach einem Waschgang und einer Auswertung ist die Arbeit des Prüfers aber noch nicht beendet. Schmutzpartikel sind hartnäckiger als man denkt. Weitere Waschgänge liefern weitere Partikelfrachten, allerdings nimmt die Konzentration stark ab – wenn es mit rechten Dingen zugeht. Eine zu intensive Ultraschallbehandlung oder andere Fehler beim Extrahieren können, wie schon erwähnt, das Abklingen der Partikelanzahl verhindern. Im Normalfall werden sechs Messdurchgänge unternommen. Der Prüfer stellt die sechs Sauberkeitswerte in einer so genannten Abklingkurve dar (s. Bild). Dort wird die Partikelanzahl oder das Partikelgewicht jeder einzelnen Messung ins Verhältnis zur kumulierten Summe der bisherigen Messungen gesetzt. Daraus ergeben sich Verhältniszahlen in Prozent, beginnend bei 100% der ersten Messung. Laut VDA-Richtlinie muss die Prüfung so lange fortgesetzt werden, bis ein Abklingen des Sauberkeitswertes auf mindestens 10% vorliegt. Der Wert 10% bedeutet dann, dass sich nur noch </=10% der Gesamtpartikelzahl/des Gesamtpartikelgewichts auf dem Bauteil befinden. Wird das Abklingkriterium innerhalb von sechs Beprobungen nicht erreicht, so müssen die Beprobungsbedingungen geändert und die Prüfung erneut durchgeführt werden.
Für die Zukunft gerüstet
Die Verantwortlichen bei Quality Analysis haben sich bei der Ausstattung des neuen Labors für die Großlösung entschieden. Das heißt, es steht künftig die gesamte technologische Palette zur Partikelbestimmung zur Verfügung, einschließlich REM-EDX-Technologie. Zentraler Arbeitsbereich von Andreas Tissen und seinen Mitarbeitern wird ein Reinraum ISO-Klasse 8 sein. „Ein Reinraum wäre für unsere Arbeit nach heutigem Stand nicht zwingend notwendig. Indem wir höhere Standards erfüllen als die einschlägigen Normen und Richtlinien derzeit verlangen, sind wir für die Zukunft bestens gerüstet“, betont Tissen. Sowohl Personen wie auch die zu prüfenden Bauteile gelangen über Schleusen in den Reinraum. „Selbstverständlich arbeiten wir im Reinraum zu 100% softwaregestützt, also völlig papierlos“, fügt der Sauberkeitsfachmann hinzu.
Im Reinraum werden Bauteile untersucht. Wie steht es mit Prozessen? Das Dettinger Unternehmen beschäftigt sich auch damit. „Falls gewünscht untersuchen wir die Sauberkeitsbedingungen in Produktionsunternehmen vor Ort“, erklärt Andreas Tissen, „dafür nehmen wir Partikelproben an ausgesuchten Stellen in einer Produktionslinie und werten sie in unserem Labor aus.“ Die Notwendigkeit, so vorzugehen, entsteht spätestens dann, wenn sich bei der Untersuchung eines Bauteils bestimmte Partikel finden, deren Herkunft unbekannt ist. Sehr oft werden Bauteile von verschiedenen Unternehmen oder zumindest in verschiedenen Abteilungen eines Unternehmens bearbeitet. Jeder Arbeitsschritt kann einen speziellen Partikelniederschlag auf das Bauteil mit sich bringen. Eine Hightech-Auswertung, wie sie Quality Analysis in Zukunft mit der REM-EDX-Methode anbieten wird, erkennt die einzelnen Elemente der Partikelfrachten. Unterstützt durch Vor-Ort-Untersuchungen lassen sich die Partikelverursacher gezielt ermitteln und letztendlich beseitigen.
Quality Analysis, Dettingen/Teck
Control Halle 7 Stand 7108

Hightech zur Partikelbestimmung
Das neue Labor für technische Sauberkeit bei Quality Analysis ist hochmodern ausgestattet:
  • Reinraum Klasse 8 mit Personen- und Materialschleuse. Handlingsmöglichkeiten für Bauteile bis zu einem Volumen von 1700 x 925 x 650 mm.
  • 2 Extraktionsanlagen für kleine und mittelgroße Bauteile
  • 1 Extraktionsanlage für Großteile (Motorblöcke, Zylinderköpfe usw.) mit Handlingssystem
  • 1 Lichtmikroskop mit polarisiertem Licht und spezieller Software von Jomesa zur vollautomatischen Auswertung, 4fach-Tisch.
  • 1 Rasterelektronenmikroskop Typ EVO MA25 mit EDX und 5fach-Schwenktisch von Carl Zeiss SMT
  • 1 Präzisions-Laborwaage mit einer Messgenauigkeit bis 0.01mg
  • Software von Alicona für die vollautomatische 3D-REM-Auswertung
  • Umfangreiches Datenbank-Backend für die Auswertung/Archivierung
Das Unternehmen ist nach ISO 9001:2000 zertifiziert und hat die Anmeldung zur Akkreditierung für Prüflabore nach ISO 17025 bereits eingereicht.
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Quality Engineering
Titelbild QUALITY ENGINEERING Control Express 1
Ausgabe
Control Express 1.2024
LESEN
ABO
Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper zum Thema QS


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de