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Schlanke Lieferkette mit starken Gliedern

Herausforderungen und Chancen von ISO/TS 16949 im Automotive-Sektor
Schlanke Lieferkette mit starken Gliedern

Stärker als je zuvor lagern Fahrzeughersteller Produktionsschritte und damit Verantwortung an ihre Zulieferer aus. Das reicht vom tatsächlichen Design über die Logistik, Fertigung und Kundendienstleistungen bis hin zur Qualitätskontrolle. Eine solche Verlagerung erfordert ein strenges Qualitätsmanagement und entsprechende Prozesskontrollen, um alle Stationen in der Lieferkette reibungslos ineinander greifen zu lassen. Die europäische und amerikanische Automobilbranche hat sich seit April 2002 mit der ISO/TS 16949:2002 einen gemeinsamen Qualitätsstandard verordnet, nach dem sich sowohl die Hersteller als auch Zulieferer richten.

Armin Trautner, Managing Director, iGrafx Deutschland

Unter der ISO/TS 16949:2002 werden die zuvor durchgeführten Audits einzelner Elemente durch Prozessaudits ersetzt. Der entscheidende Unterschied: Jetzt liegt der Fokus auf kundenorientierten Prozessen – die Leistung eines Unternehmens wird im Abgleich mit den Kundenanforderungen bewertet. Ziel ist es, mit der Einführung und Pflege konsistenter Geschäftsprozesse, die sich durch die gesamte Autoindustrie ziehen, Vertrauen zwischen den Herstellern und Zulieferern zu schaffen. Eine lückenlose Dokumentation kann beide Gruppen zuverlässig verbinden: Zulieferer müssen eine klare Dokumentation für alle hergestellten Teile vorlegen, Hersteller müssen ihre Design-Spezifikationen in einem konsistenten Format zur Verfügung stellen. Damit sollen garantiert werden:
  • die ständige Verbesserung der Prozesse
  • die Betonung von Fehlervermeidung
  • die Verringerung von Streuung und Verschwendung in der Lieferkette
Um der ISO/TS 16949:2002 gerecht zu werden, sucht die Branche ständig nach passenden Werkzeugen, mit denen Prozesse beziehungsweise die Umsetzung von Prozessoptimierungen vollständig dokumentiert werden können. Inzwischen arbeiten bereits viele Hersteller mit fortlaufenden Qualitätsverbesserungsprogrammen wie Six Sigma und Lean Manufacturing. Auf einer solchen Grundlage sind vor allem Tools interessant, die eine Prozessmodellierung ermöglichen. Damit lässt sich zeigen, wie sich Veränderungen in den Prozessen positiv auf die Produktivität auswirken können. Grundsätzlich verspricht sich die Branche von einer konsequenten und konsistenten Dokumentierung der Geschäftsprozesse ein Informationspotenzial, auf das unternehmenskritische Entscheidungen aufbauen können.
Herausforderungen für die Automobilbranche
Bei der Einführung von QM-Systemen und Geschäftsprozessdokumentationen sehen sich die Unternehmen in der Automobilbranche vor allem auf der funktionalen Ebene einigen schwierigen Herausforderungen gegenüber. Denn häufig werden Ziele und Messlatten in jeder Abteilung individuell gesteckt und angelegt. Dabei ist jeder Bereich bedacht, die eigene Effizienz hochzuschrauben. Entsprechend kompliziert ist die Dokumentation von Prozessen – von einem globalen, unternehmensweiten Ansatz für Qualitätsmanagement und -verbesserung ganz zu schweigen.
Dokumentationen, die händisch festgehalten und gepflegt werden müssen, erschweren den Informationsaustausch – ein vitales Element des neuen Qualitätsstandards – erheblich. Jede Abteilung verfügt zwar vielleicht über eine eigene Dokumentation ihrer Prozesse – gleichzeitig handelt es sich dabei aber um einen klassischen Informationssilo, der für andere Abteilungen unzugänglich bleibt. Das liegt nicht nur an den verwendeten Formaten, die außerhalb der Abteilung nicht geöffnet werden können, sondern auch an dem grundsätzlichen Dokumentationsansatz, der bereits so verschieden sein kann, dass ihn Außenstehende nicht nachvollziehen können. Darüber hinaus fehlt zumeist ein zentrales Speichersystem, das entsprechende Such-Methoden und -werkzeuge vorgibt, mit denen sich die übergeordnete Geschäftsführung ein Bild von den existierenden Prozessen machen und – gegebenenfalls mit Simulationsfunktionen – durchspielen kann, wie sich ihre Entscheidungen auf die Unternehmensleistung auswirken werden.
Die aufgezeigten Grundzüge der ISO/TS 16949:2002 und die damit verbundenen Herausforderungen rufen nach Management-Tools, die bis auf die Abteilungs-Ebene herunterreichen und Hersteller und Zulieferer mit bestimmten Funktionalitäten ausstatten. Dazu zählen Flowcharting, ein zentraler Speicher für die Prozessdokumentation sowie Werkzeuge für die Prozessmodellierung und -analyse.
Flowcharting
Ablaufdiagramme gehören zu den wichtigsten Schlüsselelementen für die Erstellung von Prozessdokumentationen. Nur so bekommt der eher abstrakt anmutende Prozessbegriff ein Gesicht. Mit Flowcharting-Software lassen sich diese Flussdiagramme mit wenigen Mausklicks skizzieren. Dabei ist die Benutzerfreundlichkeit dieser Programme inzwischen so hoch, dass keine besonderen Vorkenntnisse dazu nötig sind: Eine Lösung wie der iGrafx FlowCharter 2003 fügt mit jedem Element entsprechende Verbindungslinien automatisch dazu, verändert die Größe des Layouts dynamisch, sobald das Flussdiagramm weiter wächst und erlaubt, nutzerdefinierte Felder in ein Diagramm einzulassen, um so Kosten, Ressourcen oder andere wichtige Geschäftsdaten zu vermerken. Eine Bibliothek von Standard-Prozessen sorgt dafür, dass man mit der Darstellung seiner individuellen Prozesse nicht auf einem leeren Bildschirm startet, sondern vorgefertigte Prozessstränge einbauen kann. Die Visualisierung des Prozesses schafft allen Beteiligten eine konkrete Vorstellung der tatsächlichen Arbeitsschrittabfolge. Wichtig: Flexible Druck-Optionen wie Einzel-Komponenten-Prints helfen, selbst große Diagramm-Dokumente zu Papier zu bringen.
Damit der Flowchart auch für Mitarbeiter und Geschäftspartner nachvollziehbar wird, die nicht zu den ursprünglichen Prozess-Inhabern gehören, muss die Flowcharting-Software zulassen, dass einzelne Prozessschritte mit Anmerkungen oder Anleitungen hinterlegt werden können, die sich per Mausklick auf den Computerbildschirm holen lassen. Bei iGrafx ist diese grundsätzliche Funktion mit dem Database Import Wizard weiter verfeinert: Der Wizard verknüpft Elemente des Flussdiagramms so mit externen Informationen, dass das Diagramm – entsprechend der Links – fortlaufend mit den neuesten Informationen aus der Datenbank aktualisiert werden kann. Damit ist der erste Schritt in Richtung unternehmensweiter Prozessentwicklung gemacht: Alle Mitarbeiter können ihr Wissen in die Optimierung des Prozesses einfließen lassen und können gleichzeitig mehr über jene Prozesse erfahren, die bisher abgeschlossen in anderen Abteilungen abliefen – vorausgesetzt – es gibt einen gemeinsamen Speicher für die Prozessdokumentation. Auf diese Weise lassen sich die Ressourcen für die Prozessoptimierung und Qualitätsmanagement-Initiativen gezielt einsetzen, um eine Übereinstimmung mit der ISO/TS 16949:2002 schneller und kostengünstiger zu erzielen.
Zentraler Speicher
Um die zuvor angesprochenen Informationssilos zu vermeiden und prozess-zentriert zu arbeiten, muss ein allgemeiner Ansatz für die Informationssammlung und -aufbewahrung gefunden werden, der standardisierte Tools und Datei-Formate vorgibt. Daher ist ein zentralisiertes Repository ein weiterer Haupt-Bestandteil einer technisch und methodisch ausgereiften Prozess-Management-Lösung. iGrafx bietet mit seinem iGrafx Process Central 2003 eine der derzeit ausgereiftesten Applikationen auf diesem Gebiet. Mitarbeiter greifen darüber schnell und einfach auf Informationen und Daten zu und können Anmerkungen und Anleitungen zu Prozessschritten austauschen. Das kann je nach System in verschiedenen Ausgabeformaten geschehen – günstigstenfalls ist es möglich, einfach einen Webbrowser dafür zu nutzen, um die Installation einer Clientversion auf jeder einzelnen Workstation zu vermeiden. Versionierungskontrollen helfen zudem, die Veränderungen von Prozessabläufen im Laufe der Zeit nachzuvollziehen und gegebenenfalls auf vorherige Versionen zurückzugreifen. Eine solche Audit-Trail-Dokumentation wird von nahezu allen Qualitätsmanagement-Initiativen gefordert.
Da ein gemeinsames Repository unternehmensweit zum Einsatz kommt und ständigen Austausch ermöglicht, können tatsächlich alle Mitarbeiter in die Prozess-Optimierungs-Initiative eingebunden werden, ohne dass Arbeit in Abteilungen doppelt geleistet wird. Suchwerkzeuge helfen, spezielle Anfragen zu QM-Projekten schnell zu beantworten: Mit verschiedenen Such-Perspektiven kann der Status eines Projektes gezielt überprüft werden.
Prozessmodellierung und Prozessanalyse
Die dritte wichtige Komponente, die eine Lösung für Prozess-Management auszeichnet, ist die Simulationsfunktion. Um einen Prozess nachhaltig optimieren zu können, müssen Alternativ-Szenarien umfassend getestet werden. Anstatt das im realen Betrieb zu versuchen, kann ein Unternehmen aus der Automotive-Industrie eine Software für Prozessmodellierung und -analyse einsetzen. Automatische Diagramm- und Modellierungs-Funktionen liefern hier einen logischen Ansatz, um Ideal-Prozesse abzubilden und durchzuspielen. iGrafx hat seine jahrelange Erfahrung in diesem Bereich in iGrafx Process 2003 zusammengefasst: Die Lösung ermöglicht unter anderem, neue Elemente in ein bestehendes Prozessdiagramm zu integrieren und so Live-Daten für den Modell-Durchlauf zu verwenden. Wichtig für die Auswertung der Simulationen sind umfangreiche, aber einfach zu lesende Reports, die iGrafx Process 2003 mit zahlreichen Variablen in Abhängigkeit zur Zeit – wie zum Beispiel die Zahl der noch ausstehenden Transaktionen an einem Punkt des Prozesses – liefern kann.
Auf dieser Grundlage lassen sich dann ‚Was-wäre-wenn’-Szenarien entwickeln, die Auskunft über Auswirkungen und Folgen der Prozessveränderungen geben. Bevor eine echte Änderung vorgenommen wird, können alle Eventualitäten risikofrei abgeklopft und Vor- und Nachteile sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.
Mehr Chancen in neuen Märkten
Der Vorteil einer erfolgreichen ISO/TS 16949:2002-Umsetzung bei den Automotive-Lieferanten ist für die Hersteller offensichtlich: Wer sich darauf verlassen kann, dass seine Supplier den Standard erfüllen, kann unbesorgt teure Anlagen verkleinern und seine Aufmerksamkeit auf das Design und die Herstellung von herausragenden Unterscheidungsmerkmalen im
Karosserie-, Interieur- oder Motorumfeld lenken. Umgekehrt können sich die Lieferanten durch eine Zertifizierung einen Wettbewerbsvorteil sichern, weil Original Equipment Manufacturers ihre Partner nur noch aus dem Kreis dieser Unternehmen auswählen werden. Je konsequenter Prozesse dokumentiert und Qualität nachgewiesen werden kann, desto sicherer sind die Aufträge der Großen. Aufgrund der internationalen Akzeptanz des Standards muss sich das nicht mehr auf die jeweilige Region begrenzen, sondern öffnet potenziell auch Türen für Bestellungen aus anderen Märkten.
Bilder:
Dr. Starke Managementsysteme GmbH
iGrafx, Corel GmbH
QE 501

Die Entwicklung der ISO/TS 16949:2002
Gemeinsam mit BMW, Fiat, Peugeot, Renault und Volkswagen gründeten DaimlerChrysler, Ford und General Motors die International Automotive Task Force (IATF), um nach Systemanforderungen für ein Qualitätsmanagement (QM) zu suchen. Das System sollte auf die Standorte aller Organisationen anwendbar sein, die direkt oder indirekt am Entwicklungs- und Herstellungsprozess sowie gegebenenfalls an der Montage oder Wartung von Produkten in der Automobilindustrie beteiligt sind. Vor diesem Hintergrund entstand die ISO/TS 16949:2002. Sie hält sowohl Hersteller als auch Lieferanten an, konsequent Daten zu sammeln und zu analysieren, die die Bereiche Kundenzufriedenheit und Kundenanforderungen, Prozessdesign und Prozessvalidierung sowie Produktdesign und Produktvalidierung betreffen. Dabei bezieht sich der Standard auf den gesamten Herstellungsprozess von der Konzeptskizze bis zur Fertigstellung und definiert sehr spezifisch Anforderungen, wie das Qualitätsmanagement eines Unternehmens anhand von bestimmten Leistungen gemessen werden soll. Die weltweite Akzeptanz der Norm sicherte die IATF, indem sie auch die Japan Automobile Manufacturers Association (JAMA) an Bord holte und um Unterstützung durch Vertreter des ISO/TC 176 – Quality Management and Quality Assurance bat.
Mit der offiziellen Veröffentlichung im April 2002 gelang der Branche ein großer Schritt in Richtung Automotive Excellence – in Anlehnung an Die acht Pfeiler der Excellence aus dem EFQM-Modell. Unterschiedliche Qualitätsnormen wie QS-9000, VDA 6.1, EAQF und AVSQ wurden in dieser zweiten ISO/TS, die auf der ISO 9001:2000 basiert, vereinheitlicht. Schon die erste ISO/TS 16949:1999 hatte den Wortlaut der ISO 9001:2000 eingerahmt und die automobilspezifischen Forderungen außerhalb dieses Rahmens ergänzt. Die ISO/TS 16949:2002 ist seit dem 15. Dezember 2003 für alle Zulieferer der Automobilindustrie verbindlich.
Business Prozessmanagement und die Optimierung von Prozessen durch Prozesssimulation stehen auf der Agenda des iGrafx Brunch am 3. Dezember in München. Weitere Infos:
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