Gerhard Thullner über die Kommunikation mit Ingenieuren, Kundennutzen und die Zukunft der Bildverarbeitung
Gestatten Sie zu Beginn eine etwas provokante Frage: Warum, glauben Sie, Herr Thullner, unseren Lesern etwas Neues mitteilen zu können?
Na ob es neu ist, was ich zu sagen habe, das müssen schon die Leser entscheiden. Aber ich glaube, dass Ihre Leser und meine Firma sich gut verstehen können. Außerdem: ich habe nichts gegen provokante Fragen, solange sie sachlich sind.
Warum glauben Sie an ein gutes Verstehen mit unseren Lesern?
Auch wir bei Matrix Vision sind Ingenieure. Wir verstehen uns als Problemlöser im Bereich der Bildverarbeitung. Produkte und Lösungen stehen bei uns im Vordergrund.
In einem Verzeichnis des VDMA Industrielle Bildverarbeitung fällt Matrix Vision aber durch ein breites Angebotsspektrum auf – auch hinsichtlich Hardware.
Ja, mit unseren digitalen und intelligenten Kameras, Frame Grabbern, kundenspezifischen Lösungen und Software-Tools haben wir eine umfangreiche Palette ausgereifter Standardprodukte und Zubehörteile. An etlichen Innovationen der Branche waren wir auch beteiligt. Dennoch gilt: Was zählt ist der Kundennutzen.
Für etliche Probleme aus den Bereichen Sicherheit oder Qualitätssicherung gibt es auch Lösungen ohne die Bildverarbeitung.
Aber sicher. Das ist bei allen Querschnittstechnologien so. Beispiel Sicherheit bei Nutzfahrzeugen, insbesondere bei Baumaschinen. Viele Hersteller nutzen akustische Rückfahrwarner, wie wir sie auch vom PKW her kennen…
…die keine gute Lösung darstellen?
Doch. Aber nicht für jeden Fall. Denken Sie an große Baumaschinen und an den Baustellenlärm. Da können Rückfahrkameras deutlich mehr Sicherheit bieten. Allerdings nur, wenn sie mehr als nur Bilder nach vorne in das Führerhaus schicken: Unsere Kameras wurden zum Beispiel in ein Warnsystem integriert, das Personen erkennt. Es reagiert innerhalb von Millisekunden und warnt den Fahrer akustisch und per Bildsignal. Das System funktioniert bei Tag und Nacht – bei jeder Wetterlage. Es erkennt eine stehende Person ebenso wie eine kniende. Eine faszinierende Sache, bei der unsere Kameras ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellten.
Die Software zur Erkennung von Personen stammt also nicht von Matrix Vision?
Nein, da wollen wir uns keinesfalls mit fremden Federn schmücken. Sie stammt von einem französischen Hersteller und einer staatlichen französischen Forschungseinrichtung. Das Beispiel soll zeigen, dass unsere Kameras in der Lage sind, die hohen Anforderungen zu erfüllen oder wir unsere Hardwareprodukte für bestimmte Anforderungen fit machen können.
Sie haben sicher auch ein Beispiel parat, bei dem Matrix Vision stärker in der Gesamtverantwortung steht?
Ja, natürlich. Zum Beispiel Lösungen von Matrix Vision in Pfandautomaten, in der Medizin, der Mikroskopie und der Verkehrstechnik. Auch aus dem ganzen Bereich der Qualitätssicherung ist die Bildverarbeitung nicht mehr weg zu denken. Insbesondere dann, wenn es um eine 100-Prozent-Kontrolle, die lückenlose Dokumentation und Rückverfolgbarkeit geht. Das sind Trend und Anforderung in immer mehr Branchen.
Ist Bildverarbeitung die einzige Lösung?
Oftmals, ja. Denn Bildverarbeitungssysteme sind Multitalente. Für einen Kunden haben wir ein Prüfsystem für LEDs auf Leiterplatten entwickelt. Dort wird nicht nur die Funktion kontrolliert, sondern auch die Farbe sowie deren Intensität. Per Bilderfassung lassen sich prinzipiell Abweichungen berechnen und die Ergebnisse zurückliefern. So kann schon während des Fertigungsprozesses eingegriffen und Parameter können korrigiert werden.
Sie prophezeien also der Bildverarbeitung eine glänzende Zukunft?
Ja sicher. Sie wird gebraucht, um zum Beispiel Anforderungen moderner Fertigungsprozesse erfüllen zu können. Intelligente Kameras können mehrere Aufgaben gleichzeitig erfüllen und so Automatisierungsprozesse vorantreiben.
Vielen Dank, Herr Thullner, für die interessanten Einblicke und Ausblicke!
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