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Wer haftet für Prototypen?

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Wer haftet für Prototypen?

Wer haftet für Prototypen?
Alles was Recht ist Regelmäßige Beiträge zu rechtlichen Themen liefert Reusch Rechtsanwälte, Der Autor: Philipp Reusch www.reuschlaw.de
Produkttests sind für Hersteller unverzichtbar. Doch dabei ergeben sich eine Reihe rechtlich relevanter Fragen, die beantwortet werden müssen. Zum Beispiel: Darf ein Produkt ohne CE–Kennzeichnung zu Testzwecken auf dem Markt bereitgestellt werden?

In vielen Industrien sind Prototypen, Vorserien- und Testprodukte üblich und notwendig. Die Hersteller benötigen die Möglichkeit, das Produkt unter Echtbedingungen zu testen. Vielfach ist die Entwicklung aber noch nicht endgültig abgeschlossen, das Produkt erfüllt eventuell die produktsicherheitsrechtlichen Anforderungen noch nicht vollständig und ist deswegen auch nicht mit dem entsprechenden Konformitätsnachweis und einem CE-Kennzeichen versehen.

Nichtsdestotrotz ist es für den Hersteller notwendig, das Produkt zu testen. Das Spektrum der Tests reicht von einem Labortest im eigenen Unternehmen bis hin zu einem echten Feldtest durch Dritte unter Echtbedingungen. Im ersteren Fall gibt der Hersteller das Produkt an eigene Mitarbeiter, die unter Laborbedingungen Tests und Erprobungen vornehmen, im letzteren werden Produkte durch durchschnittliche Benutzer unter Echtbedingungen getestet.
Hierbei entstehen grundsätzlich viele Fragen, die aus rechtlicher Sicht relevant sind:
  • Wer haftet für Schäden der Benutzer oder Dritter durch das Produkt? Ist das Produkt überhaupt in Verkehr gegeben?
  • Darf ein Produkt ohne CE–Kennzeichnung zu Testzwecken auf dem Markt bereitgestellt werden?
  • Sind Schäden durch das Produkt versichert beziehungsweise versicherbar?
Produkthaftungsgesetz gilt für alle
Die Situation tangiert also produkthaftungsrechtliche Fragen aus dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) und § 823 BGB, produktsicherheitsrechtliche Fragen des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) und seiner Verordnungen wie etwa der 9. ProdSgV für Maschinen sowie versicherungsrechtliche Fragestellungen der Produkthaftpflichtversicherung. Zunächst sollen hier die produkthaftungsrechtlichen Fragestellungen geklärt werden.
Produkthaftungsrechtlich ist in einem ersten Schritt festzuhalten: Das ProdHaftG gilt für alle Produkte, soweit sie die Voraussetzungen des § 2 ProdHaftG erfüllen:
„Produkt im Sinne dieses Gesetzes ist jede bewegliche Sache, auch wenn sie einen Teil einer anderen beweglichen Sache oder einer unbeweglichen Sache bildet, sowie Elektrizität.“
Hieran ändert auch die Eigenschaft als Prototyp – also der Verwendungszweck – nichts. Das ProdHaftG ist also auf Prototypen anwendbar. Verschiedentlich stolpert man über die Meinung, ein Prototyp werde aber nicht in Verkehr gegeben und falle daher wieder aus dem Anwendungsbereich des ProdHaftG heraus, weil § 1 Absatz 2 ProdHaftG einen entsprechenden Ausschluss formuliert.
Diese Haftungsausnahme betrifft von ihrem Sinn und Zweck her aber eigentlich den Fall, dass eine andere Person als der Hersteller das Produkt aus dem Herstellungsprozess herausnimmt. Der Hersteller wiederum nimmt den Prototypen willentlich aus dem Entwicklungsprozess und gibt ihn – je nach Intensität der Tests – vollständig aus seinem Einflussbereich. Damit ist die Inverkehrgabe gerade gewollt und erreicht. In der Konsequenz haftet der Hersteller nach dem ProdHaftG für alle Schäden, die durch einen Fehler des immer noch unfertigen Produkts entstehen können.
Schaffung einer Risikolage
Dieselbe Rechtsfolge – über eine andere Begründung – tritt über die Haftung nach § 823 I BGB ein. Danach haftet derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, für die daraus entstehenden Schäden. Eine Inverkehrgabe in der oben diskutierten Form ist daher keine Voraussetzung, es genügt die Schaffung einer Risikolage durch den Kontakt des Prototypen mit Personen und Sachen.
Da sowohl das ProdHaftG als auch § 823 I BGB nicht vertraglich abdingbar sind, hilft dem Hersteller im Außenverhältnis gegenüber geschädigten Dritten keine vertragliche Regelung mit seinem direkten Abnehmer, etwa dem das Produkt testenden Kunden. Alleine eine vertragliche Regelung im Innenverhältnis ist vorstellbar, welche die Haftungsverteilung zwischen Hersteller und Abnehmer für Schäden aus dem Test des Prototyps festlegt. ■
Der zweite Teil dieses Beitrags wird sich in der kommenden Ausgabe der Quality Engineering mit dem Produktsicherheitsrecht beschäftigen.
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