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Sicher ist sicher

Messdaten-Analyse in der Serienfertigung
Sicher ist sicher

Jeder Fahrer eines Golf V hat sie regelmäßig in der Hand: eine von ThyssenKrupp Presta gefertigte Lenksäule. Neben Merkmalen wie der Höhen- und Neigungsverstellung, schiebt sie sich bei einem Aufprall zusammen und verhindert, in Verbindung mit dem integrierten Airbag, die früher oft lebensgefährlichen Brustquetschungen.

ThyssenKrupp Presta gehört zu den weltweit erfolgreichsten Herstellern von Lenksystemen, ist Weltmarktführer bei gebauten Nockenwellen und Technologieführer auf dem Gebiet der Massivumformung. Das begründet seit Jahren die starke Position des Unternehmens als innovativer Partner der Automobilindustrie. Mit 16 Produktionsstandorten in Europa, Nord- und Südamerika und Asien gibt es heute kaum ein Fahrzeug, das ohne Produkte des Unternehmens fährt.

Um am Weltmarkt zu bestehen, müssen neue Wege zur Prozesskontrolle und -steuerung etabliert werden. Nur so sind die erforderlichen Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen möglich, die die Produktion von ThyssenKrupp Presta in Hochlohn-Ländern auf Dauer sicherstellt.
Entscheidend dabei ist die prozessintegrierte Qualitätssicherung, die ThyssenKrupp Presta gemeinsam mit AMS Engineering aus dem Softwarepark Hagenberg realisiert.
Online-Qualitätssicherung während der Produktion
Prozessintegrierte Qualitätssicherung heißt Qualitätssicherung während der Fertigung. Dies steigert Qualität und Effizienz bei der Produktion technisch anspruchsvoller und komplexer Produkte beachtlich und senkt Kosten. Sensoren zur Überwachung und Regelung von Fertigungsprozessen ermöglichen Qualitätssicherung direkt in der Anlagensteuerung. Die Wechselwirkungen zwischen Werkzeug und Werkstück werden von den Sensoren erfasst. Die Daten beinhalten Status und Qualität des Bauteils und erlauben exakte Prozesskontrolle und stabile Prozessführung. Diese Strategie erfordert die lückenlose Dokumentation aller prozessrelevanten Daten. So wird der Produktionsprozess nachvollziehbar und erlaubt ein wissensbasiertes Eingreifen, was zu geringerem Ausschuss, schnelleren Taktzeiten und besseren Produkten führt. Der Prüfaufwand außerhalb der Anlage wird reduziert bzw. entfällt und spart Fläche, Prüfgeräte, Zeit und Kosten.
Der Anlagenbediener bei ThyssenKrupp Presta sieht die Messwerte des Produktionsprozesses direkt am Monitor. Alle Informationen zur Prozessbeurteilung sind jederzeit zugänglich, signifikante Abweichungen werden sofort erkannt. Sollwerte (Eingriffsgrenzen) können lokal bei der Anlage oder zentral verwaltet werden, was Inbetriebnahme und Wartung erleichtert. Neben der Übersicht aller Messwerte mit Ampelfunktion können auch Einzelwertgrafiken angezeigt werden.
Online Prozessüberwachung in die Anlage integriert
Bei ThyssenKrupp Presta geht es aber nicht nur darum, Produktionsfehler automatisch zu erkennen – entscheidend ist es, diese bereits vor Auftreten zu vermeiden. Aktuell wird dafür gerade die Prozessüberwachung direkt in den Anlagenleitstand integriert.
So werden auf Wunsch Alarm-Funktionen aktiviert, die den Anlagenbediener aktiv auf Unregelmäßigkeiten hinweisen.
Dies ist möglich, da sich viele Fehler nach und nach als Trend entwickeln. Ist bei einem Sensor ein Trend erkennbar, erscheint eine Warnung und es kann frühzeitig in den Produktionsprozess eingegriffen werden. Setzt sich der Trend fort, ohne dass eine Reaktion erfolgt, wird ein Alarm ausgelöst. Je nach Konfiguration kann dies auch zu einem automatischen Anlagenstopp führen, so dass auch bei menschlichen Fehlreaktionen Ausschuss vermieden wird.
Jedes Eingreifen in den Prozess wird streng dokumentiert. Egal ob Maschinen-, Prozess- oder Qualitätsparameter – neben der Dokumentation sämtlicher Messwerte wird festgehalten, welcher Parameter auf welchen Wert, wann und von wem geändert wurde.
Die gesamte Lenksäule des Golf V5 wird z.B. bei ThyssenKrupp Presta vollautomatisch auf 4 Anlagen an mehreren Standorten in Liechtenstein und Frankreich montiert. Dabei werden Messwerte aller Komponenten jeder Lenksäule bei der Montage dokumentiert. Bis zu 3 Mrd. Messwerte pro Jahr müssen gespeichert, bewertet, visualisiert und für Analysen und Nachvollziehbarkeit über Jahre archiviert werden.
Erfassung, Bewertung und Analyse der Messdaten stellen aufgrund der großen Datenmengen hohe Anforderungen an die IT. Die Qualitätsdatenanalyse-Software QDA von AMS Engineering ermöglicht es, diese Anforderungen umzusetzen.
Zeitnahe Erfassung und Bewertung von Messdaten
Die Erfassung der Messdaten erfolgt auf dem lokalen Anlagenrechner mit dem Anlagenleitstand ZPointCS von AMS Engineering. QDA übernimmt Validierung und Transport der Daten auf einen zentralen Rechner sowie die Indizierung in einer Datenbank. Da für diese Datenmenge relationale DB-Systeme ungeeignet sind, wurde eine Hybriddatenbank verwendet, die die eigentlichen Messwerte in ASCII-Dateien belässt und nur Verweise auf diese Dateien in der Datenbank ablegt. Messdaten stehen spätestens 30 Sekunden nach Entstehung zentral für die Evaluierung zur Verfügung – unabhängig davon, wo der QS-Verantwortliche tätig ist.
Zur Analyse der Qualitätsdaten setzt ThyssenKrupp Presta qs-STAT, ein umfassendes Programmpaket für statistische Auswertungen, von Q-DAS ein, dem De-facto-Standard in der Automobilindustrie. Um die riesigen Datenmengen zu handhaben und anlagenübergreifende Prozessanalyse zu ermöglichen, kommt ebenfalls QDA zum Einsatz.
In QDA-Select werden die Daten einfach nach Kriterien wie Kunde, Seriennummer oder Zeitraum ausgewählt. Diese werden in Sekunden aus dem gesamten Datenpool selektiert, aufbereitet und an qs-STAT übergeben, das wird automatisch gestartet und die gewünschte Analyse angezeigt.
„QDA stellt eine enorme Verbesserung im Vergleich zu Stichprobensystemen dar, da es eine maximale Individualisierung der Qualitätssicherung ermöglicht und gleichzeitig Kosten und Aufwände innerhalb der QS nachweislich reduziert“, meint Harald Preiner. „Da die Daten in QDA innerhalb von 30 Sekunden nach ihrer Entstehung weltweit verfügbar sind, können Qualitätsbeauftragte die Qualität der Produktion laufend überwachen und bei Abweichungen von der Sollleistung direkt eingreifen. Der Ausschuss in der Produktion wird deutlich reduziert und damit auch unsere Fertigungskosten.“
Qualitätsdatenvisualisierung, -analyse und -verwaltung
Den Prozessingenieuren bei ThyssenKrupp Presta, die für möglichst konstante Prozesse auf den Anlagen verantwortlich sind, stehen sämtliche Prozessdaten zur Ermittlung von Kennzahlen wie CpK-, CMK- oder CP-Wert ebenfalls zeitnah zur Verfügung. Die Inbetriebnahme einer Anlage verkürzt sich aufgrund frühzeitiger Validierung der Messdaten, Präzision und Schnelligkeit bei Feineinstellungen und dem sofortigen Feedback über deren Auswirkungen. Auch in der Entwicklung neuer Produkte spielen Prozessdaten eine wichtige Rolle. Je umfassender der bisherige Produktionsprozess berücksichtigt wird, desto effizienter können zukünftige Produktionen aufgesetzt werden. Allein in Eschen wird QDA an 60 Anlagen eingesetzt. Weltweiter Zugriff auf alle Daten, die lokal an den jeweiligen Standorten abgespeichert werden, macht Prozesse global vergleichbar. Ob gefertigt in Eschen, USA oder China: Konstante Prozesse, durchgängige Nachvollziehbarkeit und Verfügbarkeit aller QS-Daten sind von großer Bedeutung.
Antworten auf Knopfdruck – auch Jahre später
Durch Einsatz von QDA ist der Nachweis über eine korrekte Fertigung heute einfacher und schneller möglich. Ist ein montiertes Lenkrad auf der Lenksäule schwergängig, liegt das evt. an der Rollreibung, mit der die Lenksäule produziert wurde.
Dazu meint Harald Preiner: „Bei derartigen Kundenanfragen geben wir auf Knopfdruck Auskunft. Die Identifikationsnummer der Lenksäule genügt und wir können exakt sagen wo, wann, auf welcher Maschine diese Lenksäule gefertigt wurde – und natürlich auch genau unter welchen Prozessbedingungen.“
Die Auskunftsfähigkeit geht aber weit darüber hinaus. Nichts ist für Automobilhersteller oder Zulieferer unangenehmer als eine Rückruf-Aktion. Tritt dies jedoch ein, muss der Schaden so gering wie möglich gehalten werden. Es werden nur die Fahrzeuge zurückgerufen, die von dem Fehler betroffen sind. Bei ThyssenKrupp Presta ist man auf derartige Notfälle bestens vorbereitet. Dank chargengenauer Rückverfolgung und umfassender Qualitätsdaten kann die Anzahl der Rückholfahrzeuge minimiert werden – ohne die Sicherheit der Autofahrer zu gefährden. Somit reduzieren sich Garantie- und Kulanzkosten und bei Produkthaftung stehen Beweismittel zur Verfügung.
ThyssenKrupp Presta hält Qualitätsdaten 6 Monate vor, dann werden sie archiviert. Erfahrungsgemäß ergeben sich Rückfragen bzw. Reklamationen in diesem Zeitraum – anschließend kommen kaum mehr kundenseitige Anfragen vor. Die Archivierung erfolgt mithilfe von Quality Data Archiver – ebenfalls von AMS Engineering. Die archivierten Daten sind durch ein generiertes Inhaltsverzeichnis leicht wieder auffindbar. Durch das ASCII-Dateiformat ist die Unabhängigkeit von geänderter Software-Technologie gewährleistet.
Der nächste Schritt
Die weitere Optimierung der Produktionsprozesse setzt immer umfassenderes Wissen über die Prozess-Abläufe voraus – Wissen, das in Datenbeständen vorhanden ist, aber bisher nicht genutzt wurde.
Eine intelligente Verknüpfung der Daten aus MDE- und BDE-Systemen mit Qualitätsdaten, ergänzt um Informationen aus ERP-Systemen, kann dieses Wissen zugänglich machen – insbesondere wenn Daten aus allen Anlagen und Standorten weltweit automatisiert zusammengeführt werden. Grundlage dafür bildet Data-Mining, eine Software-Methodik, die es erlaubt, aus großen Datenmengen automatisiert neues Wissen zu extrahieren und zu verwerten.
Mit der Entwicklung eines auf die Serienproduktion spezialisierten Data-Warehouses sowie dem ML-DiscMan (Machine Learning for Discrete Manufacturing), einem Data-Mining-Werkzeugkasten, liefert AMS Engineering auch hierfür Lösungen. Mit einer Reihe von Methoden aus Statistik, künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen werden unbekannte Zusammenhänge, neue Erkenntnisse, Auffälligkeiten und Trends aus sehr großen Datenmengen automatisiert ermittelt und zur Optimierung der Produktionsprozesse eingesetzt.
Die Integration des Data-Mining-Modells in die Software des technischen Prozesses ermöglicht es zukünftig, Prozesse in Echtzeit zu untersuchen und Einstellungen der Steuergrößen automatisch vorzunehmen.
Dazu Thomas Führer, Geschäftsführer von AMS Engineering: „Unsere Vision ist ein Produktionsverbund, der aufgrund von Erfahrungen der Vergangenheit selbständig auf die aktuellen Einflüsse der 5 M – Mensch, Maschine, Material, Markt, Methode – reagiert und optimiert. ML-DiscMan ist ein wichtiger Schritt dazu, diese Vision umzusetzen.“
Im Überblick:
Der Nutzen für ThyssenKrupp Presta
  • Schnelle Ablage und Wiederauffinden sämtlicher Daten eines Teils eines Fertigungsprozesses mit umfangreichen Suchkriterien
  • Transparente Chargen-Nachverfolgung
  • Einfache Evaluierung und Nutzung der Daten durch verschiedenste Anwendergruppen
  • Standortübergreifende Qualitätssteuerung und -analyse
  • Schnellere Entwicklung neuer Produkte und Verkürzung von Produkthochlaufzeiten um mehrere Wochen
  • Kosteneinsparung durch Reduzierung von Ausschuss um 20–30 %
  • Reduktion der Garantie- und Kulanzkosten
AMS Engineering Sticht, Hagenberg i.M., Österreich
QE 542
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