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Taktile und optische Verfahrenschließen sich nicht aus

QE-Innovationsforum zum Thema Oberflächenmesstechnik
Taktile und optische Verfahrenschließen sich nicht aus

Mit rund 70 Besuchern war das Innovationsforum von Quality Engineering ein voller Erfolg. Thema des Events, das bereits zum fünften Mal stattfand, war in diesem Jahr „Oberflächenmesstechnik 4.0 für die Metallverarbeitung“. Optische Messtechnik spielt dabei zunehmend die Hauptrolle.

„Oberflächenmessungen taktil oder optisch? Das sind zwei unterschiedliche Verfahren, die man eigentlich nicht miteinander vergleichen sollte. Und dennoch macht man es“, sagte Thorsten Höring, Global Product Manager Surface Technology 3D bei Mahr, zu Beginn seines Vortrags. Mit taktiler Messtechnik erfasse man Oberflächen linienhaft und damit genauer. Mit optischen Technologien sei eine flächenhafte, schnellere Erfassung möglich. Vergleichbare Kennwerte seien nur unter Berücksichtigung mehrerer Punkt zu erzielen: Dazu gehören der Tastspitzenradius versus die laterale Auflösung, die Filterparameter der Auswertung sowie die Lage des Profilschnitts. Selbstverständlich sollten die Messparameter identisch sein und bei optischen Verfahren deren jeweilige spezifischen Vor- und Nachteile berücksichtigt werden.

Für die taktile Messtechnik stehen mit der ISO 4287 und der ISO 13565 etablierte Normen für die Oberflächenrauheit zur Verfügung. Die ISO 25178 für die flächenhafte Rauheitsmessung hingegen sei noch relativ neu und unbekannt – auch bei Entwicklern und Konstrukteuren, sodass nach Einschätzung von Höring „alle Beteiligten noch viel miteinander sprechen müssen“. Zum Beispiel entspreche der Sz-Wert in der ISO 25178 eher dem Rt-Wert der ISO 4287 und nicht – wie man vermuten könnte – dem Rz-Wert.

Auch Felix Ströer, Mitarbeiter am Lehrstuhl für Messtechnik & Sensorik an der TU Kaiserslautern, verwies in seiner Keynote zur ISO 25178 darauf, dass Amplitudenkenngrößen wie Ra oder Rz in der Messtechnik bekannt und etabliert seien. „Für flächenhafte Rauheitsmessungen nach der ISO 25178 muss es daher entsprechende Use Cases geben“, so Ströer.

Um die Effizienz im Messraum zu steigern, lassen sich Rauheitsmessungen auch auf einem Koordinatenmessgerät statt auf einem Tastschnittgerät durchführen – beispielsweise mit dem Tastschnittsensor Rotos von Zeiss. Darüber berichtete Dr. Dietrich Imkamp, Leiter Visual Systems & Partner von Carl Zeiss Industrielle Messtechnik. „Das spart Zeit beim Messen sowie menschliche Ressourcen, da alles CNC-gesteuert läuft und kein manueller Einsatz notwendig ist“, so Imkamp. „Außerdem hat der Anwender den Vorteil, dass er ein gemeinsames Protokoll für dimensionelle und Oberflächenrauheits-Messwerte hat.“ Doch Imkamp gab zu: „Tastschnittgeräte sind auch mit dieser Lösung nicht vollkommen zu ersetzen, weil sie wesentlich genauer sind.“

Oberflächenrauheitswerte lassen sich
auch am Koordinatenmessgerät erheben

Eine Lösung für die Messung der Oberflächenrauheit am Koordinatenmessgerät stellte auch Dr. René Pleul vor, Technical Product Manager Surface Metrology bei Hexagon. „Der große Vorteil aus metrologischer Sicht ist die Oberflächenbeschaffenheit als 2D-Profil oder flächenhaft 3D im Werkstückkoordinatensystem. Dadurch ist es möglich, die Messung in Bezug auf die Makrogeometrie des Werkstücks zu lokalisieren und zu orientieren“, so Pleul.

Man benötige für ein solch gewissermaßen traditionelles, aber miniaturisiertes Mini-Rauheitsmessgerät auf einem Koordinatenmessgerät allerdings eine Vorschubeinheit mit Linearführung. Die erhobenen Rauheitskenngrößen lassen sich nach seiner Darstellung auch intelligent für die klassische Qualitätsregelung im Sinne eines geschlossenen Regelkreises nutzen, indem man sie in einer Datenbank abspeichert und intelligent mit Statistik-Software oder Künstlicher Intelligenz auswertet. „Erkennungsalgorithmen zeigen dann Änderungen in der Fertigung an, sodass man Prozesseinstellungen gegebenenfalls frühzeitig verändern kann“, so Pleul.

Die Mehrzahl der Vorträge des Innovationsforums fokussierte sich voll und ganz auf die optische Messtechnik. So stellte Dr. Daniel Carl, stellvertretender Institutsleiter und Abteilungsleiter Produktionskontrolle am Fraunhofer IPM, eine neue Lösung vor, mit der man selbst mit unscharfen Bildern in der Linie Oberflächen präzise in 3D messen kann – „und zwar mit Bits statt mit Linsen. Man braucht kein Objektiv dafür“, so Carl.

Die digitale Mehrwellenlängenholographie, die das Institut entwickelt hat, ist beim Präzisionsdrehteilhersteller Werner Gießler im Einsatz, um Dichtflächen bei Dieseleinspritzungen in der Fertigung zu prüfen. Diese Aufgabe wurde vorher mit Mikroskopie gelöst – ein sehr aufwändiger Prozess, der nun deutlich schneller geht: Gerade einmal 1 s benötigt das System, um ein Messfeld von 20 mm x 20 mm zu messen. „Taktil würde dies für ein kleineres Messfeld neun Stunden dauern“, so Carl.

Um Vertrauen in die Messwerte mit der optischen 3D-Oberflächenmessung zu schaffen, haben sich mehrere Hersteller zusammengetan, um das sogenannte faire Datenblatt zu schaffen. „Die Vielzahl an Methoden und Instrumenten können heute anhand von Datenblättern häufig nicht beurteilt werden“, sagte Dr. Özgür Tan, Produktmanager bei Polytec. „Datenblätter für optische Messinstrumente sind einfach nicht vergleichbar. Das betrifft zum Beispiel, was spezifiziert wird, wie spezifiziert wird und unter welchen Bedingungen die Spezifikation ermittelt wurden.“

Ein direkter Vergleich der Messgeräte werde dem Anwender durch die Verwendung unterschiedlicher Begriffe erschwert: So meine ein Hersteller zum Beispiel mit „Bildfeld“ das gleiche wie ein anderer mit „lateraler Messbereich“. Tan: „Mit dem fairen Datenblatt wollen wir Transparenz in den Markt bringen. Unser Ziel ist es, dies auch als ISO-Standard zu etablieren.“ ■


Die Autoren

Sabine Koll
Markus Strehlitz
Redaktion

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