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Six-Sigma-Rechnung geht auf

Techno-Spezialisten und Prozess-Experten steigern Wettbewerbsfähigkeit in der Kfz-Lieferkette
Six-Sigma-Rechnung geht auf

Der Mescheder Leichtmetall-Spezialist Honsel behauptet sich mit konsequent angewandten Six-Sigma-Methoden erfolgreich in der 1. Liga der Automobilzulieferer. In Zusammenarbeit mit den Prozess-Experten der Münchener Celerant Consulting GmbH weitete das Profit Center Druckguss die Gesamtanlagennutzung aus, verbesserte die interne Ausschussrate deutlich und legte den Grundstein für Design-for-Six-Sigma in einem geplanten Gießereineubau, der die Kapazität verdoppeln wird.

Birgit Otto, BSc, MA, BO Consult, Business Excellence Moderation,Ostfildern

Beim Rundgang durch die Gießerei sagt Michael Seifert: „Keiner hat geglaubt, dass diese Ziele erreichbar sind,“ und richtet den Blick auf die steigende Kurve bei der Gesamtanlagennutzung (GAN) im Profitcenter Druckguss der Honsel GmbH in Meschede. „Aber ganz ehrlich,“ fährt der Six Sigma Projektleiter fort, „es macht uns schon stolz, dass wir das geschafft haben.“ Das Lächeln in seinem Gesicht ist echt, die Augen leuchten, als er verschmitzt hinzufügt: „Genau genommen liegen wir schon seit 14 Wochen über Plan!“ Als echte Business Excellence Truppe habe man das neue Ziel aber bereits ehrgeiziger gesteckt. Stillstand sei Rückschritt, das wisse bei Honsel jetzt jeder.
Der Leichtmetall-Spezialist aus dem Sauerland spielt als technologiegetriebenes Unternehmen schon lange in der ersten Liga der Automobilzulieferer mit. Am Standort Meschede werden im Druckgießverfahren insbesondere Motorblöcke aus Aluminium für Pkw- und Getriebe für Lkw-Hersteller produziert. Seit Oktober 1999 hat das frühere Familienunternehmen durch die Partnerschaft mit einer internationalen Beteiligungsgesellschaft deutliche Signale gesetzt, um bei der zunehmenden Globalisierung und der damit verbundenen Professionalisierung der Lieferketten auch in Zukunft an vorderster Front agieren zu können. Mit technisch anspruchsvollen Produkten und Verfahren ist das Unternehmen häufig „Single-Sourcing“-Lieferant über den gesamten Produktlebenszyklus einer Serie. Entsprechend eng ist die Kunden-Lieferantenbeziehung. Stets steigend ist die Erwartung der Kunden, die Kosten innerhalb dieser Supply-Chain zu minimieren.
Einerseits durch die stetig wachsenden Ansprüche der Automobilindustrie in Bezug auf Produkte und Herstellverfahren, andererseits durch die organisatorische Neuausrichtung des Gesamtunternehmens erhöhte sich in den letzten Jahren der Druck, das Augenmerk auch auf die Qualität der Herstellungs- und Lieferprozesse zu richten. Seit den 90er Jahren nutzte man konsequent Kaizenmethoden, um Produktivitätsverbesserungen in vielen kleinen Schritten zu erzielen. Die Mitarbeiter wurden, umfassend mit den neuen Prozessmethoden vertraut gemacht. Das hat Tradition in einem Unternehmen, das praktisch keine Fluktuation kennt, So wurde, gerade was die Einbeziehung der Mitarbeiter und des Betriebsrates während der intensiven Reorganisation in jenen Jahren anbelangt, ein solider Grundstein gelegt, an den das Six Sigma Projekt des Jahres 2000 anknüpfen konnte. Was aber war die Alternative angesichts brausender „Lopezstürme,“ unter denen Honsel wie alle Automobilzulieferer zusammenzuckte?
Das Unternehmen wurde konsequent in Profit-Center aufgeteilt: mit Souveränität über Einkaufsentscheidungen, Budgetverantwortung und eigenem Controlling. Als nächster Schritt wurde im Profit-Center Druckguss Gruppenarbeit mit leistungsorientiertem Prämienlohn eingeführt. Auch hier in aller Konsequenz mit einem variablen Anteil von fast 30 Prozent. „Konsequenz war vielleicht der entscheidende Erfolgsfaktor,“ sagt Dipl.-Ing. Johannes Messer, Geschäftsführer der Honsel Guss GmbH, rückblickend. „Wir sind bei den einzelnen Schritten konsequent vorgegangen und konnten uns so immer wieder ein Stückchen verbessern.“ Das sei nicht zuletzt deswegen möglich, weil das Management Verantwortung abgeben könne. „Wir können uns darauf verlassen, dass die Mannschaft jederzeit in der Lage ist, eigenverantwortlich zu handeln,“ ergänzt Franz Becker (Produktionsleiter im PC Druckguss).
Aus der technischen Tradition des Unternehmens heraus beherrschen „Honselaner“ Projektarbeit, eine Arbeitsform, die auch in verschiedenen KVP-Projekten zum Zuge kam. So werden Projekte zu Themen wie das Reduzieren von Retouren und Nacharbeitungskosten, Kostenreduzierung und Produktivitätsverbesserungen durch erhöhte Maschinennutzung, Verringerung der Instandhaltungskosten und Reduktion von Störungen im Produktionsprozess in klar definierten Regelkreisen von der Ebene I des Produktionstagesgeschäfts bis zur Ebene VI der Geschäftsleitung im Rahmen des Jahresplans abgearbeitet und sind ein wesentlicher Bestandteil der täglichen Arbeit.
Zunächst konnten durch die organisatorischen Veränderungen tatsächlich Produktivitätsverbesserungen realisiert werden. Ende 1999 flachten die Kurven jedoch zunehmend ab. Die Luft wurde dünner, die „low hanging fruits“ waren geerntet. Was konnte man tun?
Angeregt durch die Veröffentlichungen über GE-Chef Jack Welch und seine Erfolge mit Six Sigma ging die Unternehmensleitung daran, einen kompetenten Partner zu finden, um mit diesem zielgerichteten TQM-Konzept noch ein gutes Stück besser zu werden. In Celerant Consulting fand man Experten, die durch ihre praktischen Erfolge bei der Umsetzung von Six Sigma überzeugten. Doch nicht nur das: „Von Anfang an stimmte die Chemie,“ so Geschäftsführer Messer. Man habe auch in Zeiten, in denen der Projekterfolg alles andere als sicher war, stets an den Erfolg der Methode geglaubt und war von den vorgeschlagenen Werkzeugen überzeugt. Einstimmig entschied sich das Managementteam für die Zusammenarbeit mit Celerant. Die sehr ausführliche Vorab-Analyse durch das Celerant-Team habe überzeugt. Nicht zuletzt ein klar strukturiertes Vorgehen, der ehrgeizige Projektplan und die Möglichkeit für den Kunden, bei jedem Meilenstein aus dem Projekt aussteigen zu können, falls das Projekt nicht zur Zufriedenheit verlaufen sollte, zeigten der Honselmannschaft, dass es die Münchener Prozess-Spezialisten mit ihren hochgesteckten Zielen ernst meinten.
Das Six Sigma Projekt schmiegte sich vollständig in die vorhandene Projektform ein. Es bestand aus vier Teilen: der Entwicklung eines Management Planungs-, Steuerungs- und Berichtssystems (MPSB), der gezielten Anwendung von Six Sigma Methoden zur Verbesserung der Qualität und der systematischen Entwicklung von Maßnahmen zur Verbesserung der Gesamtzeitnutzung (GZN), begleitet von umfangreichen Trainingsmaßnahmen im Train-the-Trainer Verfahren. Ziel war es, über die kurzfristige Produktivitätsverbesserung hinaus in den vielen kleinen Schritten des Tagesgeschäfts mit geschärftem Six-Sigma-Blick Verbesserungspotentiale zu erkennen und zu realisieren. Unermüdlich seien die Celerant-Experten hinter Zahlen, Daten, Fakten hergejagt, hätten neue Ideen erprobt und die Ergebnisse zur Diskussion gestellt. Vielleicht das schönste Kompliment für die Berater: Für das Honsel-Druckguss Team „gehörten die Jungs schon bald einfach dazu.“
Bei Honsel verweist man immer wieder auf die große Bedeutung der Schulung parallel zu den Verbesserungsmaßnahmen bezüglich Anlagennutzung und Qualität. Professionell gestaltet, perfekt in Organisation und inhaltlich packend, habe der Celerant-Trainer eine solide Grundlage für den Projekterfolg gelegt. Messer: „Hier nicht zu investieren, hieße am falschen Ende sparen.“ Als das Projekt nach etwa 4 Monaten ins Stocken geriet, zeigte sich, welche Veränderung das Six Sigma Projekt bereits bewirkt hatte. „Wir haben erlebt, dass wir ganz anders miteinander umgegangen sind, dass unsere Meetings viel effektiver geworden sind, dass wir Werkzeuge nutzen konnten, um zielgerichtet und sachlich Probleme zu diskutieren und gemeinsam eine Lösung zu finden,“ beschreibt der Leiter der Arbeitsvorbereitung, Horst Reimann, die damalige Situation.“ Das wollten wir auf keinen Fall missen.“ Nach schlaflosen Nächten und trotz enormem Druck, machte das Druckguss-Team weiter. Hartnäckigkeit und Mut wurden belohnt. Die Talsohle wurde überwunden, die Ergebnisse nach Projektende (Gesamtdauer: 10 Monate) sprechen für sich: Es ist dem Projektteam gelungen, die anspruchsvollen Projektziele zu 100 Prozent zu erreichen. Als Hauptmessgröße konnte der GAN um sieben Prozentpunkte gesteigert werden.
Eines der Teilprojekte, die zu diesem Erfolg geführt haben, ist die Verkürzung der Rüstzeit. Auch hier wurde die Vorgehensweise wie bei allen Ansätzen so gewählt, dass der Prozess zunächst gemessen wurde, denn nur so sind Veränderungen auch sichtbar und in letzter Konsequenz überhaupt nur möglich. Innerhalb der Projektarbeit wurden Videoaufnahmen erstellt, Fehler dokumentiert und analysiert, Checklisten erarbeitet um letztendlich Stillstandsgründe zu reduzieren und die Rüstvorgänge zu optimieren. Ein weiteres Beispiel der erfolgreichen Projektarbeit ist die Einführung einer Kennzahl zur Ermittlung der Lieferleistung. Dieses Teilprojekt wurde in Zusammenarbeit mit einem Kunden durchgeführt. Durch die Einführung dieser Kennzahl sind die Honselaner in der Lage, auch diese Prozesse zu optimieren und letztendlich die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Nach zwei Dritteln der geplanten Projektdauer lagen die GAN-Ergebnisse deutlich über Plan. Maschinenarbeitsplätze und Abläufe wurden konsequent verbessert, Prozesse vereinfacht, Fehlermöglichkeiten verringert. Das Reviewsystem wurde verfeinert, die Maschinen und ihr Output werden heute viel genauer (stündlich) beobachtet, Formen werden von den Mitarbeitern im Rahmen der Tagesarbeit geputzt. Rüstzeiten wurden verringert.
Auch die interne Kunden-Lieferanten-Beziehung zum PC Umschmelze am gleichen Standort ist heute durch das professionelle Miteinander gekennzeichnet. „Wir haben bei der Temperatur des gelieferten Rohmaterials für unseren Guss eine hohe Streuung im Prozess entdeckt,“ buchstabiert Michael Seiffert in perfektem „Six-Sigma-Deutsch“. Gemeinsam mit dem (internen) Lieferanten habe man auf Grund dieser Analyse das Problem gelöst. Man spreche jetzt eine gemeinsame Sprache, habe die selben Werkzeuge zur Prozessverbesserung zur Verfügung und sei dadurch, gerade was die Schnittstellen angeht, wesentlich besser geworden. Sanfte Schnittstellen mindern Kosten, sparen Zeit und erleichtern die Arbeit.
Wie aber sieht es mit den externen Schnittstellen aus? Was sagen Kunden? Auch hier blieben die Veränderungen nicht unbemerkt. Der professionelle Auftritt von Honsel und der unbedingte Wille, eigene Prozesse zu verbessern und damit die Wertschöpfungskette für alle Teilnehmer interessanter zu machen, hat nicht zuletzt zum größten Auftrag in der Geschichte des Unternehmens geführt. Ab 2002 liefert Honsel 1,4-Liter-Dieselmotorblöcke an Peugeot, bis zu 600000 Stück pro Jahr. Weitergehende Aufträge sind greifbar nah. Die Kapazitäten am Standort Meschede werden erweitert. Klar ist: Auch die neue Produktion wird nach Six Sigma ausgerichtet werden.
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