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Messtechnik in der Produktion – Anforderungen und Potenziale

Anforderungen in der Produktion
Messmittel für die Industrie 4.0

Viele Unternehmen ziehen Teile der Messtechnik in die Fertigung um und setzen dabei auf schnelle Verfahren zur Absicherung von Produkt- und Prozessqualität in einem. Das stellt besondere Anforderungen an die eingesetzten Systeme. Diese müssen unter anderem robuster sein und den Anwender unterstützen. Aber auch der Messraum wird weiterhin gebraucht.

Neuinvestitionen in bestehende Messräume sind weniger geworden. Viele Unternehmen haben Budgetanteile der Messräume in die Produktion verlagert. Doch das Pendel wird hier in den kommenden Jahren sicher wieder in die andere Richtung ausschlagen. Eine unabhängige Überprüfung der Maßhaltigkeit der Produkte und deren Komponenten durch ausgewiesene Experten mit extrem genauen Maschinen in gesonderten Räumen ist ein Garant für eine nachhaltige hohe Fertigungsqualität. Dies kann durch das Messen in der Produktion nur ergänzt, jedoch nicht ersetzt werden.

Aber die Verteilung wird sich sicher ändern. Die Messräume der Zukunft werden schlanker. Das bedeutet: weniger Kapitalbindung durch eigene Maschinen, sondern mehr Kooperationen mit Dienstleistern für besondere Aufgaben.

Zudem werden die Messräume flexibler – durch die Nutzung unterschiedlicher Messsysteme: taktile- oder optische Sensoren; Handscanner, Messarme oder Koordinatenmesstechnik. Und der Messraum der Zukunft wird noch kompetenter. Dort müssen Mitarbeiter sitzen, die über ein enormes Wissen, über die richtige Auswahl, Programmierung aber vor allem über die korrekte Auswertung und Analyse der Messergebnisse verfügen. Diese Mitarbeiter zu finden und sie vor allem als Partner der Konstruktion und Produktion im Unternehmen zu etablieren, ist eine ganz essentielle Aufgabe für produzierende Unternehmen.

Technik wird komplexer

Übersetzt man den Kern der Schlagworte wie Just in Sequence, Industrie 4.0 oder Internet of Things auf die realen Auswirkungen, dann zeigt sich, dass die Anforderungen an die Produktionsverantwortlichen enorm gestiegen sind. Die Produktlebenszyklen sind kürzer, die Serien werden kleiner und die Abhängigkeiten in der Fertigungskette sind so eng geworden, dass ein erhöhter Ausschuss an einer Stelle kurzfristig das gesamte System zum Erliegen bringen kann.

Jeder Produktionsverantwortliche wird also danach streben, dass „seine“ Komponenten nicht aus der Toleranz fallen. Um das sicherzustellen, haben früher einfache Messmittel wie eine Schieblehre gereicht. Da die Toleranzen inzwischen deutlich kleiner geworden sind, werden nun Handscanner, Messarme, aber auch komplexere Komparatoren und speziell für die Fertigung ausgerichtete Koordinatenmessgeräte (KMG) beschafft.

Diese Messmittel müssen tauglich für die Fertigung sein. Das heißt, sie müssen robuster sein als die Maschinen im Messraum. Erweiterte Temperaturbereiche, robustere Führungssysteme und vor allem eine bessere Beladbarkeit und eine schnelle Nutzung in der Automation sind nur einige der Anforderungen, die hier zu erfüllen sind.

Usability hilft bei der Entscheidung

Entscheidend für den Erfolg ist aber hier der Anwender. Häufig sind es Mitarbeiter der Fertigung, die nun auch noch quasi nebenbei die komplexeren Messmittel bedienen müssen. Fehlertolerante Lösungen und einfache Nutzungsoberflächen müssen dem Anwender helfen, schnell die richtige Entscheidung zu treffen: Teil i.O. / n.i.O.

Gerade in der Anwenderunterstützung hinsichtlich schneller und richtiger Einspannung, Ausrichtung und Teileerkennung, der Durchführung des richtigen Messprogramms und der Interpretation der Ergebnisse wird sich hier in den kommenden Jahren noch viel verändern. Natürlich sind viele Unternehmen bestrebt, den Anwender durch die Automation zu entlasten. Dafür muss sich das zu messende Teilespektrum aber derzeit noch in einer klar abgrenzbaren Varianz bewegen.

Integrative Nutzung der Messdaten

Sinnvollerweise sollte die Messtechnik vor, während und nach der Teilefertigung eingesetzt werden. Vor dem Start der Produktion hilft die Messtechnik dabei, die Prototypen und Werkzeuge zu überprüfen, mit denen die Fertigung starten will. Auch die Erstbemusterung erfolgt sehr häufig durch die Qualitätssicherung im Messraum, um vorhandene Schwächen noch vor dem SOP zu beheben. In dieser Phase ist sehr viel Wissen über die konkrete Funktion, den erwarteten Umfang der Nutzung und den daraus erwarteten Verschleiß des Bauteils sowie die richtige Wahl der Messmittel und -strategie erforderlich. Eine optimale Abstimmung sollte hier zwischen Messtechnik und Konstruktion erfolgen.

Das Messen in der Produktion dient zumeist nicht zur absoluten Vermessung der Bauteile, sondern wird überwiegend zur Überwachung der Fertigungsprozesse eingesetzt. Hier reicht oftmals die Erkenntnis, dass die Teile nicht schlechter werden und sich noch in der geforderten Toleranz bewegen. Die Qualität der Wiederholbarkeit der Messung auch bei sich ändernden Umgebungsbedingungen sind hier ausschlaggebend. Sollten sich die Ergebnisse verändern, müssen die Mess- direkt mit den Bearbeitungsmaschinen kommunizieren (so genannter Closed Loop), um hier unmittelbar in die weitere Produktion dieser Teile einzugreifen. Hier entwickelt in Deutschland unter anderem der VDMA mit verschiedenen Herstellern auf Basis des internationalen Standards OPC-UA ein übergreifendes Austauschformat.

Auch wenn die in der Fertigung zur Verfügung stehenden Messmittel vielfältiger und genauer geworden sind, ist der Verzicht auf eine unabhängige Überprüfung von einzelnen Teilen nicht möglich beziehungsweise sinnvoll. In der exakten und ausführlichen Messung und Analyse danach können wertvolle Hinweise auf Verbesserungen bei Konstruktion, Werkzeugbau und Fertigung gewonnen werden, die in der Folge in das Bauteil einfließen können. Entscheidend ist, dass alle Informationen, die in den verschiedenen Messprozessen gewonnen werden, in eine digitale Bauteilakte einfließen und damit über den gesamten Lebenszyklus dieses Teils zur Verfügung stehen.

KI erlaubt neue Einblicke

In den kommenden Jahren wird die Nutzung komplexer Messmittel in der Fertigung stark zunehmen. Ob das für die Unternehmen den gewünschten Erfolg haben wird, hängt stark davon ab, dass man auch konsequent die Möglichkeiten dieser Lösungen nutzt. Gerade beim Messen mit einen KMG fallen viele, wertvolle Informationen an, die sowohl für die Entwicklung, Produktion als auch Wartung der Produkte eingesetzt werden können. Diese Datenschätze zu erheben und intelligent zu verwenden, wird eine zentrale Aufgabe in der Partnerschaft zwischen KMG-Anbieter und Kunde sein.

Moderne Ansätze wie die künstliche Intelligenz ermöglichen hier tiefere und neue Einblicke in diese Daten. Aber der gewiefte Messtechniker kann sich hier einen neuen Platz im Unternehmen sichern: nicht als Kontrolleur, der danach die Schwächen von Produkt- und Prozess aufzeigt, sondern als Partner und Ratgeber der Entwicklung und Produktion bei der kontinuierlichen Verbesserung.


Prof. Dr. Heiko Wenzel-Schinzer

Chief Digital Officer

Wenzel Group

www.wenzel-group.com

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